
Gernot Erik Burghardt: Meine Friseurin bot mir im Scherz an, wegen des Abstands eine Teleskopschere auszuprobieren. Ich habe verzichtet.
Nicht verzichten wollen Sie auf öffentliche Beiratssitzungen. Sie fordern die unverzügliche Wiederaufnahme der Arbeit in den Stadt- und Ortsparlamenten.Ja, wenigstens nichtöffentlich. Wir wollen politisch wieder loslegen und zwar so schnell wie möglich. Am vergangenen Dienstag gab es dazu erstmals eine Telefonkonferenz der Bremischen Senatskanzlei mit allen Ortsamtsleitern. Wenn Themen von öffentlichem Interesse sind, könnten die Sitzungen zukünftig vielleicht sogar öffentlich stattfinden.
Öffentliche Sitzungen mussten für März und April abgesagt werden. Welche Themen brennen dem Beirat unter den Nägeln?Brandaktuell ist die Entscheidung über Globalmittelanträge. Die Vereine brauchen gerade in dieser Zeit, in der die Vereinsarbeit brach liegt und die Kosten weiterlaufen, dringend Geld.
Der Beirat gibt rund 17.000 Euro aus Landesmitteln weiter, um sie an Borgfelder Vereine und Institutionen zu verteilen.Der genaue Etat wird uns noch mitgeteilt. Außerdem gibt es viele andere Themen: Wir müssen erneut Stellung nehmen zum fehlenden Breitbandausbau in Timmersloh. Die Timmersloher sind internetmäßig völlig abgehängt von der Außenwelt. Gerade in Homeoffice-Zeiten ist dieser Zustand nicht hinnehmbar. Die SPD-Fraktion sorgt sich um die fehlende Bewässerung des öffentlichen Grüns. Unter den Nägeln brennen mir offizielle Antworten über bereits gestellte Haushaltsanträge zur baulichen Neugestaltung der Ortsmitte, der Katrepeler Landstraße und der Butendieker Landstraße. Unsere Forderung nach Mitteln für ein neues Ortsamt und ein Bürgerhaus haben die Deputation Kultur und der Ausschuss für Bürgerbeteiligung und Beiräte abgelehnt. Es gibt also viel zu beraten.
Was ist mit Aufbauhilfen für Geschäftsleute und Gastronomen, die unter den Rettungsschirm fallen sollen. Die Interessengemeinschaft der Geschäftsleute „In-Borgfeld“ rechnet mit Ihrer Unterstützung.Da hat der Beirat leider keine Handhabe. Am 23. März wurde die Unterstützung vom Bremer Senat zugesichert. Bremen ist da vorgeprescht. Am 1. April wurde auf Bundesförderung umgeschwenkt. Die Bremer Senatorin hatte nämlich nur zehn Mitarbeiter zur Bearbeitung der Anträge. Das ist Wilder Westen und liegt nicht in unserer Kompetenz. Viele haben am 23. März einen Antrag gestellt und haben bis heute keine Antwort erhalten.
Das könnte doch Aufgabe des Beirats sein, sich gezielt für die Geschäftsleute einzusetzen und dazu offiziell Stellung zu nehmen.In puncto Rettungsschirm haben wir keine Handhabe. Das liegt nicht in unserer Kompetenz. Wir haben oft erlebt, dass wir zu Themen, die eigentlich bezirksübergreifend sind, Vorschläge gemacht haben. Die Antwort aus den Ressorts der Landesregierung war dann: Ihr seid nicht zuständig. Ich wüsste nicht, wie wir bei der Wirtschaftssenatorin Frau Vogt anfragen sollten, um zu klären: Warum ist da und da noch nichts passiert? Die Sache ist ja in der Bearbeitung und betrifft ganz Bremen.
Wie sieht es mit fehlender Kinderbetreuung aus, wie positioniert sich der Beirat hier? Werden neue Maßnahmen an Schulen lokalpolitisch begleitet? Wird es eine Öffnung des Jugendfreizeitheims geben? Das sind doch dringliche lokalpolitische Fragen.Das ist bisher noch nicht an uns herangetragen worden. Eine Dame aus Borgfeld hat uns nach Masken für ihre Mutter gefragt, die in einer Borgfelder Pflegeeinrichtung lebt. Ob wir da eine Arbeitsgruppe gründen könnten, um uns darum zu kümmern. Da war ich ehrlich gesagt etwas überfordert. Sie hat dann einen Schneider in Lilienthal gefunden, der die Dinger näht.
Wann wird der Beirat tagen, um die politischen Anliegen der Borgfelder in Corona-Zeiten anzuhören?Seit dem 20. April dürfen erst einmal nichtöffentliche Präsenz-Sitzungen mit Abstandswahrung durchgeführt werden. Die Senatskanzlei empfiehlt Telefon- oder Videokonferenzen oder ein Abstimmungsverfahren über E-Mail. Ich bin kein großer Fan davon. Andererseits mögen mediale Sitzungen ein praktikabler Weg sein, um überhaupt entscheidungsfähig zu bleiben. Schwierig wird es bei dem technischen Equipment. Drei von 13 Borgfelder Beiratsmitgliedern kommen aus Timmersloh. Dort gibt es kein leistungsfähiges Internet.
Unter welchen Auflagen könnte der Beirat öffentlich tagen?Der Bremische Senat schlägt öffentliche Sitzungen in Absprache mit dem Ordnungsamt und dem Gesundheitsamt vor. Allerdings nur, wenn etwas sehr dringlich ist. Zu beachten wäre die Raumgröße, um einen Mindestabstand von eineinhalb Metern einhalten zu können. Zugangsbeschränkungen für Besucher, eine Anmeldepflicht sowie die namentliche Erfassung der Teilnehmer müssten eingehalten werden. Desinfektionsmittel soll bereitgestellt werden, es gäbe die Mundschutzpflicht. Der Ortsamtsleiter Karl-Heinz Bramsiepe würde die Verantwortung für die Einhaltung der Auflagen tragen. Die Kontaktpolizisten sollen dabei unterstützen.
Klingt machbar.Das sind schon einige Hürden. Ich würde öffentliche Sitzungen dennoch bevorzugen. Am 5. Mai wird der Borgfelder Koordinierungsausschuss zusammenkommen, um über den Ablauf der zukünftigen Beiratssitzungen zu beraten. Auch interaktive Sitzungsformate werden diskutiert.
Wie ist die Stimmung in den Fraktionen? Wollen alle wieder loslegen?Auf jeden Fall. Wir überlegen, ob wir den Borgfelder Kirchengemeindesaal nutzen könnten oder andere Ortsämter mit größeren Räumlichkeiten. Das Borgfelder Ortsamt ist einfach zu klein. Ob wir die Schützenhalle nutzen können, ist fraglich. Im Ausnahmefall könnte eine Sitzung auch im Freien stattfinden. Jeder bringt seinen Klappstuhl nebst wetterfester Kleidung mit (lacht!).
Das Gespräch führte Petra Scheller.
Gernot Erik Burghardt (FDP)
ist Borgfelder Beiratssprecher. Der Freidemokrat und Rechtsanwalt fordert eine sofortige Fortsetzung der Arbeit des Borgfelder Stadtparlaments. Wie Beiratssitzungen in Zeiten von Corona aussehen können, darüber diskutieren Beiräte, Ortsamtsleiter und Bremens Senatskanzlei hinter verschlossenen Türen.