
Osterholz-Scharmbeck. War es versuchter Diebstahl, vollendeter Diebstahl oder einfach nur Naivität mit einem Schuss Schusseligkeit? Das hatten Strafrichterin Johanna Kopischke und die Staatsanwältin während eines Prozesses im Osterholzer Amtsgericht gegen eine 53-jährige Bremerin zu klären.
„Ich hatte sie vorher schon beobachtet“, berichtete der als Zeuge geladene Warenhausdetektiv. Der Vorfall ereignete sich Mitte Mai dieses Jahres nachmittags in einem Verbrauchermarkt in der Kreisstadt. Dem Detektiv zufolge hatte die Bremerin zuerst Zigarillos im Wert von gut 100 Euro auf ihren vollen Einkaufswagen gepackt.
Dann habe sie den Wagen in die Getränkeabteilung geschoben und die Zigarillo-Packungen in ihrer Handtasche verstaut, so der 57-Jährige. Als sich die Kundin wieder an der Kasse eingereiht hatte, habe sie bemerkt, dass sie beobachtet wurde. „Daraufhin ist sie zurück zu den Haushaltswaren und hat dort die Zigarillos ins Regal gestellt.“
Was sie denn da mache, so der Detektiv, habe er gefragt. „Dann kam schon der Marktleiter dazu.“ Die Angeklagte selbst sagte aus, dass sie an der Kasse bemerkt habe, dass sie nicht genug Geld bei sich gehabt habe, um die Zigarillos bezahlen zu können. Deshalb habe sie die Zigarillos wieder ausgepackt und ins Regal gelegt.
Doch diese Version kaufte ihr die Staatsanwältin nicht ab. „Dass Sie nichts stehlen wollten, halte ich für widerlegt.“ Mit dem Umpacken habe sich die 53-Jährige die Zigarillos „zugeeignet“, so die Juristin. „Der Diebstahl war damit vollendet.“ Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Hinzu sollte eine Geldauflage von 500 Euro kommen. Denn die Angeklagte war kein unbeschriebenes Blatt. „Schon gleich drei Monate nach Ihrer letzten Tat haben Sie wieder einen Diebstahl begangen“, warf die Staatsanwältin der Bremerin vor. Das müsse mal ein Ende haben. Sowohl 2017 als auch Anfang 2019 war die 53-Jährige schon wegen Diebstahls angeklagt gewesen.
Mit diesem Antrag war Verteidiger Ismail Cengiz überhaupt nicht einverstanden. Man solle die Kirche im Dorf lassen, wetterte er. Angesichts ähnlich gelagerter Fälle sah er nicht, dass hier ein Diebstahl vollendet worden sei. „Das war innerhalb des Geschäftes. Ist ein Schaden entstanden?“, fragte er.
Außerdem sei in seinen Augen kein Vorsatz erkennbar. Für die Version der Staatsanwaltschaft brauche es aber einen Vorsatz. „Sie ist nicht durch die Kasse gegangen. Das ist nicht ein Versuch. Das ist auch nicht vollendet.“ Ismail Cengiz beantragte einen Freispruch.
Strafrichterin Johanna Kopischke schloss sich allerdings dem Antrag der Staatsanwältin an. Sie verurteilte die Bremerin zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Hinzu kommt eine Geldauflage von 500 Euro, die in monatlichen Raten von 50 Euro abzubezahlen ist.
„Ihr Verhalten war nicht das eines normalen Kunden“, gab die Richterin zu bedenken. „Sie haben sich mehrfach umgeschaut, ehe Sie die Zigarillos in Ihre Tasche gesteckt haben.“ Die seien bewusst verborgen worden, stand für die Richterin fest.
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