
Landkreis Rotenburg. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) ist das zentrale Instrument, mit dem die Landkreise ihre Entwicklung steuern. Nach einem sechs Jahre dauernden Aufstellungs- und Abstimmungsverfahren hat der Rotenburger Kreistag am Donnerstag einen formellen Schlussstrich gezogen und das mehr als 100 Seiten umfassende Regelwerk beschlossen. Viermal wurden seit 2013 Öffentlichkeit und Behörden beteiligt, 900 Einwendungen musste die Verwaltung sichten und bewerten. Jetzt muss das Land das Planungswerk genehmigen.
Bleibt es bei dem, was der Kreistag mit den Stimmen der Mehrheitsgruppe von CDU, Wählergemeinschaft und FDP beschlossen hat, bekommt die Energiewende in den nächsten Jahren einen deutlichen Schub: Auf den 16 neuen Vorrangflächen können 120 Windräder aufgestellt werden. Bei einer durchschnittlichen Leistung von jeweils 3,45 Megawatt und 1800 Volllaststunden im Jahr würden die neuen Windparks jährlich 745 Gigawattstunden regenerativen Strom liefern, so Landrat Hermann Luttmann. Die Gesamtgröße der Windparks betrage 2027 Hektar, was 0,98 Prozent des Kreisgebietes entspreche. Der Landkreis habe „damit im Ergebnis substanziell Raum für die Windenergienutzung geschaffen“, heißt es von der Verwaltung.
Auch sei im Raumordnungsprogramm ein weitreichender Schutz des Trinkwassers verankert worden. Erstmals würden unterirdische Nutzungen gesteuert, indem Vorranggebiete für die Trinkwassergewinnung von Erdgas- und Erdölbohrungen und Fracking frei gehalten werden. Ausgeschlossen sind dort künftig die Neuanlage von Bohrplätzen oder die Reaktivierung stillgelegter Bohrplätze und die Verpressung von Lagerstättenwasser. „Damit haben wir unsere kommunalen Möglichkeiten ausgeschöpft“, so Landrat Luttmann. Zur Sicherung wertvoller Bereiche für den Naturschutz werden Vorranggebiete für den Biotopverbund sowie Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft festgelegt.
SPD und Grünen geht der Naturschutz nicht weit genug, weshalb beide Fraktionen dem Raumordnungsprogramm nicht zustimmen mochten. Der SPD-Abgeordnete Volker Kullik störte sich daran, dass die umstrittene Baustoffdeponie Haaßel im neuen RROP festgeschrieben wird. Auch hätte er sich „gewünscht, dass Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft korrigiert werden“. Doch leider seien keine Einschränkungen für große Agrarbetriebe vorgesehen, sodass es mit dem Ökolandbau im Kreis Rotenburg nicht vorangehe. Elisabeth Dembowski forderte eine Verschärfung des Trinkwasserschutzes. Ihr Grünen-Fraktionskollege Ulrich Thiart forderte ein „Ablaufdatum für bestehende Erdgasförderanlagen“. CDU-Fraktionschef Marco Prietz erwiderte, dass die Deponie in Haaßel weder durch das RROP noch durch eine Ausweisung der Fläche als Naturschutzgebiet zu verhindern sei. Dazu gebe es eindeutige Gerichtsurteile.