500 Euro Geldstrafe statt zehn Monate Haft

Twistringen/Verden. Von den Drogenvorwürfen ist im zweiten Durchgang nicht viel übrig geblieben. Und so wie deren Anzahl sank, reduzierte sich auch die Strafe ganz erheblich. Hatte das Amtsgericht Syke einen 56-jährigen Mann aus Twistringen noch zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, so sprach das Landgericht Verden jetzt nach zweitägiger Berufungsverhandlung lediglich eine Geldstrafe von 500 Euro wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln aus.

Diese Summe muss der Mann nicht einmal komplett leisten. 20 der 50 Tagessätze à zehn Euro gelten wegen der (über-)langen Verfahrensdauer als bereits gezahlt. Der Prozess vor dem Amtsgericht in Syke fand im Juni 2014 statt. Die Anklage basierte damals auf Funden, die Fahnder bei einer Durchsuchung des Grundstücks und der Gebäude der Familie in Twistringen bereits im Oktober 2012 gemacht hatten. Ein Großteil dieser damaligen Entdeckungen ist nach der aktuellen gerichtlichen Entscheidung in Verden  allerdings nicht eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen.

Die 12. kleine Strafkammer des Landgerichts entsprach mit dem Urteil weitgehend dem Antrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft, der nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt war, die „großen“ Vorwürfe seien nicht aufrechtzuerhalten. Damit war vor allem der angebliche Anbau von Cannabis und die mögliche Weiterverarbeitung gemeint. Die Polizei hatte seinerzeit in Abwesenheit des Angeklagten das Anwesen gründlich durchkämmt und war an einem Teich auf vier etwa ein Meter hohe Hanfpflanzen gestoßen, die unter einem Sonnenschirm vor sich hin gediehen.

Dass der 56-Jährige der Drogen-Gärtner war, ließ sich jedoch nicht belegen. Das Grundstück war nicht umzäunt, und die Wohnanschrift galt für mindestens drei Personen, darunter den inzwischen verstorbenen Vater des Angeklagten sowie den Sohn. Frei zugänglich war auch die Werkstatt, in der die Beamten auf verdächtige Pflanzen gestoßen waren, die dort zum Trocknen aufgehängt waren. Blieben noch die insgesamt vier Dosen mit gemahlenem Marihuana und einem Amphetamingemisch.

Was die Besitzverhältnisse dieser Behälter mit Betäubungsmitteln betraf,  waren sich Staatsanwaltschaft und Kammer auch einig: Nur der Angeklagte komme in Frage. Die Dosen waren in einem Raum gefunden worden, der zweifelsfrei das Schlafzimmer des Mannes sein müsse, hieß es. Zu dieser glasklaren Erkenntnis war man vornehmlich anhand von Fotos gelangt, die wiederum Fotos zeigten: Erotische Aufnahmen der Frau, die einige Jahre das Schlafzimmer mit dem Angeklagten teilte. Etwa ein halbes Jahr vor den Drogenentdeckungen hatte das Paar sich getrennt, und die Frau war ausgezogen.

Die heute 46-Jährige bestätigte gestern im Zeugenstand, dass sie auf den Bildern zu sehen sei. Bei ihrem Ex-Partner habe sie während der Beziehung nie etwas von Betäubungsmittelbesitz oder gar -konsum bemerkt, „aber ich war ja auch nicht durchgehend zu Hause“. Der Bruder und der Sohn des Angeklagten machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Der Verteidiger des 56-Jährigen wollte partout auf einen Freispruch hinaus. Er monierte in seinem Plädoyer noch einmal die „nicht sachgerechte“ Arbeit der Ermittler. Der Angeklagte schwieg bis zum obligatorischen „letzten Wort“: Er habe nie etwas mit Drogen zu tun gehabt.