
Allein für 2010 soll das Defizit der kommunalen Kliniken 2,5 Millionen Euro betragen. Und das, obwohl sich die Auslastung der Häuser verbessert habe, so Bohlmann. "Das ist schon paradox: Wir tun alles, um die Attraktivität der Kliniken zu steigern, und trotzdem erhöhen sich die Verluste", räumt der Landrat Peter Bohlmann ein. Tatsächlich seien die Erlöse in den vergangenen vier Jahren gestiegen.
Grund für diesen Widerspruch seien die Strukturen des Gesundheitswesens. So führe der anhaltende Ärztemangel dazu, dass Honorarärzte die Lücken schließen müssten. Die seien sehr teuer. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber die Honorierung der stationären Leistungen bis 2013 gedeckelt habe. "Leistungen werden von den Krankenkassen teilweise gar nicht mehr bezahlt, die Kosten bleiben an den Trägern der Krankenhäuser hängen", erklärt Bohlmann.
Anders als früher soll der Millionenverlust nicht mehr durch eine Überweisung aus der Kreiskasse ausgebügelt werden. "Die letzten Zuschüsse gab es 2007. Ich gehe davon aus, dass es dabei bleibt", betont Bohlmann auf Anfrage. Das Defizit der Aller-Weser-Klinik werde auf andere Weise gedeckt: erstens mit Hilfe eines "Gesellschafter-Darlehens" des Landkreises, zu dessen Höhe Bohlmann nichts sagen wollte, und zweitens durch Bürgschaften aller drei kommunalen Alteigentümer, den Städten Verden und Achim sowie des Landkreises. Auch zur Höhe der Bürgschaften sagte Bohlmann nichts. Ohnehin sei der Jahresabschluss noch nicht testiert.
"Lage nicht bedrohlich"
Trotz der Millionenlöcher im Klinikhaushalt sei die Lage der Krankenhäuser "nicht bedrohlich", unterstreicht Bohlmann. Sein Argument: "Sonst wäre die Diakonie Rotenburg nicht als vierter Gesellschafter eingestiegen." Die verfolgte Strategie einer engeren Zusammenarbeit mit dem Rotenbuger Diakonie-Krankenhaus sei richtig. "Durch die Nähe zur Rotenburger Klinik haben wir Vorteile, was die Gewinnung von Ärzten angeht", sagt Bohlmann.
Dass durch die enge Anbindung an Rotenburg die Krankenhäuser Verden und Achim eines Tages zu reinen "Annahmestationen" für das große Diakoniekrankenhaus herabgestuft werden, glaubt Bohlmann nicht. Die Bedeutung der beiden Krankenhausstandorte im Kreis Verden werde sogar zunehmen. "Würden die Rotenburger sonst in Verden eine neue Strahlentherapie für fünf Millionen Euro bauen?" Es gehe schlicht darum, das Leistungsspektrum besser zwischen Achim, Verden und Rotenburg abzustimmen.
Wie berichtet, ist zum 1. Januar das Rotenburger Diakonissen-Mutterhaus als neuer Gesellschafter in die Aller-Weser-Klinik gGmbH eingestiegen. Das vom Landkreis Verden sowie den Städten Verden und Achim gehaltene Stammkapital von 900000 Euro wurde dadurch auf 1,22 Millionen Euro erhöht. Ihren Geschäftsanteil von 320000 Euro lassen sich die Rotenburger 3,6 Millionen Euro kosten, die sie in die Gesellschaft einzahlen. Ihr Anteil am Stammkapital beträgt 26,23 Prozent, während die Alt-Anteilseigner mit jeweils 24,6 Prozent dabei sind. Durch diese "Schachtelquote", so Landrat Peter Bohlmann, bekomme die Diakonie praktisch ein Vetorecht bei Entscheidungen, für die eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich sei. Dies käme beispielsweise zum Tragen, wenn bei Verlusten über einen "Nachschuss" diskutiert würde. Den Defizitausgleich müssten nämlich laut Vertrag die Diakonie und der Landkreis leisten.
Bei ganz wichtigen Entscheidungen - etwa, wenn es um den Verkauf von Anteilen geht - müssten ohnehin alle Gesellschafter zustimmen, so Bohlmann. Dadurch werde die kommunale Trägerschaft der Krankenhäuser Verden und Achim langfristig gesichert, was auch im Sinne der Beschäftigten sei.