
Worpswede. Die etwa 80 Besucher des zweiten Konzertes im Rahmen der neunten Worpsweder Orgelfestwochen erlebten mit den renommierten Organisten Margareta Hürholz aus Köln und Roland Dopfer aus der Schweiz einen ausgesprochen kunstfertigen wie ausdrucksstarken Musiknachmittag in der Zionskirche. Und gleichsam einen mit viel Charme. Denn Johann Sebastian Bachs erstes Brandenburgisches Konzert auf der Orgel zu erleben, hat schon etwas. Wie auch die Konstellation Ludwig van Beethoven und Orgelkompositionen, die auf den ersten Blick eher ungewöhnlich anmuten mag.
Charme hatte natürlich auch die Tatsache, dass zwei Musiker auf der Orgelbank saßen und somit zu vier Händen und Füßen spielten. Was eine besondere Klangfülle und zugleich intensivere Klangfarben im Kirchenraum erzeugte. Zudem hatte die Programmfolge neben der großen Vaterfigur der Bach-Dynastie auch noch zwei von dessen Söhnen zu bieten: den wohl berühmtesten Nachkommen Carl Philipp Emanuel, auch als Berliner oder Hamburger Bach bezeichnet, und den jüngsten Johann Christian, als Mailänder oder Londoner Bach bekannt.
Doch nicht nur Bach-Söhne suchten jenseits deutscher Grenzen musikalische Herausforderungen, auch Georg Friedrich Händel wirkte an der Themse. Und mit seinem Präludium und Fuge C-Dur bescherte das Orgel-Duo den Zuhörern einen fulminanten Auftakt, der im zweiten Teil, der Fuge, besonders zarte, hohe und nahezu erzählende Flötenstimmen vernehmen ließ, in einer Art, als wollten sie sich gegenüber der Wucht der Eingangsstimmen behaupten. Das bereits erwähnte Brandenburgische Konzert dann, das im Original mit Hörnern, Holzbläsern und Streichern besetzt ist, erklang hier in der Orgelfassung nicht minder eindrucksvoll. Die bekannten und berühmten Taktfolgen ließen den Hörer fast demütig werden angesichts der möglichen Vielfalt musikalischen Ausdrucks.
Gelegentlich wird die Orgel mit einem ganzen Orchester verglichen. Und das nicht von ungefähr, denn die Vielfalt ihrer Registerstimmen kann dieses quasi imitieren. So kam das Brandenburgische Konzert auf der Ahrend-Orgel ein bisschen der orchestralen Fassung nahe. Dieses ist auch als Kompliment an das Instrument und seinen Erbauer Hendrik Ahrend zu verstehen, der an diesem Nachmittag unter den Zuhörern weilte. Ludwig van Beethoven hatte, so wie andere seiner musikalischen Zeitgenossen in Wien, für die damals sehr beliebte Flötenuhr komponiert. Die Flötenuhr war weniger ein Instrument als vielmehr ein Spielautomat, der mit Orgelpfeifen versehen war, die mechanisch von einer Stiftwalze gesteuert wurden.
Solch eine Spielautomaten-Partitur irgendwann für eine herkömmliche Orgel einzurichten, lag nahe. Und so erklang Beethovens Adagio für die Flötenuhr erstmals an diesem Nachmittag auch in Worpswede. Sehr deutlich war der Rhythmus eines Uhrwerks zu vernehmen, ebenso fantasiereiche Taktfolgen, die das Leichte und Verspielte solch eines Automaten suggerierten. Und da eine Uhr ja nur vorwärts zu gehen vermag, ließ sich der Zuhörer äußerst gerne auf dieses musikalische Ziffernblatt ein. Es war, wie eingangs schon gesagt, ein Nachmittag mit viel musikalischem Charme – und mit Kurzweil.
Zum Abschluss der Orgelfestwochen spielt am Sonntag, 15. März, ab 17 Uhr Klaus Eichhorn aus Berlin in der Zionskirche.