
Lilienthal. Mit Mitte 40 kam die Zäsur. Marijana Arnold fragte sich: „Was willst du im Leben weiter machen?“ Wie bisher hinter der Ladentheke beim Schlachter stehen und für jeden Kunden ein freundliches Wort haben oder noch mal einen Neubeginn wagen? Gartenarbeit mag sie gerne. Aber: „Putzen ist für mich wie für andere Leute Yoga“, erzählt Marijana Arnold. So war die Entscheidung bald gefallen, womit sie künftig ihr Geld verdienen wollte. Sie gründete ihre Firma Putzperle und seit fast zwei Jahren hält die Lilienthalerin Wohnungen und Häuser anderer Leute in Lilienthal und umzu sauber – „nach Hausfrauenart“.
Marijana Arnold meldete ihre Reinigungsfirma offiziell an und ließ Flyer und Visitenkarten drucken. Ihr Terminkalender ist voll. Werbung habe sie dafür kaum machen müssen, 99,9 Prozent ihrer Kunden habe sie über Mundpropaganda gefunden. Man kenne sie im Ort und darüber hinaus.
Arnold hat sich für den legalen Weg in einer Branche entschieden, in dem Schwarzarbeit überwiegt. Sie aber wollte etwas für ihre Rente einzahlen, zudem sollen sie und ihre Mitarbeiterinnen versichert sein. Oder ganz im Sinne ihrer Arbeit gesprochen habe sie „eine weiße Bluse ohne Flecken“ gewollt. Bevor die Firma Putzperle mit Staubwischen oder Fensterputzen beginnt, wird darum ein Vertrag unterschrieben.
Damit ist die Lilienthalerin eine von „knapp 50.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und rund 20.000 Selbstständigen, die auf Rechnung im Privathaushalt arbeiten“, so eine im November 2020 veröffentlichte Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Hinzu kommen knapp 300.000 Minijobber in diesem Bereich. Meist ist der Beruf Frauensache, was die allgemeine Arbeitsteilung in der Gesellschaft abbildet: „Waschen und Putzen wird zu 80 Prozent von Frauen erledigt“, so das IW. Freude muss dabei nicht immer aufkommen. 53 Prozent der Frauen empfänden die Arbeit im Haushalt als größten Stressfaktor im Alltag, erst danach kommt der Job mit 44 Prozent.
Arnold mag es, wenn es sauber ist. Sie erzählt, dass sie am liebsten Duschkabinen poliert und und sich an deren Glanz erfreuen kann. Noch während sie spricht, sammelt sie nebenbei ein paar Holzspäne ein, die der Besuchshund im Wohnzimmer verteilt und sagt: „Ich putze nicht für die Kunden, ich putze für mich.“ Wenn es in der Wohnung unter ihren Schuhsohlen knirsche, fühle sich das für sie wie Sand im Mund an, lacht sie.
Von dieser Art Lebensphilosophie können ihre Auftraggeber nur profitieren. Sie wisse, dass ihre Kunden zufrieden sind, wenn sie aus dem Haus gehe. Viel Chemie braucht es dafür nicht. „Je mehr Natur umso besser“, sagt sie. Mit Essig oder Zitrone geht schon eine Menge, etwa den Wasserhahn von Kalkablagerungen zu befreien. Essig, Backpulver oder Natron sind die Helfer ihrer Wahl, wenn es aus dem Abfluss stinkt. Das empfehle sie auch ihren Kunden. Oder man verzichtet ganz auf Zusätze, so Arnold. „Wenn man die richtigen Tücher hat, kann man fast nur mit Wasser reinigen.“
Der Rest war „Learning by doing“, etwa auf die richtige Körperhaltung beim Staubsaugen oder Wischen zu achten. „Der Körper ist immer verspannt, wenn man verkrampft arbeitet.“ Das Wissen darum gibt sie nicht nur an ihre Mitarbeiterinnen weiter, sondern auch an ihre Kunden. Körperlich anspruchsvoll bleibt das Putzen trotzdem, doch auch, wenn sie danach kaputt sei, sehe sie es nicht als schwere Arbeit an. Außerdem: „Jede Arbeit ist anstrengend, wichtig ist, dass man sie mag.“ Ihr Tun versteht Arnold mehr als ein „den Kunden unter die Arme greifen“. Nach getaner Arbeit genießt sie bei einem Rundgang durch Haus oder Wohnung das saubere Ergebnis.
Anfangs habe sie Sorge gehabt, ob der Schritt in die Selbstständigkeit funktioniert, ob die Kunden mit ihrer Arbeit zufrieden seien. Nach knapp zwei Jahren sagt Arnold selbstbewusst: „Es war eine sehr gute Entscheidung.“ Derzeit kann die Firma rund 30 Kunden pro Woche bedienen und sie erhalte fast täglich Anrufe, die nach einer Lücke in ihrem Kalender fragten. Das Spektrum der Interessenten, die bewusst eine offizielle Reinigungsfirma suchen, reicht von alten Menschen bis zu jungen Familien. „Aber so viele Hände hab ich nicht“, sagt Marijana Arnold, für die es ein Vollzeitjob ist. Sie führt darum eine Warteliste.
„Ich könnte noch ein paar Leute beschäftigen“, sagt sie. Nur sei das nicht immer einfach. Arnold habe Mitarbeiterinnen über das Arbeitsamt probiert und per Internet. Erreichbar ist die Firma Putzperle von Maijana Arnold per E-Mail unter putzperle-marijana@gmx.de oder per Telefon unter 0152/ 54 36 83 37.
88 Prozent Schwarzarbeit
„Rund 3,3 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigen gelegentlich oder regelmäßig eine Hilfe – und davon lassen rund 2,9 Millionen Haushalte schwarz reinigen, waschen und einkaufen“, so das Institut der deutschen Wirtschaft Köln im November 2020. Das sind demnach rund 88 Prozent der Haushalte, die ihre Reinigungskraft nicht anmelden. Aufgrund der Schaffung legaler Alternativen wie niedrigen bürokratischen Hürden und steuerlichen Anreizen ist diese Zahl damit um fünf Prozent gesunken.