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Worpswede. Der Konflikt ist so alt, wie es in Worpswede Menschen gibt, die nicht von der Landwirtschaft leben. Das Verhältnis zwischen Künstlern und Bauern war nicht immer einfach, das zwischen Landwirten und Spaziergängern ist es mitunter bis heute nicht. Das gilt besonders, wenn es um so exponierte Flächen wie rund um den Weyerberg geht. Und gerade zu dieser Jahreszeit, wenn nach der winterlichen Sperrfrist wieder gedüngt werden darf, kochen mit konstanter Regelmäßigkeit die Beschwerden über unzumutbare Geruchsbelästigungen im Künstlerdorf wieder hoch.
So ging es auch Wolfram Geffken, der täglich seine Runde über den Weyerberg dreht. In dieser Woche stellte der Worpsweder fest, dass ein Landwirt auf einer Fläche zwischen dem Fußweg vom Wasserspeicher zum Niedersachsenstein und der Lindenallee großflächig Gülle ausgefahren hatte. Der Boden war noch fest gefroren, die braune Masse lag auch mehr 24 Stunden nach dem Aufbringen noch immer unverarbeitet oben drauf und dünstete intensiv aus. Es stank zum Himmel, fand Geffken und fragte sich, ob das Handeln des Landwirts wohl im Einklang mit den entsprechenden Verordnungen stehe.
Das tut es zumindest teilweise, denn die Düngeverordnung des Landes Niedersachsen legt fest, dass ab 1. Februar wieder Gülle ausgefahren werden darf. Allerdings gibt es neben der Sperrfrist weitere Bedingungen, die zu beachten sind. Wenn Böden so durchnässt sind, dass sie keine weiteren Flüssigkeiten mehr aufnehmen können, darf ebenso wenig gegüllt werden wie bei anhaltendem Dauerfrost. Allerdings sind die Landwirte gehalten, die Flüssigkeit zeitnah in den Boden einzuarbeiten, um die Geruchsemission möglichst gering zu halten. Auf Ackerflächen gilt, dass spätestens am Tag nach dem Ausfahren die Gülle auch eingearbeitet sein soll.
Das sei grundsätzlich auch im Interesse der Bauern, sagt Kreislandwirt Stephan Warnken, für den die Problematik ebenso ein stetig wiederkehrendes Thema ist. Für sie sei die Gülle keine lästige Brühe, die es nach der langen Sperrfrist, die für Ackerflächen nach der letzten Ernte begonnen hat, loszuwerden gilt, sondern ein „hochwertiger, veredelter Nährstoff“. Einen solchen werde jeder so einsetzen, wie es für das Pflanzenwachstum optimal sei. Er formuliert das aus Sicht der Feldfrucht: „Die Pflanzen melden jetzt Bedarf an.“
Oberstes Gebot beim Güllen sei eine „gute fachliche Praxis“ und zu der gehöre es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, so Warnken, der durchaus zugibt, dass dies zuweilen auch Auslegungssache sei. Auf frostigen Böden kann die Gülle nicht einwirken, aber wenn die Flächen durch Dauerregen aufgeweicht sind, entstehen große Flurschäden durch die schweren Gespanne, die womöglich gar stecken bleiben.
Ideal sei ein Zeitpunkt wie jetzt, sagt Warnken, wo die Böden noch angefroren seien, Tauwetter aber bereits in Sicht sei. So seien die Flächen noch problemlos befahrbar und in Kürze könne gepflügt werden. Dass aufgrund des extrem feuchten Herbsts, die Landwirte auf größeren Güllemengen als sonst sitzen geblieben sein könnten und es daher jetzt mehr Druck gebe, diese abzuarbeiten, schließt Warnken aus.
Grundsätzlich aber ärgert sich der Landwirt-Vertreter über die Haltung gegenüber seinem Berufsstand. „Wir erzeugen hier Lebensmittel“, betont er, „und natürlich wollen wir möglichst gute Erträge erzielen.“ Dass es dabei zu Interessenkonflikten kommt, sei nicht neu. Trotzdem findet er es schade, dass das Ziel bäuerlichen Arbeitens bei der Bewertung oft nicht gesehen werde.
Wenn Bürger feststellen, dass sich Landwirte nicht an die Vorgaben halten, sollten sie zunächst den Dialog suchen, empfiehlt das Niedersächsische Landvolk. Sollte das Gespräch nicht fruchten, bleibe der Gang zur Landwirtschaftskammer. Am Ende wird man aber nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme weiterkommen, denn geruchsfreie Landwirtschaft kann es nicht geben. Oder, wie Stephan Warnken es etwas handfester formuliert: „Der Misthaufen hat schon immer gestunken.“
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