
Grasberg. Umgestürzte Bäume, ausgelaufener Diesel, übergelaufene Gullis in der Speckmannstraße beim Sommerguss: „Unwetter haben für Arbeit gesorgt“, sagt der Grasberger Gemeindebrandmeister Norbert Blanke für die acht Grasberger Freiwilligen Ortsfeuerwehren. Sie seien inzwischen „mehr Umweltwehr als Feuerwehr“, denn Hilfeleistungen machen rund zwei Drittel ihrer Einsätze aus, nur ein Drittel geht auf das Konto von Feuer. Zu 119 Einsätzen rückten die rund 20 aktiven Kameradinnen und 240 Kameraden der Grasberger Ortsfeuerwehren 2018 aus. In diesen Wochen ziehen sie auf ihren Jahreshauptversammlungen Bilanz, am Freitag, 18. Januar, sind es die Ortsfeuerwehren Rautendorf und Grasberg. „Ein durchaus anspruchsvolles Jahr“, nennt Blanke das abgelaufene für die Gemeinde, auch wenn ihnen 2017 noch einmal 20 Einsätze mehr abverlangt hatte. Blanke vergleicht: Vor fünf Jahren waren es noch 50 bis 60 Einsätze pro Jahr.
Den Pieper trägt Norbert Blanke am Gürtel. Während des Gesprächs im Feuerwehrhaus gibt er kein Signal. Als Gemeindebrandmeister rückt Norbert Blanke auch nicht mehr zu jedem Einsatz mit aus. Die Ortsbrandmeister seien selber gut ausgebildete Fachleute. Ihnen vertraue er und sitzt stattdessen als Mitglied der Ortsfeuerwehr Grasberg mit im Löschfahrzeug. Bei größeren Einsatzlagen berate er die Ortsbrandmeister oder übernehme selber die Einsatzleitung. Aus einer Grasberger Feuerwehr-Dynastie stammend gab es für ihn offenbar keinen anderen Weg. Der Stiefurgroßvater hatte 1929 die Ortsfeuerwehr Grasberg mit gegründet. Der Vater brachte es bis zum Kreisbrandmeister und sagte zu seinem Sohn, als der 16 Jahre alt war, er solle da auch mal hingehen. „Es hat ja nicht geschadet“, meint Blanke heute. Und Gemeindebrandmeister sei eine interessante Aufgabe.
Norbert Blanke fungiert als Schnittstelle zwischen den Freiwilligen Feuerwehren und der Gemeinde. Dort sind im Haushalt 2019 rund 200 000 Euro für die Grasberger Wehren eingeplant. Das neue Fahrzeug für die Rautendorfer Ortsfeuerwehr taucht darin nicht auf. Das soll in diesem Jahr geleast werden, so der Fachbereichsleiter für Bau, Ordnung und Soziales bei der Verwaltung, Andreas Koppen.
Dürfte sich der Gemeindebrandmeister etwas wünschen, dann wäre es ein neues Feuerwehrhaus am Wiesendamm 3. Zentral gelegen, für alle Kameraden gut erreichbar, gewährleiste es kurze Ausrückzeiten. Allerdings passe die 1973 errichtete Halle nicht mehr zu den heutigen Löschwagen. In der Länge stoßen beide fast an, auch in der Breite bleibt wenig Raum, und den brauchen die 50 aktiven Brandschützer, um sich umzuziehen. Umkleideräume? Fehlanzeige. Als Schwerpunktwehr umfasst der Fuhrpark der Ortsfeuerwehr Grasberg zudem noch mehr Autos.
Nicht nur bei der Grasberger Ortsfeuerwehr sei fehlender Platz ein Thema, so Blanke. „Das ist in Rautendorf nicht anders und auch in Schmalenbeck so.“ Teils müssen Feuerwehrleute ihre Einsatzkleidung zuhause lagern, weil das Feuerwehrhaus zu klein sei. Norbert Blanke klagt nicht. „Wir wissen, dass die Gemeinde macht, was möglich ist.“ Und es müsse finanziell machbar sein. Die Sanierung des Feuerwehrhauses am Wiesendamm würde deutlich über eine Million Euro kosten, so der allgemeine Vertreter der Bürgermeisterin, Stefan Ritthaler. Die Verwaltung wisse um den Bedarf: „Aber wir haben das Geld einfach nicht.“
Blanke ist das klar. In seiner Brust schlagen trotzdem zwei Herzen. Das eine weiß um das Geld, dem anderen gefallen die Mängel nicht. „Wir versuchen mit der Situation zurechtzukommen“, übt sich der Gemeindebrandmeister in Optimismus, „obwohl von der Gemeinde kein Zeitkorridor vorgegeben wird.“ Aber hin und wieder den Finger in die Wunde legen, das mache er. Die Enge schmälert nicht die Qualität der Feuerwehrarbeit. Im vergangenen Jahr löschten Grasberger Brandschützer mit beim Großbrand auf der Bremer Lürssen-Werft oder in Schwanewede.
Mehr Unwetterschäden und technische Hilfeleistungen haben die Feuerwehrausbildung verändert. Vor 50 Jahren habe ein Kursus in Brandbekämpfung genügt, dann kam Erste Hilfe hinzu. Heute hingegen durchlaufen die Feuerwehrleute Kurse für technische Hilfeleistungen, für den Umgang mit Gefahrengut, für das Messen von Gefahrenstoffen und die Dekontamination. Einher ging damit laut Blanke mehr Ausrüstung, was zu größeren Fahrzeugen führte. Um die Mindeststärke in den großen Wehren müssen Blanke und die Verwaltung sich nicht sorgen. Unterschreite eine Wehr die Mindeststärke von 22 Aktiven über einen längeren Zeitraum, sei die Verwaltung gezwungen, diese stillzulegen. „Das wollen wir natürlich vermeiden“, so der Gemeindebrandmeister, und derzeit sei die Mitgliederzahl in allen Ortsfeuerwehren stabil, auch wenn Otterstein und Huxfeld nur knapp über der Mindeststärke lägen. Damit jeder Brand gelöscht werden kann, rücken pro Alarm drei oder vier Wehren aus. Blanke begründet: „Lieber mit Kanonen auf Spatzen schießen.“