
Am 6. Dezember findet die Jahrestagung der Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen statt. Sie warnt vor dem unbedarften Verhalten von Jugendlichen im Internet und will Schutzmaßnahmen vorstellen.
Leichtfertig geben Kinder und Jugendliche ihr Okay, wenn sie eine neue Applikation auf ihrem Handy installieren. Die vermeintlich kostenfreien Apps verlangen Zugriffsrechte auf persönliche Kontakte, private Fotos oder auch auf den Standort des Nutzers.
Um an die angesagten Dienste zu gelangen, geben Jungen und Mädchen Informationen über sich Preis, die sie auf dem Schulhof nie verraten würden. „Die aktuelle Generation der Aufwachsenden ist so gläsern wie nie zu vor“, warnt die Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen. Bei ihrer Jahrestagung am 6. Dezember in Hannover geht es denn auch um „Big Data – der Spion in uns“.
Apps leben von den Daten ihrer Nutzer
„Viele von den vermeintlich kostenfreien Apps leben von den Daten ihrer Nutzer“, weiß Jörg Röhmann, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, der die Begrüßungsrede im Kongresszentrum halten wird, und appelliert an die Jugendlichen verantwortungsbewusst mit den neuen Medien umzugehen.
Nach Angaben der Landesstelle Jugendschutz hinterfragen junge Nutzer den Einblick in ihre privaten Daten nur selten. Selbst wenn ihre persönlichen Daten für personalisierte Werbung genutzt werden, reagieren Teenager in der Regel unbedarft. Im Zweifel freuen sie sich sogar über die zielgerichtete Ansprache. Schließlich entsprechen die angepriesenen Produkte mehr oder weniger ihrem persönlichen Geschmack.
Entsprechend groß ist die Verleitung zum Kauf. Bei kostenlosen Spiele-Apps erzielen die App-Entwickler Gewinne durch sogenannte In-App-Käufe. Um das nächste Level im Spiel zu erreichen, können die Spieler Punkte etwa in Form von Edelsteinen kaufen. „Die Erfahrung zeigt, dass es für einige Kinder und Jugendliche schwierig ist, die Kosten im Blick zu behalten“, erklärt die Referentin für Medienpädagogik bei der Landesstelle Jugendschutz, Eva Hanel.
Persönlicher Filter von Suchmaschinen
Was aber, wenn die persönlichen Daten nicht nur für die Werbung genutzt werden, sondern auch als persönlicher Filter bei der Nutzung von Suchmaschinen? Was, wenn die Filme, die sich Jugendliche auf Youtube anschauen, oder Kurznachrichten, die sie über Messengerdienste wie Whatsapp versenden, die Ergebnisse bei der Internetrecherche beeinflussen?
„Jugendliche werden in ihrer persönlichen Filterblase fortlaufend in ihrem früheren Verhalten und ihren vorgefassten Meinungen bestärkt“, sagt Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg, der als Gastredner bei der Jahrestagung erwartet wird. Der Experte fordert Bildungseinrichtungen dazu auf, Jugendliche zu motivieren, die ihnen angezeigten Inhalte im Internet kritisch zu reflektieren.
Um Mädchen und Jungen besser auf die digitale Welt vorzubereiten, stellt Petra Grimm von der Hochschule für Medien in Stuttgart eine „medienethische Roadmap“ vor, die von der EU-Initiative „Klicksafe“ für mehr Sicherheit im Internet entwickelt wurde. Die „Roadmap“ soll das Bewusstsein für Privatheit bei Kindern und Jugendlichen schärfen, ihnen die Dynamik des Datensammelns verdeutlichen, damit sie schließlich eine ethische Haltung zu ihrem eigenen Mediennutzungsverhalten entwickeln können.
Stärkung der Medienkompetenz
Die Referentin für Medienpädagogik an der Landesstelle Jugendschutz in Hannover, Eva Hanel, sieht denn auch in der Stärkung der Medienkompetenz den Schlüssel für den Schutz privater Daten von Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus seien aber auch regulatorische Schritte nötig.
Hanel: „In der Jugendphase ist es wichtig, sich zu orientieren und neue Rollen auszuprobieren – das darf aber nicht dazu führen, dass Mädchen und Jungen frühere Posts, Kommentare oder Bilder nicht löschen können... Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, dass ihre Daten nicht lebenslang gespeichert werden.“ Wie sich dieses Recht in der Praxis durchsetzen lässt, wird auch Thema der Fachtagung in Hannover sein. Hanel: „Da sind die Anbieter und die Politik gefragt.“
Tatsächlich gibt es inzwischen Smartphones, deren Software eine persönliche Verwaltung der Rechte für Applikationen ermöglicht. Kinder dürften damit zumeist überfordert sein und sind auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen. Teenagern hingegen fehlt oft die Information über diese Möglichkeit, ihre Privatsphäre zu schützen, indem sie einzelnen Apps den Zugriff auf ihre Daten verweigern oder erlauben. Die Landesstelle Jugendschutz wendet sich mit ihrem Engagement zur Medienkompetenz denn auch an Eltern und Lehrer als Multiplikatoren.
Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte
Sie bietet Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte an, aber auch Vorträge an Schulen. Das Projekt „Hauptsache Action“ der Landesstelle richtet sich hingegen direkt an Kinder und Jugendliche. Dabei geht es um die Faszination von Computerspielen und die Wirkung von Gewaltdarstellungen. Das Angebot „Trickfilmchen“ richtet sich an Kinder in Kindergärten und Grundschulen. Während die Kinder einen Trickfilm herstellen, werden die Eltern über die Wirkung von Medien informiert.
Die niedersächsische Landesregierung hat in den vergangen zwölf Jahren gemeinsam mit Schulträgern und Wirtschaft 120 Millionen Euro in die Ausstattung der Schulen mit neuen Medien investiert. Inzwischen ist die Medienbildung in den Lehrplänen verankert, also fester, fächerübergreifender Bestandteil des Unterrichts.
Im Projekt „mobiles lernen 21“ arbeiten schon heute 12.000 Schülerinnen und Schüler an niedersächsischen Schulen mit von Eltern finanzierten Tablets. Mittelfristig soll an allen weiterführenden Schulen mit mobilen Endgeräten gearbeitet werden.
Erst vor Kurzem hat Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) die niedersächsische Bildungscloud freigeschaltet. Damit alle einen Zugang zur digitalen Bildung bekommen, betont die Ministerin, dass auch mit kostengünstigen Geräten in der Cloud gearbeitet werden kann. Das „virtuelle Klassenzimmer“ bietet Lernplattformen und Lernsoftware sowie Netzwerke zum gemeinsamen Lernen an.
Nur weil ein paar Schlagzeilen einen solchen Eindruck entsteht lassen?
Oder weil irgendwo Twitter ...