Das Schreiben hat es in sich. Im Betreff und im ersten Absatz geht es noch um Datenschutz. Dann aber macht das niedersächsische Umweltministerium den rund 140 Wolfsberatern im Land deutliche Ansagen. „Sie vertreten nach außen die fachlichen Positionen des Landes und setzen sich nicht in öffentlichen Widerspruch zu diesen“, heißt es in dem Brief, der dem WESER-KURIER vorliegt. „Wolfsberater nehmen keine Beurteilung von Wolfsverhaltensweisen bezüglich Gefährlichkeit und Handlungsrelevanz vor.“ Das bleibe allein den zuständigen Behörden vorbehalten. „Dies gilt insbesondere gegenüber Außenstehenden und Medien.“
Vor allem bei den von den Raubtieren verursachten Schäden sollen die ehrenamtlichen Helfer tunlichst schweigen. Eine „Vorwegnahme der Verursacherschaft sowie deren Wahrscheinlichkeit“ sei zu unterlassen. „Im Fall eines Nutztierrisses beschränken Sie Ihre Aussagen gegenüber Dritten und Medien auf die aufgenommenen Fakten und vermeiden persönliche Meinungen und Interpretationen.“ Beigefügt sind dem Brief aus dem Haus von Ressortchef Olaf Lies (SPD) zwei Vordrucke, mit denen die Empfänger ihr Einverständnis nicht nur zum Datenschutz, sondern auch zu den Grundsätzen ihrer Tätigkeit erklären müssen. „Ein adressierter und frankierter Rückumschlag ist beigefügt.“ Eine wortgleiche Verpflichtung müssen neue Wolfsberater bei ihrer Ernennung unterzeichnen.
Bei den Betroffenen sorgt das Schreiben für Irritationen, bei manchen auch für Wut. „Das ist ein Maulkorb, mit dem unangenehme Meinungen unterdrückt werden sollen“, schimpft ein langjähriger Berater aus dem Nordosten. Die Kritiker stoßen sich auch an der neuen Regelung, wonach das Wolf-Ehrenamt auf zwei Jahre begrenzt wird und danach immer wieder verlängert werden muss. „Damit wollen die uns doch nur drohen und disziplinieren.“ Unbotmäßige Helfer wolle man so bequem und schnell wieder loswerden.
Wolfsberater müssen Kritik einstecken
„Die Wolfsberater müssen vielerorts die Ergebnisse der verkorksten Wolfspolitik der Landesregierung ausbaden. Dafür hätten sie Lob und Unterstützung verdient und kein Misstrauensvotum“, springt der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Horst Kortlang aus Elsfleth, den Ehrenamtlichen bei. „Den Maulkorb sollte die Landesregierung nicht den Wolfsberatern, sondern lieber den verhaltensauffälligen Wölfen verpassen.“
Das Ministerium weist die Vorwürfe zurück. „Mit Misstrauen oder gar Maulkorb hat das nichts zu tun. Ganz im Gegenteil: Wir wollen Hilfestellungen anbieten“, sagt eine Sprecherin. „Wolfsberater haben eine ganz wichtige Funktion.“ Sie seien meist die ersten, die bei einem Zwischenfall gerufen werden, Kontakt zu den Betroffenen aufnehmen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Dazu ist aus unserer Sicht eine einheitliche und sachorientierte Kommunikation ein wichtiger Baustein.“
Mit der zweijährigen Befristung stelle man lediglich altgediente Helfer den neuen Beratern gleich, die seit diesem Jahr die Leitlinien vor ihrer Berufung automatisch akzeptieren müssten, erklärt die Sprecherin. Die Begrenzung bis Ende August 2020 eröffne den Beratern die Möglichkeit, „die Arbeit zu reflektieren, zu beenden oder wieder neu zu beginnen“, steht dazu im Schreiben an die Helfer.
Wolfsberater Volker Meier, der in den bisher von Wölfen verschonten Kreisen Wolfenbüttel und Helmstedt unterwegs ist, zeigt für die neue Strenge des Ministeriums Verständnis. „Wir sind nur die ersten Ansprechpartner, daher müssen wir uns neutral verhalten“, sagt der Geschäftsführer des Landvolks Braunschweig. Sein Kollege Lars Pump aus Syke sieht für sich selbst keine Probleme, kann aber den Unmut einiger Ehrenamtlicher durchaus verstehen. „Wenn jemand nicht der gleichen Meinung wie das Ministerium ist, kommt dieser schnell in Grenzbereiche.“ Er selbst werde sich bei besonderen Ereignissen natürlich immer eng mit Hannover abstimmen, erklärt Pump, der im Hauptberuf Förster ist. Aber allgemeine Fragen besorgter Bürger, die etwa wissen wollen, ob man trotz der Wölfe noch im Wald spazieren kann, werde er auch künftig weiter gern beantworten. „Das ist schließlich meine Aufgabe als Wolfsberater.“