
Ornel Plaka schiebt den Pfeil mit der Maus über den Laptop-Bildschirm und klickt einen Button mit Kamera-Symbol an. Es tutet ein paar Mal. Dann macht es „pling“. Der siebte Versuch ist gescheitert. Ornel Plaka wollte seinen Cousin anrufen, mit dem kostenlosen Internettelefon Skype mit der Heimat telefonieren. An diesem Nachmittag klappt das nicht. Aber der 19-jährige Albaner kann wiederkommen. An jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat verbindet die Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Lilienthal“ in ihrem Skype-Café drei Rechner mit dem Internet.
Der Lions-Club Lilienthal unterstützt das neue Angebot und die Arbeit der Initiativen in Grasberg und Worpswede mit Spenden. Je 1000 Euro übergibt der Präsident Tobias Meyer an die Vertreter aus Lilienthal, Grasberg und Worpswede. Mit dem Skype-Café in der Alten Schule Falkenberg will die Lilienthaler Initiative einen Begegnungsort schaffen für Ausländer und Einheimische, die Möglichkeit zu Gesprächen und Kontakten eröffnen. Zugleich soll das kostenlose Internettelefon den Asylbewerbern erlauben, mit Freunden und Familien in der Heimat Kontakt zu halten.
Die Ehrenamtlichen verstehen das als Beitrag zur Unterstützung der Flüchtlinge, „sich hier in einer völlig – sozial und kulturell veränderten – Lebenswelt zurechtzufinden, um sich langfristig zu integrieren“. So steht es in ihrer Pressemitteilung.
Flüchtlinge wollen wiederkommen
Die Lions-Mitglieder hätten sich ziemlich spontan zu den Spenden entschlossen, erklärt der Pressebeauftragte des Clubs, Klaus Fittschen. Zur Betroffenheit über die Flüchtlingstragödien auf dem Mittelmeer mit zahlreichen Ertrinkenden kam ein Vortrag über die Unterbringung der Flüchtlinge in den Gemeinden – danach war den Lions klar: „Wir tragen unseren Teil bei.“ Sie wollen die ehrenamtliche Arbeit für die Flüchtlinge in Grasberg, Lilienthal und Worpswede unterstützen. Egal ob das Geld für Deutsch-Kurse oder für ein Skype-Café verwendet werde, es gehe darum, dass Menschen miteinander in Kontakt kämen, sagt Fittschen. Die Lions sähen die Integration als Daueraufgabe: „Das ist ein ewiger Brennpunkt, da sehen wir uns auch in der Pflicht.“ Die Erlöse aus dem Advents-Kalender-Verkauf ermöglichten die Spenden.
Für das Skype-Café haben Wolfgang Coenen und Johanna Volkenborn-Gerds die Laptops besorgt, oder wie Coenen sagt: „Die haben wir uns zusammen gefragt.“ Ornel Plaka findet das gut. Mit der Großmutter habe er über Skype schon gesprochen, erzählt er. Seit sechs Monaten lebt er in Lilienthal. Warum nicht in Albanien? Keine Arbeit, keine Zukunft. „Alles keine“, sagt er, darum habe die ganze Familie Albanien verlassen. „Politisch“, sagt Arzan Prroz. Mehr gibt sein Deutsch noch nicht her. Der 31-Jährige hat Albanien vor zehn Monaten mit der Frau und zwei Töchtern verlassen. Im Skype-Café kann er nun mit der Schwägerin in Griechenland telefonieren. Er nickt. Ja, er wird wiederkommen ins Café.
Dass trotz allseits verbreiteter Tablets und Smartphones der Bedarf an einem Skype-Café da ist, glaubt und hofft Organisator Coenen. Und wenn nicht, bleibe ja noch der Begegnungsaspekt. Kaffeeduft erfüllt den Raum. Eine Schale mit Schokoladenkugeln steht auf dem Tisch. Coenen sagt: „Wir wünschen uns natürlich alle, dass ganz normale Lilienthaler Bürger auch her kommen.“ Sprache ist ein Dreh- und Angelpunkt für Begegnungen. Darum setzt die Lilienthaler Flüchtlingsinitative auf Sprachkurse und benutzt die Lions-Spende auch für junge Flüchtlinge. Teilweise lernten sie parallel zur Ausbildung Deutsch, erklärt Johanna Volkenborn-Gerds. Dafür habe die Worpsweder Flüchtlingsinitiative in der Vergangenheit ebenfalls viel Geld ausgegeben, sagt Pastor Kurt Liedtke. Derzeit versorgen die Worpsweder ihre Neuankömmlinge mit Fahrrädern, damit sie mobil sind. Vom Spendengeld sollen Ersatzteile angeschafft werden, erklärt Liedtke. Es gebe „immer was“, wofür die Initiative Geld brauche, sei es Material für ein Kunstprojekt mit Frauen oder etwas, woran im Moment noch gar keiner denke. Nur ein Skype-Café wollen die Worpsweder nicht einrichten. Liedtke sagt: „Unsere Flüchtlinge sind soweit versorgt.“
1000 Euro seien „schon eine amtliche Hausnummer“, freut sich die Vorsitzende der Grasberger Flüchtlingshilfe, Katja Vittinghoff. Auch in Grasberg stehen neben Sprach- und Alphabetisierungs-Kursen Fahrräder im Mittelpunkt. „Für Familien, die außerhalb des Zentrums wohnen, ist es ein großes Problem, dahin zu kommen“, erklärt Vitting. Mit einer Reparaturwerkstatt für Fahrräder in Tüschendorf wollen die Ehrenamtlichen künftig „Hilfe zur Selbsthilfe“ initiieren. Die Spende wollen sie daher auch zum Kauf von Werkzeug und Ersatzteilen nutzen. Neben Geld suchten die Grasberger „Alltagshelfer“, sagt Vittinghoff: Menschen, die Flüchtlinge auf ihren ersten Wegen begleiten, sei es zum Arzt, zur Behörde oder zur Schule. Interessenten können sich bei der Gleichstellungsbeauftragten Evelin Meyer unter 0 42 08 / 39 66 melden.
Das Skype-Café der Initiative „Willkommen in Lilienthal“ ist in der Alten Schule Falkenberg an der Falkenberger Landstraße am 2. und 16. Juli wieder von 16 bis 18 Uhr geöffnet.
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