
Weyhe-Leeste. Vor ein paar Jahren noch trug Chipo Roseline Dulani täglich eine Uniform zur Arbeit. Als Beamtin in der IT-Abteilung einer Behörde ihres Heimatlandes Simbabwe. Nun trägt sie typisch weiße Pflegerkleidung – und Turnschuhe an den Füßen. „Das ist viel bequemer“, sagt sie und lacht, als sie an sich herunter sieht. Sie lacht viel, stets mit dem ganzen Körper. Dulani ist 47 Jahre alt und Auszubildende im ersten Lehrjahr. Zwei weitere Jahre hat sie noch vor sich. Sie ist auf dem Weg zu Altenpflegerin, das Haus Lerchenhof in Leeste ist ihr Arbeitsplatz.
Im November 2016 kam sie nach Deutschland. Danach gefragt, gibt die Frau mit der positiven Ausstrahlung, die gerne erzählt, knappe Antworten. Geflohen sei sie, ganz allein, ohne ihren 22-jährigen Sohn. Auf die Frage hin, ob sie aus politischen Gründen fortging, nickt sie kurz und schweigt dann. „Das ist ganz weit weg. Das liegt hinter mir“, sagt die Brinkumerin kurz darauf, lächelt und zeigt wieder ihre gewohnte Stärke. Das Haus Lerchenhof, in dem sie angestellt ist, gehört zu den 25 kooperierenden Einrichtungen der Arbeitsplatzinitiative Pflege/Hauswirtschaft für Flüchtlinge. Diese geht wiederum zurück auf die Zukunftswerkstatt Gesundheit und Pflege im Landkreis Diepholz. Seit 2016 hat sich die Arbeitsgemeinschaft zur Aufgabe gemacht, insbesondere Zugezogenen den Zugang zu Pflegeberufen zu erleichtern.
In ihrer Heimat schloss Chipo Roseline Dulani ein Studium in Business-Management und Informationstechnologie ab. In Deutschland hätte sie auf ihre Berufsausbildung aufbauen können, wollte das aber nicht. „Ich habe viel zu viel in der IT gearbeitet. Ich möchte auch noch etwas anderes machen“, sagt sie. Ihr Abitur in Simbabwe legte sie in Mathe, Biologie und Physik ab – thematische Berührungspunkte mit ihrer jetzigen Ausbildung waren schon da vorhanden. Sie wollte mit Menschen arbeiten, vor allem mit älteren. Sie habe schon ihre Großmutter gepflegt, die 85 Jahre alt wurde, und auch ihre Mutter betreut. Pflegeheime kennt sie zwar vereinzelt aus Simbabwes Hauptstadt Harare, sie seien dort aber nicht der Regelfall. Chipo Roseline Dulani arbeitete bereits ein halbes Jahr als Hilfskraft in einer Einrichtung in Bremen, bevor sie zum Haus Lerchenhof kam. „Ich wollte mehr lernen, es hatte aber keiner Zeit, es mir beizubringen. Deshalb wollte ich eine Ausbildung machen“, berichtet sie. Der schulische Teil der Ausbildung an der IWK Delmenhorst habe es ganz schön in sich. „Die Sprache“, sagt Dulani, doch: „sie wird besser und besser.“
Amtssprache in Simbabwe ist Englisch. Daher könne sie sich einige Wörter aus dem Deutschen so ableiten. „Doch die Grammatik ist etwas völlig anderes.“ In der Pflegeeinrichtung sprechen sie auch einige Bewohner auf Plattdeutsch an. „Manchmal verstehe ich es“, sagt Dulani. Gerade, wenn einige Wörter aus der norddeutschen Sprache ähnlich wie englische klingen. Wenn sie das erste Mal das Zimmer eines Bewohners betritt, sei Neugier meistens die erste Reaktion. „Viele wollen etwas von Afrika hören“, sagt Dulani.
Ein wesentlicher Unterschied zu ihrem vorherigen Beruf seien die Arbeitszeiten. Hatte sie vorher Standard-Bürozeiten, freie Wochenenden und Feiertage, steht nun Schichtdienst an, die früheste beginnt um 6.30 Uhr. Mit dem Bus kommt Dulani an. Weil die Linie am Wochenende nicht fährt, nimmt eine Kollegin sie dann mit. Einrichtungsleiter Alfred Schaub ist mit seiner Auszubildenden äußerst zufrieden: „Ihr fällt das Lernen von Sprachen leicht“, sagt er. Die schulischen Voraussetzungen für die Ausbildung habe sie ohnehin mitgebracht, nach einem Vorstellungsgespräch in der Pflegeschule konnte sie anfangen.
„Wir kämpfen um jeden Flüchtling, der in die Pflege geht“, sagt Rita Wegg, die Vorsitzende der Zukunftswerkstatt. 2018 konnte der Verein erreichen, dass von 17 vermittelten Praktika und Hospitationen sieben Geflüchtete einen Arbeitsvertrag erhielten, drei Ausbildungsverträge abschlossen und zwei Menschen in eine Lernwerkstatt vermittelt wurden. „Es ist einfach nicht genügend Personal in den Heimen verfügbar“, sagt Wegg.
Irgendwann in den alten Beruf zurückzukehren möchte Chipo Roseline Dulani nicht ausschließen – eines weiß sie sicher: „Aber nicht jetzt.“
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