
Worpswede. 600 ist eine stattliche Zahl. Zumal, wenn man sie im Rahmen der Worpsweder Orgelmusik betrachtet. Diese musikalische Reihe, seinerzeit initiiert von Kantorin Ulrike Dehning im Zuge des Orgelneubaus, hat sich innerhalb von 15 Jahren nicht nur im Kulturleben Worpswedes etabliert, sondern es auf besondere Weise mitgeprägt. Wenn sonntags gegen 17 Uhr vom Weyerberg die Glocken läuten, weiß man: Es ist Orgelmusik-Zeit!
Dieses Jubiläum wird auch besonders gefeiert. Nämlich mit dem Bremer Raths-Chor, der aus der Worpsweder Orgelmusik nicht mehr wegzudenken ist. Jedes Jahr im Juni ist er zu Gast in der Zionskirche. Und in diesem Jahr bringt er am 30. Juni Kantaten zum Johannis-Fest von Johann Sebastian Bach mit, die unter der bewährten Leitung von Jan Hübner zu hören sein werden. Der Chor wird unterstützt durch die Solisten Cornelia Samuelis (Sopran), Tobias Hechler (Altus), Michael Connaire (Tenor) und Konstantin Heintel (Bass). Zudem vom Barockorchester Ensemble Schirokko aus Hamburg, das die historische Aufführungspraxis pflegt, sind doch alle seine Musiker in diesem Sinne an bedeutenden internationalen Ausbildungsstätten geschult worden. Sei es in Amsterdam, Trossingen, London oder Bremen. Und nicht zuletzt übernimmt Ulrike Dehning den Orgelpart. Dieses Konzert dürfte ein vielstimmiges barockes Klangerlebnis werden, ist doch die Ahrend-Orgel besonders für die Interpretation der Werke von Bach geeignet und daraufhin abgestimmt.
Aus heutiger Perspektive müsse man den Blick nicht nur auf das Instrument selbst richten, sondern auch die Frage stellen, was es letztlich bewirkt habe, sagt Ulrike Dehning. Denn, wie bereits erwähnt, initiiert wurde diese Konzertreihe, um den Orgelneubau durch Spenden mitzufinanzieren. Viele Musiker aus dem In- und Ausland haben über Jahre dazu beigetragen, dass dieses möglich wurde. Und Musiker aller Couleur. So wurde nicht nur in der Kirche an der alten Orgel konzertiert oder kammermusikalisch der Kirchenraum mit anderen Instrumentalstimmen gefüllt, sondern auch immer im Gemeindesaal mit Solisten am Steinway-Flügel. Nach der Einweihung der neuen Orgel im Jahre 2012 setzte Ulrike Dehning dann das inzwischen bewährte Konzertformat fort. So organisiert sie seitdem jährlich im März die Orgelfestwochen, zu denen international-renommierte Organistinnen und Organisten anreisen. Und so hat sich auch die Kooperation zur Hochschule für Künste (HfK) in Bremen entwickelt, denn die Studierenden kommen nicht nur zu den Konzerten am Sonntag, von ihren Professoren begleitet, sondern auch zu Aufnahmeprüfungen respektive Zwischenprüfungen. So wird der Orgelspieler-Nachwuchs auch an diesem hochkarätigen Instrument geschult. Parallel dazu hat sich auch die Kooperation mit Studierenden der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg bestens entwickelt, die bei Professor Jochen Köhler ihr Konzertexamen absolvieren. Regelmäßig kommen sie nach Worpswede und nutzen oben im Gemeindesaal der Alten Schule den Flügel, nicht zuletzt um Podiumserfahrungen zu sammeln, sich im Konzertieren zu üben. Was für junge, angehende Pianisten nicht unwichtig ist. Und die Besucher kommen dabei in den Genuss musikalischer Highlights, von großen Talenten dargeboten.
Inzwischen hat sich eine Zuhörergemeinde etabliert, die die Konzerte besucht und denen bestimmte Musiker, seien es Organisten oder Pianisten, vertraut sind. Und umgekehrt ist es ebenso. Viele Musiker kommen, um auch die freundschaftliche Atmosphäre, die nicht zuletzt auf Ulrike Dehnings Engagement beruht, zu genießen. So wie beispielsweise der Organist und Chorleiter Lukas Arvidsson aus Schweden. Er hatte an der HfK in Bremen Alte Musik studiert, kennt die Ahrend-Orgel aus seinen Studienzeiten und kommt einmal im Jahr, um darauf ein Konzert zu geben. Und zudem reist er am Donnerstag mit seinem Jugendchor an, um in der Zionskirche aufzutreten. Worpswede mit dieser Kirche und Orgel sei ein wichtiger Ort in seinem Leben geworden, sagt der Schwede. Dieses also und vieles mehr hat die neue Orgel bewirkt. Dass Musiker immer wieder gerne zurückkommen und hier auch Menschen treffen, die zu Freunden geworden sind. So hat sich ebenso eine gute Zusammenarbeit mit der Stader Orgelakademie entwickelt, die durch ansprechende, kindgerechte Programme bereits den kleinen Zuhörern das Pfeifeninstrument nahebringt. Und auch das sollte noch erwähnt werden: Die Orgelmusikreihe bietet neben professionellen Musikern und Studierenden auch Hobbymusikern ein Podium. Somit sind es farbige und facettenreiche Konzerte, die Ulrike Dehning seit vielen Jahren in der Zionskirche und im Gemeindesaal organisiert.
Karten für den Bremer Raths-Chor kosten 25 Euro, ermäßigt 12 Euro. Sie sind an der Abendkasse, bei Nordwestticket (0421/363636) und in allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.
|