
Tarmstedt. Sie wollen lernen, wie man so richtig auf Plattdeutsch schimpft und streitet? Sie wundern sich, warum man sich im Norden Tag und Nacht mit „Moin“ grüßt? Sie wollen mehr über plattdeutsche Wörter in Straßennamen wissen? Falls ja, dann könnte ein Blick auf ein Plattdeutsch-Projekt des Länderzentrums für Niederdeutsch nützlich sein. Unterhaltsam ist es allemal.
„Jugend verkloort Platt“ heißt dieses Projekt, an dem rund 90 junge Menschen gearbeitet haben. Darunter eine Schülerin und drei Schüler aus der Plattdeutsch-AG der KGS Tarmstedt, die sich um „Platt in Stratennaams“ gekümmert haben. Emma Linn Müller, Fynn Wandrey und die Zwillinge Torben und Henrik Seeger haben im Internet recherchiert, aber auch regionale Straßenverzeichnisse und Nachschlagewerke zu niederdeutschen Flur- und Straßennamen genutzt.
„Wir haben überlegt, was uns für plattdeutsche Straßennamen einfallen und welche wir kennen. Anschließend haben wir eine grobe Skizze gezeichnet und die Straßennamen mit eingebracht“, so Emma Linn. Darauf finden sich auch Straßen aus Tarmstedt, beispielsweise der Dammwischkamp oder der Klönpad. Zu sehen ist auch ein Steinhaufen, an den die Straße Zum Steenshoop erinnert.
Die von den KGS-Schülern eingereichte Zeichnung hat Christianne Nölting vom Länderzentrum noch genau vor Augen. „Als Hingucker ist da ein auf der Seite stehender Stall drauf“, sagt sie, „das hat mir richtig gut gefallen, das ist für mich einer der Gänsehauterlebnisse des Projekts.“ Der Profi-Grafiker, der die Skizze behutsam für den Druck und den Internetauftritt aufbereitet hat, sei auch „ganz begeistert gewesen vom Enthusiasmus der Schüler“.
Das von der Staatsministerin für Kultur und Medien unterstützte Projekt ist für Nölting „Nachwuchsförderung auf höchstem Niveau“. Junge Menschen, so das Ziel, sollten sich auf spielerische Weise Gedanken zur niederdeutschen Sprache machen. Was heraus gekommen sei, könne sich „wirklich sehen lassen“. Die 18 Projektbeiträge sind in einer Broschüre zusammengefasst und auch über die Homepage des Länderzentrums frei verfügbar, ebenso die kurzen Videos, die zu jedem Thema erstellt wurden.
Und wie halten es die Kinder aus dem Plattdeutsch-Projekt mit dem Niederdeutschen? Torben und Henrik Seeger beispielsweise haben Plattdeutsch in der Schule gelernt, weil ihr Vater platt spricht. Ansonsten sprechen sie mit der Plattdeutsch-Lehrerin Heike Hiestermann in der Schule platt, untereinander aber „eher selten“. Ihre Mutter Christiane Seeger findet das Plattdeutsch-Angebot an der Schule „sehr gut“. Die Generation der Menschen, die mit Platt aufgewachsen sei und Hochdeutsch erst in der Schule gelernt habe, sterbe langsam aus. Darum sei es „wichtig, dass Kinder die alte Sprache lernen und dieses Wissen nicht verloren geht. Plattdeutsch gehört zu unserer Geschichte“. Sie selbst könne Plattdeutsch gut verstehen, aber es selbst zu sprechen falle ihr schwer. Emma Linn sagt, sie sei mit Plattdeutsch aufgewachsen und habe es „schon gelernt, als ich klein war“. Das ist bei Fynn genau so: „Ich spreche platt, weil ich das mit meinem Opa gesprochen habe.“ Bei Oma und Opa „auf dem Hof spreche ich regelmäßig Plattdeutsch“.
Heike Hiestermann, die zusammen mit Katja Langwich fürs Plattdeutsche an der KGS zuständig ist, steckt schon in den Vorbereitungen für den 23. plattdeutschen Lesewettbewerb an ihrer Schule. Der solle trotz Corona in diesem Jahr stattfinden. „Schülerinnen und Schüler der KGS Tarmstedt dürfen sich gerne jetzt schon melden, wenn sie mitmachen möchten. Gerne helfen wir auch bei der Auswahl der Texte“, so Hiestermann. Bei der Frage, wann denn die Plattdeutsch-AG wieder anläuft, bleibt sie in ihrem plattdeutschen Element: „Um diese Frage zu beantworten, müsste ich Spökenkieker, also Hellseher, sein. Coronabedingt sind alle AGs zurzeit ausgesetzt.“ Vielleicht ergebe sich im Zusammenhang mit dem Lesewettbewerb eine Arbeitsgruppe, die dann fortgesetzt werden könne.
Länderzentrum für Niederdeutsch
Das Länderzentrum für Niederdeutsch ist eine gemeinnützige GmbH der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit Sitz an der Contrescarpe in Bremen. Es sieht seine Aufgabe im länderübergreifenden Schutz, Erhalt und der Weiterentwicklung des Niederdeutschen und will das Wissen über das Niederdeutsche in die verschiedensten Bereiche vermitteln. Dafür berät, vernetzt und unterstützt das Länderzentrum Verbände, Vereine und Personen bei der Initiierung und Verwirklichung von Projekten. Die Aufgabenfelder der in diesem Bereich tätigen Gremien umfassen Bildung, Kirche, Pflege und Kultur.
Das Länderzentrum fördert die Einbindung der niederdeutschen Sprache in zeit- und altersgemäße Formate und bietet Workshops, Lesungen, Vorträge, Moderationen, Fortbildungen, Information, Beratung rund ums Niederdeutsche an. So wurden beispielsweise die plattdeutschen Zusätze auf den Ortsschildern von Wilstedt und Hepstedt, Wils und Heps, zuvor vom Länderzentrum geprüft.
Kontakt: per E-Mail an info(at)LzN-Bremen.de, telefonisch unter 0421/52408869 sowie unter 0151/42130622.