
Borgfeld. Vier Wochen nach dem Impfstart in Bremen haben nun auch die Seniorinnen und Senioren im Borgfelder Stiftungsdorf ihre erste Vakzin-Dosis erhalten. Krankenschwester Gunda Herzog steht hinter dem Tresen in der Fleetstube. Gleich neben dem Zapfhahn des ehemaligen Restaurants zieht die Fachkraft für Gerontologie die Pfizer-Biontech-Ampullen auf; die Krankenschwester trägt dabei blaue Schutzkleidung. 165 Impf-Dosen füllt Herzog an diesem Sonnabend ab. Am Ende des Tages sind die Ampullen bis auf den letzten Tropfen verbraucht. Die Impfbereitschaft im Stiftungsdorf ist hoch. Sehr hoch.
„98 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner haben sich angemeldet.“, berichtet Borgfelds Stiftungsdorfleiterin Ute Büge. 84 Bewohnerinnen und Bewohner, 32 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie 49 Personen aus Kooperationsbetrieben – darunter Physiotherapeuten, Ärzte, Angestellte aus der Bäckerei nebenan sowie externes Pflegepersonal hatten sich bereits Wochen zuvor auf Büges Impfliste setzen lassen. „Uns ist daran gelegen, dass auch die Kontaktpersonen unserer Bewohner schnell immunisiert werden“, erklärt die Stiftungsdorfleiterin. Mit einer Impfbereitschaft von nahezu100 Prozent habe sie allerdings nicht gerechnet, räumt Büge ein.
Entsprechend groß war der Andrang vor dem improvisierten Impfzentrum an der Daniel-Jacobs-Allee am Sonnabendvormittag. Gleich drei Teams vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) rückten an, um die Impfungen vor Ort vorzunehmen. Das ehemalige Restaurant Fleetstube wurde Tage zuvor professionell umgebaut. „Unsere Leute haben hier alles eingerichtet und abgetrennt, damit wir die Schweigepflicht einhalten können und keiner etwas vom anderen mitbekommt“, erklärt ein Arzt, der nicht namentlich genannt werden möchte. Zuvor seien sämtliche Krankenakten der Stiftungsdorfbewohner gesichtet worden. „Die Impfbereitschaft der Pflegeheimbewohner hängt oft von der Einstellung der Heimleitungen ab“, erklärt der Mediziner. Das sei sehr unterschiedlich. „98 Prozent, das ist außergewöhnlich hoch."
Und so bilden sich an diesem Vormittag zeitweise kleine Schlangen vor der Fleetstube, obwohl alle vorab mit einem fixen Termin ausgestattet worden sind. Während die Heimbewohner meist hinter verschlossenen Türen in ihrer gewohnten Umgebung geimpft werden, bekommen hier rüstigere Seniorinnen und Senioren sowie die Kooperationspartner den Anti-Corona-Piks im Schnelldurchlauf.
Viele von ihnen sind aufgeregt. Ute Büge spricht immer wieder Mut zu. Nach Gespräch, Piks und Trostpflaster geht es noch einmal in einen abgetrennten Wartebereich.
Die Borgfelder Physiotherapeuten Sebastian Gunschera und Constanze Wolter haben soeben ihre erste Impfdosis erhalten. „Dass das hier so einfach vor Ort geht, hat meine Bereitschaft, mich impfen zu lassen auf jeden Fall beschleunigt“, räumt Constanze Wolter ein. Die Krankengymnastin leitet die Physiotherapiestation im Stiftungsdorf. „Wir haben ja auch eine Vorbildfunktion und werden oft gefragt, ob wir uns selbst impfen lassen“, berichtet Aktiva-Geschäftsführer Sebastian Gunschera. „Jetzt können wir sagen: Natürlich sind wir geimpft!“ Gunschera hat ein sogenanntes Impfi von sich gemacht – ein Selfie mit Spritze. „Als Beweis.“ Auch Küchenchef Bruno Borgscheider aus dem Stiftungsdorf ist dabei. „Wir wollen ja wieder reisen“, sagt er im Scherz. Für Malte Sommer, Pfleger in der Borgfelder Wohngemeinschaft für Demenzerkrankte, ist die Impfung selbstverständlich. „Ich war sofort dafür“, sagt er nachdem er seine Spritze bekommen hat. „Es soll doch alles wieder normal weiter gehen.“ Das sei für seine Demenz-Patienten ganz besonders wichtig.
Bereits am frühen Morgen wurden die bei minus 70 Grad gekühlten Impfdosen im Stiftungsdorf angeliefert, berichtet Krankenschwester Herzog nach der ersten Schicht. „Hier im Kühlschrank werden die Stoffe bei minus 6 Grad gelagert. Da sind Thermometer dabei – eins vom Haus und eins vom Impfzentrum in Bremen, die kontrollieren heute Abend, ob die Temperaturen auch eingehalten worden sind“, berichtet die Krankenschwester. „Alle Impfstoffe werden bis auf den allerletzten Tropfen verbraucht. Das müssen wir so machen, der Stoff ist ja so rar.“