
Verden/Rotenburg. Weil er mit der Behandlung seiner Frau in der Psychiatrie des Rotenburger Krankenhauses nicht einverstanden war, hat der Ehemann dem zuständigen Arzt mehrfach aufgelauert, ihn bedroht und bedrängt. Auch nachdem der Mediziner eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) erwirkt hatte, gab es noch zwei strafrechtlich relevante „Begegnungen“ mit de m Mann, der sich jetzt in zweiter Instanz vor dem Landgericht Verden verantworten musste. Mit seiner Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Rotenburg hatte er keinen Erfolg.
Der Angeklagte hatte zunächst einen Strafbefehl erhalten. Da er den nicht akzeptieren wollte, musste er Ende Juli vor dem Amtsgericht erscheinen. Gegen den arbeitslosen 46-Jährigen wurde wegen zweifachen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen á 15 Euro verhängt. Obwohl ihm bereits untersagt worden sei, mit dem Geschädigten „Verbindung aufzunehmen“, habe er sich dem Arzt sowohl am 8. Februar in einem Zug Richtung Hamburg sowie am 22. Februar in einer Unterführung des Hamburger Hauptbahnhofs genähert, dort auch „Wir kriegen dich!“ gesagt. In der Urteilsbegründung wurde festgehalten, dass der Angeklagte durch die Erkrankung seiner Frau „belastet“ sei, sich in der Hauptverhandlung aber auch „uneinsichtig“ gezeigt habe. Betont wurde zudem, der Geschädigte leide noch immer unter den Vorgängen, die im Oktober 2019 begonnen haben sollen.
Auch mit dem Urteil wollte sich der Rotenburger nicht abfinden. Allerdings machte er nun im Berufungsprozess auch keine Angaben zu den Vorwürfen. „Er möchte sich heute nicht äußern“, erklärte sein Verteidiger, der darauf abhob, die einstweilige Anordnung gegen das GewSchG sei seinem Mandanten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, das Urteil könne somit keinen Bestand haben.
Dies sahen der Vertreter der Staatsanwaltschaft und die 6. kleine Strafkammer des Landgerichts anders. Die entsprechende Argumentation des Anwalts verfing ebenso wenig wie dessen Behauptung, die per Beschluss des Amtsgerichts vom 5. Februar ergangene, vorerst für ein halbes Jahr geltende Anordnung sei nicht konkret genug gewesen. Darin war dem Angeklagten besagte Verbindungsaufnahme untersagt und ihm auferlegt worden, ab sofort „gebührenden Abstand“ zu dem Antragsteller zu halten.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft mochten beide nicht einer Anregung der Kammer folgen, das Verfahren gegen eine Geldauflage vorläufig einzustellen. Es werde „ein Freispruch in voller Hinsicht“ angestrebt, so der Anwalt, während der Anklagevertreter betonte, eine Einstellung sei „angesichts des Zustands des Zeugen nicht gerechtfertigt“. Zu diesem Zeitpunkt hatte der betroffene Arzt bereits ausgesagt und geschildert, was ihm durch den Angeklagten über Monate hinweg widerfahren sei.
Der 33-jährige Hamburger berichtete von diversen Vorkommnissen außerhalb der Klinik, die ihn veranlasst hätten, auch mal die Polizei zu verständigen und sich zwecks einstweiliger Verfügung an das Amtsgericht zu wenden. So habe ihm der Angeklagte nach einem Nachtdienst im Rotenburger Bahnhof aufgelauert, dabei die Zähne gefletscht“ und eine Bewegung gemacht: „die flache Hand über den Hals gezogen“. Die Vorfälle hätten sich auch fortgesetzt, als er für die Behandlung der Frau schon nicht mehr allein verantwortlich gewesen sei.
Nach dem Erlass der Verfügung sei es zu dem „nächsten größeren Ereignis“ im „Metronom“ gekommen, wo sich der Angeklagte ihm genähert und eine Hand in die Jacke gesteckt habe, „als würde er was rausholen“. Zwölf Tage später, die Patientin sei schon ins Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf verlegt worden, habe es die Begegnung in der Unterführung des Hauptbahnhofs gegeben mit der Drohung „Wir kriegen dich“. Der Mediziner, der wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bis Mitte Dezember krankgeschrieben war, erwähnte, er habe noch Anfang November einen „Drohanruf“ erhalten: „Wir kommen heute oder morgen vorbei und reißen dir den Kopf ab“.
Das Gericht hat die Berufung als unbegründet verworfen. Der Zeuge habe „überzeugend, konstant und detailgenau“ ausgesagt und keine „Belastungsabsichten“ erkennen lassen. Der „Frust“ des Angeklagten, der sich in einer „schwierigen Situation“ befunden habe, sei „menschlich nachvollziehbar“. Dies habe ihm aber nicht das Recht gegeben, dem Arzt „Angst einzujagen“.
Der merklich angespannte 46-Jährige hatte sich zwar nicht zu den angeklagten Taten geäußert, in seinem „letzten Wort“ jedoch gesagt, er werde als „der Übeltäter“ gesehen, dem was angehängt werde. Und er ließ durchblicken, dass er bezüglich der Behandlung seiner Frau in Rotenburg keine Ruhe geben und bis zum Bundesgerichtshof oder dem Bundestag gehen werde. Nach dem Urteil sprach er von „Riesenfreiheitsberaubung", sie sei festgehalten worden und „alle haben weggeguckt“.
Wann erkennen unsere Volksvertreter endlich das ...