
Ritterhude. Der Schnelltest ist – um eine arg strapazierte Redewendung zu verwenden – in aller Munde. Bei Mitarbeitern, Besuchern und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen soll er angewendet werden, um eine Übertragung des Coronavirus zu verhindern und um Infektionsketten zu unterbrechen. Für Schulen und Kitas ist er ebenfalls im Gespräch. Und inzwischen sogar für alle Bürger versprochen: einmal wöchentlich kostenlos. „Aber für mittelständische Betriebe wird nichts getan“, sagt Horst Kammeier, Chef des Ritterhuder Unternehmens „Kammeier Multiservice“. Genau das wollen der Projektentwickler und seine Mitstreiter, Markus Berlik vom privaten Dienstleister „Laborkreis“ sowie ein in Ritterhude ansässiges Labor, das nicht namentlich genannt werden will, ändern.
Das Kernstück ihrer Idee steht an diesem Tag vor der Berliner Straße 2 in Ritterhude: ein Rettungswagen. Gebraucht. Vier Jahre alt. Von Kammeier von der Feuerwehr Lübeck gegen Gebot erworben, umgebaut und neu beklebt. Dort, wo die Transportliege ihren Platz hatte, ist nun ein hochlehniger Stuhl montiert. An der Wand davor befestigt: ein kleiner Ablagetisch. Rechter Hand ein zweiter Sitz. Eine dritte Sitzgelegenheit ist im hinteren Bereich platzsparend an der Wand zusammengeklappt. Und direkt hinter der Fahrerkabine nehmen Schrankelemente die Wand ein. Erst auf den zweiten Blick fällt noch ein Luftdesinfektionsgerät auf; ebenfalls von einer Ritterhuder Firma: BKE Health. Das Gerät sorgt für virenfreie Luft auf kleinem Raum. Extrem wichtig in dieser Pandemie, sagt Horst Kammeier. Kurz: Der ehemalige Rettungswagen ist zur mobilen Teststation umgerüstet worden.
Mit dem Spezialfahrzeug wollen die Mitarbeiter der „Laborkreis GmbH“ Firmen und Betriebe in der Region ansteuern, die ihre Mitarbeiter per Schnelltest auf das Virus prüfen lassen wollen und selbst keine geeigneten Räume dafür haben. Das Ziel: Corona-Fälle frühzeitig erkennen und so eine vorübergehende Teil- oder Komplett-Schließung des Betriebs verhindern. Ein solcher Schnelltest soll 39,50 Euro kosten. „Das ist weniger als der Lohn für eine Arbeitsstunde und allemal besser, als dass ein Betrieb in Quarantäne gehen muss“, meint Daniela Bessen vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft. Von Horst Kammeier ins Boot geholt, fungiert sie als Multiplikator. Bessen ist die Verbindung zu den Verbandsmitgliedern. „Unsere Mitglieder haben ein großes Interesse hieran“, sagt sie. In diesen Tagen nehmen die Tester ihre Arbeit auf. „Die ersten Firmen haben bereits Termine vereinbart“, bestätigt André Neuhaus vom Laborkreis. Der private Dienstleister, der in Bremen gemeldet ist und seinen ersten Standort in Oldenburg eröffnet hat, will auch in Ritterhude ein Testzentrum starten. Für jeden, der getestet werden möchte, betont Neuhaus. Beispielsweise Einzelpersonen, Familien, Freunde. Das Angebot sei unabhängig von der mobilen Teststation. Räume hat die GmbH bereits gefunden. Die Adresse: Berliner Straße 2. Bislang hat dort der Ritterhuder Bürgerbus Verein sein Büro gehabt. Künftig wird dieser „Am Großen Geeren 23“ zu finden sein. „Die neuen Räume werden gerade für uns hergerichtet“, berichtet Vereinsvorsitzender Norbert Wellbrock auf Nachfrage der Redaktion.
„Aktuell sind wir insgesamt zehn Tester“, berichtet André Neuhaus über den Laborkreis. Medizinisch geschultes Testpersonal. Sonst dürften sie keine Proben für die Corona-Tests nehmen. Wie viele Mitarbeiter an Bord des Testfahrzeugs sein werden, hinge immer von der Größe des aufzusuchenden Betriebes ab. „Bei einem Unternehmen mit 150 Mitarbeitern werden wir mit drei Testern kommen“, so Neuhaus. Im ehemaligen Rettungswagen bekommt die zu testende Person das Prozedere zunächst im Detail erklärt. Dann kommt das Stäbchen samt Wattebausch zum Einsatz, wird an den Innenseiten der Wangen des Test-Kandidaten befeuchtet und anschließend langsam und vorsichtig tief in die Nase geschoben. Quasi bis zum Anschlag. Durch mehrfaches Drehen, das die Augen tränen lässt, wird die Probe genommen. Kein Vergnügen, aber erträglich. Bis diese in einer Testflüssigkeit aufgelöste Probe auf einen Teststreifen gegeben und ausgewertet ist, vergehen weitere 15 Minuten. Ist am Ende ein Strich zu sehen, ist der Getestete gesund. Bei zwei Balken ist er infiziert.
Für Horst Kammeier steht bei diesem Projekt der Gedanke, Betrieben eine Möglichkeit anzubieten, sich selbst zu schützen, an erster Stelle. Etwas, das ihnen mehr Sicherheit in dieser Pandemie gibt. Deshalb hat er den Wagen gesponsert. Das Laborkreis-Team übernimmt indes den aktiven Part, vereinbart mit interessierten Firmen Termine, fährt sie an, macht die Schnelltests. Und sollte davon einer positiv ausfallen, kann es direkt einen PCR-Test anbieten. Das Ergebnis dieser Untersuchung liegt allerdings nicht nach wenigen Minuten, sondern nach Stunden beziehungsweise Tagen vor. Und zu guter Letzt gehört es außerdem zu den Aufgaben des medizinisch geschulten Mitarbeiter-Teams vom Laborkreis, ein positives Test-Ergebnis an die zuständige Behörde weiterzugeben. „Wer infiziert ist, muss direkt in Quarantäne; aber ob das auch passiert, können wir nicht kontrollieren“, erklärt André Neuhaus. Daher würden sie das Gesundheitsamt und den Hausarzt informieren.
Weitere Info und Anmeldungen zum mobilen Test-Angebot beim Laborkreis unter Telefon 0421/40890429 sowie über die E-Mail-Adresse: info@laborkreis.de.