
Unter dem Motto „Kleines Dorf – Große Kunst“ beginnen die Worpsweder Museen ihr neues Ausstellungsjahr. Vom heutigen Sonnabend an werden auf dem Barkenhoff, in der Großen Kunstschau und in der Worpsweder Kunsthalle zeitgenössische Künstler präsentiert.
Im Haus im Schluh ist am morgigen Sonntag Eröffnung. Während die Große Kunstschau einen niederländischen Maler zeigt, trifft man in den drei anderen Häusern auf Gegenwartskünstler mit Worpsweder Bezug.
Initiiert von Peter Jörg Splettstößer, kommt es – nach 2003/04 und 2012 – zum dritten Mal zu einer Gemeinschaftsausstellung unter dem Titel „Treffpunkt Worpswede“. Die Idee dahinter ist, befreundete Künstler einzuladen, und einen Dialog zwischen seinen eigenen Arbeiten und denen der Gäste herzustellen. Vier Kollegen stellen mit ihm gemeinsam auf dem Barkenhoff aus, wo er lange lebte und arbeitete. Mit Anette Haas ist eine ehemalige Stipendiatin zu Gast.
Sie kommt aus der Bildhauerei und präsentiert hier Wandobjekte, die sie malerisch und skulptural aus Nessel und Wachs aufbaut. Ein zentrales Thema ist dabei das Fenster, das auch in dem Werk von Splettstößer eine wichtige Rolle spielt. Er stellt das dar, was er direkt vor Augen hat und klebt dazu oft das Fenster rasterartig ab. Ihn interessiert die wandelnden Realität, die zu Farbflächen, Linien und Farbflecken auf der Leinwand wird, wobei die Suche nach dem Lokalton ein wichtiger Aspekt ist.
Kleine Zweige als "Wäldchen"
Der Maler und Bildhauer Heinz Jahn setzt sich mit Naturmaterialien auseinander. Farben und Linien sind entscheidende Elemente, wenn er etwa kleine Zweige zu einem „Wäldchen“ anordnet und diese mit leuchtenden Tönen bemalt. Für Franz Immos, der 2001 Stipendiat auf dem Barkenhoff war, steht die Fotografie im Zentrum seines Schaffens.
In der Reihe der „Metamorphosen“ visualisiert er kosmische Abläufe wie Geburt, Leben und Tod. Ein wichtiges Moment ist Bewegung, die er mit dem Schwenkobjektiv erreicht. Auch die Video- und Installationskünstlerin Ria Patricia Röder zeigt ihr fotografisches Werk. Ohne Kamera belichtet sie Dinge direkt in der Dunkelkammer und schafft malerische Unikate, aus denen heraus auch ihr eigenes Auge blickt.
Frage nach Wahrheit
Die Frage nach der Wahrheit beschäftigt die aus Los Angeles stammende Margaret Kelley schon von jeher. Die Worpsweder Kunsthalle präsentiert nun die neueste Werkreihe der Künstlerin, die 1991 als Stipendiatin nach Worpswede kam und schließlich dort blieb, in einer eindrucksvollen Ausstellung. Um sich der Relativität der Wahrheit zu nähern, hat die amerikanische Künstlerin eine eigene Bildsprache entwickelt, in der sie Gedanken, Empfindungen, Erlebnisse und Spannungsfelder zwischen Schuld und Unschuld, Höhen und Tiefen ausdrückt.
Die Künstlerin baut ihre Bilder in unterschiedlichen Schichten aus Farbe, Papier und Stoffen auf und schafft damit Bildräume, die aus der Tiefe an die Oberfläche und aus der Vergangenheit in die Gegenwart kommen. Die Größen reichen vom kleinen Format bis zum acht Meter langen Klappbild, in das man eintauchen kann wie in ein Buch, um die einzelnen Geschichten aus Farben, Formen und Linien zu lesen. Diese neuen Arbeiten von Margaret Kelley, die wie stets voller Farbkraft und Energie sind, überraschen durch eine oft fast schwebende Leichtigkeit.
Im Stil des 17. Jahrhunderts
Der erste Blickfang in der Ausstellung im Haus im Schluh ist ein bronzener Ellenbogen des Künstlers Heini Linkshänder. Die Skulptur mit der dazu korrespondierenden Grafik weist auf den Verlust seines rechten Arms hin. Dieses Ereignis führte Linkshänder zu seinem Namen und noch tiefer in die künstlerische Arbeit. Da er mit dem Haus im Schluh sehr verbunden war, ging die Sammlung seines druckgrafischen Werks nach seinem Tod 2012 dorthin.
In seinen Arbeiten gestaltet er Facetten des Daseins von Mensch und Natur, Momente von Einsamkeit, Liebe und Lebensfreude. Ihm ging es stets darum, die Wesenheit von Mensch und Natur zeichenhaft zum Ausdruck zu bringen. Dabei konzentrierte er sich in der Regel auf zwei Farben. Während bei ihm Rot für Liebe, Energie und Wärme steht, verbindet er mit Schwarz Kraft und Sinnlichkeit.
Große Helmantel-Retrospektive
Aus den Niederlanden stammt der Maler Henk Helmantel, den die Große Kunstschau anlässlich seines 70. Geburtstages in einer großen Retrospektive präsentiert. Von jeher hat er sich mit Kircheninterieurs und Stillleben auseinandergesetzt. Helmantel arbeitet in der altmeisterlichen Manier der Maler des 17. Jahrhunderts. Ein Aspekt der Malerei war die Augen täuschende Klarheit der Motive, die gleichzeitig als christliche Symbole galten. Helmantel folgt den Vorbildern. Es sind die Farben, die zum Teil von der Gegenwart sprechen. Sei es das Orange einer Schachtel oder das Violett einer Pflaume. Farben, wie sie so in der Palette der alten Meister nicht vorkamen.
Die Ausstellung zeigt neben Stillleben, Kircheninterieurs und Porträts auch Teile aus der Kunstsammlung des Malers, auf die er sich bezieht, wie etwa ein Selbstbildnis Rembrandts. Am heutigen Sonnabend eröffnen drei der vier Ausstellungssektionen: „Treffpunkt Worpswede“ auf dem Barkenhoff um 15 Uhr, „Henk Helmantel – Werkschau zum 70. Geburtstag“ in der Großen Kunstschau um 16.30 Uhr und „Margaret Kelley – A Shade of Pale“ in der Worpsweder Kunsthalle um 18 Uhr. „Heini Linkshänder – Druckgrafik und Objekte“ ist am morgigen Sonntag, 8. Februar, ab 11.30 Uhr im Haus im Schluh zu sehen.