
Grasberg. Gut 200 Bürger folgten am Montagabend der Einladung der Dorfgemeinschaft Rautendorf, um sich über den aktuellen Stand der geplanten seismischen Messungen aufklären zu lassen. Die Deutsche Erdöl AG (DEA) will in Rautendorf nach Erdgas suchen. Für Verunsicherung im Dorf hatte das Auftreten von DEA-Mitarbeitern gesorgt, die, obwohl es noch keine Anhörung für ein seismisches Erkundungsprogramm gab, sich bereits die Erlaubnis von Grundstückseigentümern für Messungen holen wollten.
Marko Mock, ehemaliger Rautendorfer, jetzt in Dannenberg wohnhaft, vermutete hinter der Nachricht über den Besuch der Mitarbeiter des Öl- und Gasunternehmens bei Rautendorfer Grundstückseigentümern erst einmal ein Gerücht. Im Verlauf der Veranstaltung jedoch berichtete eine Anwohnerin als Betroffene. Allein die seismische Messung entlang der sich durch Rautendorf ziehenden Messlinie mache Probleme, machte Mock deutlich. Häuser könnten durch die Schallwellen der Vibro-Trucks Schaden nehmen. Er erhoffte sich von der Veranstaltung eine Signalwirkung auf die Gemeinde. „Leute können etwas bewegen“, so sein Tenor und erinnerte in dem Zusammenhang an den vor einigen Jahren aufgrund massiven Protests vom Bau einer Biogasanlage zurückgetretenen Investor. Die Idee der Infoveranstaltung sei es, Bürger wachzurütteln, so der Dannenberger. Nur in kleiner Runde wurde an diesem Abend der „Riesen-Imageschaden“ thematisiert, den die Gemeinde mit der Erdgasförderung durch Fracking erleiden könnte, wie auch der damit verbundene Wertverlust der Grundstücke.
Axel Miesner als CDU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Umweltausschusses war eingeladen worden, um über die politischen Regularien und rechtlichen Bedingungen der Erdgasförderung aufzuklären. Deutlich wurde, dass eine Erlaubnis der Flächeneigentümer zur Messung unbedingt Voraussetzung ist. „Man kann auch Nein sagen.“ Für öffentlichen Grund allerdings sehe die Sache etwas anders aus, so Miesner. Die Gemeinde dürfe einen Antrag nicht einfach ablehnen, betonte der Landtagsabgeordnete und machte damit den Spagat der Gemeinde zwischen Einhaltung des rechtlichen Rahmens und Ablehnung deutlich.
Wie Karl-Heinz Thimm bewegte viele Anwesende die Frage, inwieweit eine Zutrittsverweigerung zum Grundstück das gesamte Projekt zum Kippen bringen könne. Auch hier wurde auf die starke Signalwirkung an Gemeinde wie auch DEA verwiesen. „Trucks können Messungen nicht auf Asphalt durchführen“, so die Information.
Den Besuch der DEA-Mitarbeiter am Tage nach der Berichterstattung in der WÜMME-ZEITUNG empfanden Anwohner als Überrumpelungstaktik. Mussten in diesem Fall die Mitarbeiter noch unverrichteter Dinge das Grundstück wieder verlassen, könne es auch andere Fälle geben, wurde deutlich. Denn große Sorge bereitete den Grasbergern ein Informationsdefizit bei den Themen Erdgasförderung und Messungen. „Geht zu euren Nachbarn und redet mit ihnen“, riet die Neu-Ottersteinerin Yvonne Otto. Zur weiteren und in die Tiefe gehenden Information empfahlen Teilnehmer der Veranstaltung die NDR-Dokumentation „Die Tricks der Öl- und Gaskonzerne“.
Gegen Ende der von der Dorfgemeinschaft initiierten Infoveranstaltung löste sich so langsam die Schockstarre, in der Rautendorfer und Grasberger Bürger zu Beginn die Dorfscheune betreten hatten. Und obwohl sich die Bewohner der Grasberger Ortsteile nach eineinhalb Stunden immer noch in der „Findungsphase“ befanden, formierte sich Widerstand. Der Wille nach Gründung einer Bürgerinitiative, Unterstützung durch einen Fachanwalt und die fachliche Hilfe durch Gemeinden und Bürgerinitiativen, die sich mit dem Thema Fracking intensiv auseinandergesetzt haben, wurde laut und konkret. Für den 29. Oktober um 19.30 Uhr beraumten die Anwesenden die nächste Infoveranstaltung in der Rautendorfer Dorfscheune ein. Achim Bauer bot sich an, die Vernetzung zwischen den Fracking-Kritikern herzustellen. Eine Bürgerinitiative soll schnell gegründet und eine Info-Veranstaltung auf die Beine gestellt werden.