Weyhe/Stuhr. Einsam und verlassen steht er da, der alte Bahnhof von Erichshof. Oder etwa doch nicht? Hinter der Ruine an der Grenze zu Brinkum herrscht tatsächlich Betrieb. Vor allem auf die Gleise dort kommt wieder Bewegung. Knallgelbe Baufahrzeuge ziehen hier hin und her, Arbeiter stampfen über das Gelände, schweres Material wird abgeladen. Ein Zug wiederum ist an dem verfallenen Gebäude schon seit 2015 nicht mehr vorbeigefahren. Ein Zustand aber, der bald ein Ende haben soll. Denn die Bremen-Thedinghauser Eisenbahn (BTE) ist seit Mitte September dabei, die Strecke zwischen Leeste und Stuhrbaum wieder zu beleben (wir berichteten).
„Es ist ja Wille der Bundesregierung, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu holen“, nennt BTE-Geschäftsführer Andreas Bobka einen Gedanken hinter der Erneuerung. Aber es geht vordergründig noch um etwas anderes: Eine gewerbliche Nutzung der Trasse ist die einzige Möglichkeit, wie mit der ständig zu pflegenden Infrastruktur Geld verdient werden kann. Das war 2012 auch Hintergrund der Arbeiten in Richtung Dibbersen. In Stuhrbaum gäbe es laut Bobka mit dem Holzhandel Johann Vossmeyer einen Betrieb, der gern erneut auf Güterverkehr setzen würde. „Es gibt aber weitere Anfragen“, verrät er. Der Bahnhof Leeste, bislang einziger Anschluss ans allgemeine Schienennetz, eigne sich für viele Firmen nicht zum Be- und Entladen.
Bis sich aber die jetzige Investition von rund 1,6 Millionen Euro in die Gleise auszahlt, wird es dauern, so Bobka. „Wie wirtschaftlich das Ganze ist, muss sich über einen längeren Zeitraum zeigen. Das rentiert sich nicht innerhalb von fünf Jahren.“ Immerhin: Von den 1,1 Millionen Euro, die der erste von zwei Abschnitten kostet, werden 90 Prozent über einen Zuschuss des Bundes und der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) sowie einer Förderung für die Sanierung von öffentlichen nicht bundeseigenen Schienenwegen für den Schienengüterfernverkehr abgedeckt. Nur so ließ sich das Vorhaben finanzieren. Ein entsprechender Antrag war 2016 gestellt worden.
Besagter erster Bereich der insgesamt rund vier Kilometer soll bis Mitte oder Ende November fertig sein, der Rest bis März 2019, schätzt Bauüberwacher Heiko Schulze von der Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Einige Teilstücke sollen unangetastet bleiben, weshalb der Experte von einem komplizierten „Stückelwerk“ spricht. Sein Kollege Heinz Sielaff kann die momentan laufenden Arbeiten aber soweit eingrenzen, dass sie sich abwechselnd zwischen Brinkum und Erichshof abspielen, mit dem Umschlagplatz am dortigen Bahnhof.
Generell gilt: Bis auf jene Ausnahmen sind die alten Holzschwellen morsch, etwa 3000 Stück müssen ersetzt werden. Die Schienen sind zudem abgenutzt. Aber auch der Schotter soll größtenteils gleich mit ausgetauscht werden. Oder wie Schulze das Problem fachlich zusammenfasst: „Die Spur war nicht mehr kontrollierbar.“ Er weist auch darauf hin, dass die Strecke keineswegs stillgelegt war. „Es wurden streng genommen nur die Geschwindigkeit und die zulässige Achslast reduziert, sodass Befahren dadurch faktisch nicht mehr möglich war“, klärt er auf. Neue Betonschwellen und länger haltbare Vignolschienen sollen die Gleise jetzt verstärken, damit wieder Züge über diese rattern können.
Irgendwann auch die Linie 8? Alles, was derzeit passiere, so Andreas Bobka, geschehe völlig losgelöst von der geplanten Verlängerung bis Leeste. Wenngleich BSAG-Mann Schulze klarstellt: „Die Straßenbahn fährt auf genau so etwas.“
Pingelheini soll profitieren
Eine bereits bestehende, wesentlich unumstrittenere Bahn kann von der Streckenertüchtigung aber auch profitieren: der Pingelheini. „Auf jeden Fall würden wir umgehend jede wieder erreichbare Station anbinden, insbesondere Brinkum“, freut sich Gordon Doyen, Vorsitzender des Vereins Kleinbahn Leeste, über die bald zurückgewonnenen Möglichkeiten für den Nostalgie-Zug. Stuhrbaum indes habe wenig Fahrgastpotenzial, es fehle außerdem ein Gleis, über das die Lok an das andere Zugende umgesetzt werden könnte. Ansonsten würde „jeder Meter darüber hinaus“ helfen, irgendwann soll schließlich auch Huchting wieder bedient werden.