
Lilienthal. Nach 326 Tagen Pause hallte sie wieder über die Frankenburger Höge, die Fanfare der Freilichtbühne. Dreimal ertönte sie und dann begann „Das Dschungelbuch“. Die fröhliche, leichtgängig inszenierte Aufführung schlug besonders die jungen Zuschauer auf der komplett ausverkauften Freilichtbühne in ihren Bann. Die Älteren blickten sich vielleicht einmal öfter als in vergangenen Jahren im Zuschauerraum um, schließlich präsentierte der sich nach der Umgestaltung mit neuen Bankreihen. Letztlich aber zog der Zauber auf der Bühne alle Aufmerksamkeit auf sich und am Ende applaudierte ein begeistertes Publikum im Stehen für Moglis Abenteuer und für einen Bären, der sich binnen Minuten als verkörperte gute Laune in die Herzen der Zuschauer gespielt hatte.
Oliver Kohlmann machte diesen Balu zu einer Paraderolle. „Ruhe und Gemütlichkeit“ waren die Parole des pummeligen, manchmal etwas naiv wirkenden Gemütstieres unter dessen Fell und dick aufgepolstertem Bauch es mollig warm war. Kühlpäckchen im Kostüm und ein Ventilator hinter der Bühne verschaffte Kohlmann während der Vorstellung ein wenig Abkühlung.
Mit einem Lied auf den Lippen schlenderte Balu durch die Zuschauerreihen in Richtung Bühne. Ein Regenguss begleitet ihn. Und weil der Umbau schon teuer genug war, bleibt ein Dach fürs Publikum weiter Vision. Das packte die Regenjacken aus, applaudierte kurz darauf für Balus Tanz mit drei Bienen, und weiter gingen die Abenteuer des Menschenjungen Mogli, dem Linnea Steinecke eine gelungene Mischung aus Neugier, Eigensinn und Mut verlieh.
Der 1894/95 veröffentlichte Stoff von Rudyard Kipling in Bearbeitung von Markus Weber ist kein unbekannter. Auf der Lilienthaler Freilichtbühne ist in diesem Jahr „Das Dschungelbuch“ nach 1990 und 2004 zum dritten Mal zu sehen. Unter Regie von Elke Ohlrogge wurde daraus eine liebevoll erzählte Geschichte mit vielen sehenswerten Details – seien es die knuffigen Bienen, der edle Pfau, die Schildkröte oder die vier Erdmännchen auf Reisen, die immer wieder einmal in der Szenerie auftauchen.
Da waren die Wölfe, die Mogli einst fanden und vor dem Tiger Shir Khan retteten. Und der schwarze Panther Baghira (Henrik Müller), der sich nach den Wölfen der Erziehung des Menschleins angenommen hatte. Die regenbogenfarbige Schlange Kah mäanderte irgendwie zwischen Gut und Böse, was ihr zur Freude der jungen Zuschauer einmal einen verknoteten Schwanz einbrachte.
Singende und tanzende Geier faszinierten ebenso wie die marschierende Elefantenherde von Oberst Hathi (Dietrich Sämann) und die kreischende Affenhorde von Queen Lui (Nadine Fink). Als diese Mogli kidnappte, befreiten Balu und Baghira ihren Schützling, was in fliegenden Kokosnüssen und Bananen gipfelte – all das in einem üppigen tropischen Urwald, erschaffen und Uli Wolff und Gerti Trautvetter. Den dazu passenden Sound hat Marcus Schirmer komponiert und seine Melodien, mal exotisch und mal im Stile der Swinging Sixties, animierten das Premierenpublikum mehrfach zum Mitklatschen.
Abgesehen von kleinen Abenteuern hätte diese Welt also perfekt sein können. Aber Baghira ahnte, Mogli war im Dschungel nicht mehr sicher. Er sollte zurück ins Menschendorf. Der Junge sah das anders und nach seiner Begegnung mit Balu stand für ihn fest: „Ich will kein Mensch werden, ich will ein Bär werden.“ Balus Bauch gab zudem ein prächtiges Kissen für Moglis Mittagsschlaf ab. Aber Wachsamkeit war geboten. Immer wieder pirschte die schwarz-gelb gestreifte Gefahr über die Bühne. Shir Khan (Knut Höhn) erhob noch immer Anspruch auf Mogli und es kam, wie es kommen musste. Die Gefahr rückte näher und die Tiere sahen nur einen Ausweg: die rote Blume. So nannten sie das Feuer und Mogli tat das, was er lange verweigert hatte. Er holte es aus dem Menschendorf, während sich Bär und Tiger einen Zweikampf lieferten. Dank Mogli aber rannte Shir Khan am Ende mit angekokeltem Schwanz davon. Die Flamme an Moglis Fackel hatte allerdings der Wind an diesem Tag schon ausgepustet.
Das Wetter verlangte bei dieser Premiere den Schauspielern sowieso einiges ab: Trotz Tonanlage war volles Stimmvolumen gefragt. Böen verwehten anfangs ganze Textpassagen und auch später so manches Wort. Dabei hätten die Schauspieler regelrecht gebrüllt, so Nadine Fink nach der Vorstellung. Aber das ist eben Freilichtbühne: Das Wetter spielt mit.
Wer bei der Premiere keinen Einlass mehr gefunden hatte, kann „Das Dschungelbuch“ am Dienstag, 13. August, 20 Uhr sowie Sonnabend und Sonntag, 17. und 18. August, jeweils 16 Uhr sehen. Weitere Termine und Informationen und www.fblilienthal.de.
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💁🏼♀️ Dafür ist die Thematik [eigentlich] viel zu ernst ...
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