
Bremen. Der mutmaßliche Serienmörder Martin N., der die Tötung von drei Jungen gestanden hat, hat früher offenbar auch Pflegekinder betreut. Nach Angaben ehemaliger Nachbarn habe N. Ende der 90er Jahre wiederholt "etwa 10 bis 15 Jahre alte Pflegekinder" in seiner damaligen Souterrainwohnung in Bremen-Neustadt bei sich aufgenommen, berichtete am Samstag das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Die Kinder hätten aus sozial benachteiligten Familien gestammt und seien zur vorübergehenden Betreuung an N. vermittelt worden. Ob die Angaben zutreffen und, falls ja, wer für die Vermittlung der Kinder an den offenbar pädophilen N. verantwortlich war, werde derzeit in der Bremer Sozialbehörde geprüft.
Deren Sprecherin Petra Kodré ist über „eine solche Überprüfung oder ein Ersuchen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Fall Dennis nichts bekannt“, wie sie dem WESER-KURIER auf Nachfrage mitteilte. „Ich halte es außerdem für extrem unwahrscheinlich, dass einem alleinstehenden Mann Pflegekinder vermittelt wurden, auch nicht zur übergangsweisen Betreuung.“ Die Ermittler in Verden wollen die Meldungen nicht weiter kommentieren: „Wir können das aus ermittlungstaktischen Gründen weder bestätigen noch dementieren“, sagte Polizeisprecher Jürgen Menzel am Sonnabend auf Nachfrage. „Fakt ist: Nach den Informationen, die wir jetzt aktuell haben und die sich womöglich noch ergeben, haben wir in den nächsten Wochen und Monaten noch sehr viel Arbeit vor uns.“
Bremer Pädagoge gesteht drei Morde
Zehn Jahren nach dem Mord an dem neunjährigen Dennis aus Osterholz-Scharmbeck hat die Polizei einen 40-Jährigen in Hamburg festgenommen, der die Tat und zwei weitere Morde an Kindern gestanden hat. Der Pädagoge und Jugendbetreuer kommt ursprünglich aus Bremen.
Die Polizei hat keine Zweifel, dass der gefasste Mann der Mörder von Dennis ist. Bei der Vernehmung habe der Tatverdächtige "exklusives Täterwissen preis gegeben", sagte ein Polizeisprecher. Neben dem Mord an Dennis hat er gestanden, noch zwei weitere Jungen getötet zu haben, die Ermittler prüfen nun, ob ihm noch weitere Taten anzulasten sind. Das Amtsgericht Stade hat Haftbefehl erlassen.
Wie der WESER-KURIER bereits im Vorfeld der Pressekonferenz erfuhr, handelte es sich bei dem gebürtigen Bremer, der seit zehn in Jahren in Hamburg lebte, um einen Sozialarbeiter: Er hatte auf Lehramt studiert, war als Pädagoge und Jugendbetreuer tätig und arbeitete vor seiner Verhaftung in der Erwachsenenbildung. Er lebte seit 21 Jahren alleine und unterstand laut Polizei geringer sozialer Kontrolle.
Menschen, die Martin N. kannten, bezeichnen ihn als freundlich, hilfsbereit, sozial unauffällig, intelligent und akkurat. "Im Prinzip hat er vermutlich auch eher eine Art doppelte Buchführung betrieben", sagt Profiler Alexander Horn. Damit entspricht er dem Täterprofil, das die Ermittler entworfen hatten.
Martin N. war polizeilich als Sexualtäter aktenkundig. Auch im Zuge der Ermittlungen zum Mordfall Dennis hatte ihn die Polizei bereits im Jahr 2007 im Visier, konnte ihm die Taten jedoch nicht nachweisen.
Fast zehn Jahre nach der grausamen Tat war die Soko Dennis Anfang Februar mit einer neuen Zeugenaussage zum Fahrzeug des Täters an die Öffentlichkeit gegangen, rund 1000 Hinweise gingen laut Polizei daraufhin ein - sowohl zu Personen wie auch zum Fahrzeug.
Durch neue Zeugenausagen konnte der Tatverdächtige nun überführt werden. Involviert in die Aufklärung war offenbar ein Opfer des Sexualtäters, das diesen aus einem Jugendlager als Betreuer kannte.
Martin N. räumte ein, den neunjährigen Dennis Klein aus Osterholz-Scharmbeck entführt und getötet zu haben. Der Junge war im September 2001 aus dem Schullandheim Wulsbüttel (Kreis Cuxhaven) verschwunden und 14 Tage später in der Nähe von Kirchtimke im Kreis Rotenburg ermordet aufgefunden worden.
Bei der Vernehmung gestand Martin N. auch Stefan Jahr getötet zu haben. Der 13-Jährige war in der Nacht zum 31. März 1992 aus einem Internat in Scheeßel verschwunden. Anfang Mai wurde die gefesselte Leiche in den Verdener Dünen vergraben entdeckt.
Außerdem räumte Martin N. ein, auch den achtjährigen Dennis Rostel getötet zu haben. Dieser war 1995 aus dem einsam gelegenen Ferienzeltlager Selker Noor bei Schleswig verschwunden. Zwei Wochen später wurde er ermordet und vergraben in einer Düne bei Skive/Holstebro in Dänemark gefunden.
Außerdem hat er gestanden, mehrere Jungen missbraucht zu haben. In ihrem Fahndungsaufruf vom Februar ordnete die Polizei dem Mörder von Dennis zudem zwei weitere Morde mit ähnlichem Tatverlauf zu. So verschwand 1998 der elfjährige Nicky V. unter nicht geklärten Umständen aus einem Zeltlager bei Brunssum (Niederlande) in der Nähe von Aachen. Einen Tag später wurde die Leiche des Jungen in einer Fichtenschonung gefunden.
2004 verschwand der 11-jährige Schüler Jonathan aus einem Schullandheim im Ferienort Saint-Brevin-les-Pins in Westfrankreich. Im Mai wird er etwa 30 Kilometer entfernt in einem Teich bei Guerande im Department Loire-Atlantique tot aufgefunden.
Die weiteren Ermittlungen sollen nun Aufschluss darüber geben, ob Martin N. auch für diese Taten verantwortlich ist.
(sad/jop/het/dpa)
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