
Lilienthal. Im Jahr 2008 trat die Elterninitiativen zur Gründung einer freien Schule in Worpswede das erste Mal an die Öffentlichkeit. Knapp zwei Jahre später stehen die Initiatoren kurz vor ihrem Ziel: Im August soll ihr Schulprojekt starten, allerdings kurz hinter der Gemeindegrenze Worpswedes in Moorende.
In den vergangenen Monaten hat der mehr als 20-köpfige Schulverein viel bewegt. Sie fanden ein passendes Gebäude, zwei Gründungslehrer und eine Bank, die ihre Vision finanzieren will. Die Genehmigung durch die Landesschulbehörde in Lüneburg, deren Anforderungen alle fristgerecht erfüllt werden konnten, steht noch aus, wird aber von den Antragsstellern in Kürze erwartet.
Anders als beispielsweise im benachbarten Bremen stießen die Schulgründer mit ihrer Vorstellung einer reformpädagogisch ausgerichteten freien Schule bei Politik und Verwaltung auf keinerlei Widerstände, wie Andreas Rico Schweter berichtet. Die 'Freie Schule Moorende - Grundschule mit besonderer pädagogischer Bedeutung in Lilienthal' - so der korrekte Name - soll eine Alternative bieten für Eltern, deren Kinder nicht im staatlichen Regelschulbetrieb unterrichtet werden sollen. Sie arbeitet nach den Ideen des Reformpädagogen Célestin Freinet in Verbindung mit Methoden des Systemischen Denkens. Vorbild ist die Bassumer Prinz Höfte-Schule, die seit 13 Jahren existiert.
Zunächst wird in Moorende eine Grundschule entstehen mit einer gemeinsamen Lerngruppe, die Schüler der ersten bis dritten Jahrgangsstufe aufnimmt. Zwölf Anmeldungen liegen bereits vor, insgesamt 20 Schüler sollen es bis zum Schuljahresbeginn werden. Für Erstklässler gibt es eine Warteliste, Jungen und Mädchen, die ab Sommer in die zweite oder dritte Klasse kämen, können noch angemeldet werden.
Neben dem altersübergreifenden Arbeiten stehen projektorientiertes Lernen, sowie die Selbstverantwortung und -organisation der Schüler im Mittelpunkt. Jeder bestimmt sein Lerntempo, regelmäßiges Reflektieren in der Gruppe gehört zum festen Ablauf des Schultags. Dieser beginnt zwischen 8 und 8.30 Uhr - wann die Schüler innerhalb dieser Zeit erscheinen, steht ihnen frei - und endet um 15 Uhr. Mittags wird gemeinsam gegessen. Hausaufgaben und Zensuren wird es nicht geben.
'Wir wollen weder eine Schule für eine Elite, noch eine Sonderschule sein,' betont Rico Schweter. Aufgenommen würden alle Kinder, egal ob normal-, hochbegabt oder mit speziellem Förderbedarf. Mittelfristig sollen auch Integrationsplätze entstehen und die Schule bis zum zehnten Schuljahr erweitert werden. Insgesamt könnten eines Tages über 150 Schüler in die Freie Schule Moorende gehen - weitere bauliche Veränderungen vorausgesetzt.
Mit Abschluss des Mietvertrags für das bisherige Kunsttherapiehaus - diese Einrichtung wechselt am selben Standort in ein Nebengebäude - hat der Schulverein einen wichtigen Meilenstein zur Gründung getan. Mit einem detaillierten Wirtschaftsplan konnte eine Bank gefunden werden, die das Projekt unterstützt. In den ersten drei Jahren erhalten freie Schulen keinerlei staatliche Unterstützung. Bis dahin wird sich eine Schuldenlast von rund 300000 Euro aufgetürmt haben, die dann in den folgenden vier Jahren komplett abgebaut werden kann.
Das Schulgeld soll - gestaffelt nach Einkommen der Eltern und Anzahl der Geschwister - zunächst zwischen 148 und 295 Euro monatlich betragen. Später, so der Traum der Initiatoren, könnte vielleicht komplett auf eine finanzielle Beteiligung der Eltern verzichtet werden.
Gründungsschulleiter in Moorende wird Thomas Haase. Der erfahrene Reformpädagoge aus Delmenhorst, der viele Jahre Kinder aus Zirkusfamilien in Nordrhein-Westfalen unterrichtete, arbeitet zurzeit an der Bassumer Schule und zieht bereits am 1. Mai nach Lilienthal. Ein Arbeitsvertrag mit einer zweiten Lehrerin ist ebenfalls unter Dach und Fach.
Bis zur Einschulung am 7. August gibt es für den Schulverein noch viel zu tun: 'Eine sportliche Aufgabe', meint Mitgründer Jörg Pieper, es stehen noch einige bauliche Maßnahmen an. Weitere öffentliche Termine sind ebenfalls in Planung: Am Mittwoch, 7. April, steht Thomas Haase bei einen pädagogischen Informationsabend im Seminarraum der Hemberg Apotheke in Worpswede Rede und Antwort. Am 2. Mai soll bei einem Tag der offenen Tür das Schulgebäude präsentiert und über das Schulkonzept informiert werden.
Interessierte Eltern können sich schon zuvor im Internet unter der Adresse www.freie-schule-worpswede.de informieren oder den Schulverein telefonisch unter der Nummer 04792/ 953743 erreichen.