Besucher besinnen sich in einer halben Stunde in der Michaelskirche Heiligenfelde auf den Ursprung des Weihnachtsfestes

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Atempause in der stressigen Zeit

Bärbel Rädisch 19.12.2016 0 Kommentare

Syke Heiligenfelde. „Atemlos“ – dieser Helene-Fischer-Song beschreibt im übertragenen Sinn treffend die vorweihnachtliche Befindlichkeit vieler Menschen. Raum ist bei den meisten nur für Überlegungen, was schenke ich, wo finde ich das Passende, wie gestalte ich das Weihnachtsfest.

Zeit zur Besinnung – die haben sich die Teilnehmer am Freitag bewusst genommen. (UDO MEISSNER)

Dem entgegen setzt Pastor Arnim Hermsmeyer, der sich seit sechs Jahren mit seiner Frau Katja die Pfarrstelle in der Michaelskirche Heiligenfelde teilt, das Angebot an den Freitagabenden im Advent, eine Atempause von der Hektik einzulegen.

„Sie kommen vielleicht ohne Kirche aus, die Kirche aber ganz schlecht ohne Sie, weil es Kirche nicht ohne Menschen gibt“, so das Motto des Kirchenvorstands. Pastor Hermsmeyer erlebt, dass zu diesen halbstündigen Treffen auch jemand kommt, der nicht den sonntäglichen Gottesdienst besucht. Er öffnet die Tür der Kirche, deren Ursprünge bis ins zwölfte Jahrhundert reichen, stellt im Altarraum im Halbkreis Stühle auf und hält eine kurze Andacht. Es wird gesungen und zwischen den Phasen des Zuhörens innegehalten – für eine gute Minute bloß –, aber wie erstaunlich lang können Sekunden sein, in denen man sich bewusst selbst überlassen ist.

Dominik Wolters aus der Jugendgruppe der Gemeinde spielte am Freitagabend zu Beginn der Andacht das „Präludium C-Dur Nr.1“ von Johann Sebastian Bach auf dem Keyboard und begleitete auch „Macht hoch die Tür“, „O Heiland reiß den Himmel auf“ und „Der Tag ist am Ziel“. Zwischen drei kleinen schlichten Metallfiguren, den Heiligen Drei Königen, auf dem Steinboden inmitten der etwa zehn Teilnehmer an diesem Abend, entzündete Hermsmeyer Kerzen als Symbol, die göttliche Botschaft in die Welt zu tragen. Auch selbst in sich ein Licht leuchten zu lassen über Weihnachten hinaus, empfahl er.

Die Besucher erfuhren etwas über eine kirchliche Tradition aus dem 19. Jahrhundert, als Pastoren noch entlassen wurden, um ihr Gehalt für die Sanierung der Kirche einzusparen. Die Menschen an diesem Freitag durften gemeinsam mit ihrem Pastor Luft holen im Advent.

Mit „Una Mattina“ von Ludovico Einaudi aus dem Film „Ziemlich beste Freunde“ schlug Dominik Wolters zum Abschluss einen musikalischen Bogen ins 21. Jahrhundert. Das Erinnern an die Geburt des Kindes in einem ärmlichen Stall, das Christen in aller Welt viel bedeutet, kann Rückbesinnung bewirken, das Verhalten zu Weihnachten in unserer hochtechnisierten Zeit in einer solchen halben Stunde einmal zu überdenken.