
Vor einigen Monaten kamen noch reichlich Bewerbungen, wenn die Regio-Volkshochschule (VHS) Ganderkesee-Hude die Stelle einer Sprachlehrkraft für Flüchtlinge ausschrieb. Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Seit Juli sei zudem das Gehalt von freiberuflichen Kräften in diesem Feld bundesweit festgelegt, erklärt Andreas Lembeck, der Programmbereichsleiter der Regio-VHS.
35 Euro stünden nun den Lehrern für jede Stunde Deutschunterricht zu. „Jetzt geht bei vielen das große Rechnen los“, stellt Lembeck fest, denn die Bewerber wollten wissen, was lukrativer für sie ist: Eine Vollzeitstelle oder das Unterrichten als freie Kraft.
Obgleich derzeit nur eine feste Stelle ausgeschrieben ist, ist Lembeck nicht wählerisch. „Ich suche alles“, sagt er. „Wenn die Qualifikation stimmt, dann nehmen wir auch Freie.“ Derzeit lehren bei der Regio-VHS drei Kräfte Deutsch als Fremdsprache. Eine Zahl, die in Zukunft steigen müsse.
40 Menschen warten
Im Landkreis Oldenburg warteten derzeit gut 40 Frauen und Männer auf einen Alphabetisierungskurs, schätzt Lembeck. Wobei der Begriff „Alphabetisierung“ dem Kontext nicht gerecht werde. „Sie sind keine primären Analphabeten, sondern Zweitschriftlerner.“ Für Flüchtlinge aus dem arabischen Raum stelle neben der neu zu erlernenden Sprache auch die lateinische Schrift eine besondere Herausforderung dar.
Perspektivisch müssten drei weitere Kurse eingerichtet werden, denn maximal 15 Menschen dürfen in einem jeden teilnehmen. „Das ist kein Problem, das nur wir haben“, erklärt Lembeck. Den meisten Anbietern ginge es momentan so.
Hohe Lernbereitschaft
Seit dem 12. Juli laufe zudem ein erster Integrationskurs in den Räumen der Regio-VHS in Bookholzberg. Dieser setze sich aus sechs Modulen zusammen, die mit dem Sprachniveau B1 enden. Bis Anfang 2018 würde die Gruppe mit 20 bis 25 Teilnehmern nun zwanzig Stunden pro Woche die Schulbank drücken.
Mehr ginge auch nicht, ist Lembeck überzeugt. „Nach vier Unterrichtsstunden sind die Köpfe voll.“ Außerdem würden sie am Nachmittag das Gelernte noch einmal für sich wiederholen. „Viele wollen so schnell wie möglich Arbeit finden“, sagt Andreas Lembeck über die Flüchtlinge, die er kennt. Daher käme wohl auch die hohe Motivation, die die Teilnehmer mehrheitlich an den Tag legten.
Mangel an Räumlichkeiten
Mit dem bestandenen Integrationskurs sollen die Absolventen genug Deutsch sprechen, um sich einer Berufsausbildung stellen zu können. Doch Lembeck sieht das kritisch. Die Praxis sei zwar kein Problem, doch in der Schule seien die Migranten doppelt benachteiligt. Denn zum einen täten sie sich mit der Sprache schwer, zum anderen fehle es ihnen auch an Kenntnissen, die vorausgesetzt werden. Als Beispiel nennt er das Wissen über die Rolle der Gewerkschaften und das deutsche Sozialsystem.
In der kommenden Woche soll ein weiterer Kurs in Bookholzberg beginnen. Mitte August folgt ein dritter. Es würden nun zügig mehr, weil die Nachfrage sehr groß sei. Bis September, hofft Lembeck, sechs parallel laufende Kurse im Angebot zu haben. „Wir würden gerne auch mehr machen“, versichert er, doch dabei seien neben dem Mangel an Lehrkräften auch die fehlenden Räume ein Problem. „Das ist momentan unsere größte Herausforderung“, stellt Lembeck fest.
Normalerweise sei die VHS räumlich auf Gruppen von maximal 15 Personen eingestellt, die Integrationskurse seien jedoch häufig größer.
Neue Fahrzeiten sollen Anfahrt erleichtern
Ab August soll auch die Anfahrt zu den Kursen erleichtert werden. Denn viele der Teilnehmer kommen aus den verschiedenen Ortschaften Ganderkesees oder sogar aus Hude. Im kleinen Bürgerbus wurde es dann oft eng, nun solle ein größeres Gefährt eingesetzt werden. Allgemein richte sich in der ländlichen Gegend der Rhythmus vermehrt nach den Fahrzeiten des öffentlichen Nahverkehrs.
Auch in Rethorn sei ein Alphabetisierungskurs in Planung. Dort könne allerdings nur ein Vormittagskurs angeboten werden, denn die Teilnehmer müssten auch dorthin per Bus vorfahren. Da der Fahrbetrieb bereits am Nachmittag endet, bestünde für die Besucher eines solchen Kurses keine Möglichkeit mehr, nach Hause zu fahren.