
„Halt, stopp!“ Joy tritt einen Schritt zurück, schaut ihr Gegenüber mit festem Blick an und streckt ihm abwehrend ihre Arme entgegen. Mit dieser Haltung soll ein Angreifer gebremst und von jedem Übergriff abgehalten werden. Joy nutzt hier die Technik des Wing Tsun, einer chinesischen Selbstverteidigungsdisziplin. Sifu Amin Zeidan hatte Kinder im Rahmen des Ferienspaßes in seine Wing Tsun-Schule in Adolphsdorf eingeladen. Dort gab er den Mädchen und Jungen einen Einblick in die Form der Selbstverteidigung, bei der sich die Kraft des Gegners gegen ihn selber wenden soll.
13 Kinder waren gekommen und begannen zunächst mit den Grundübungen, die darin bestehen, schon durch die Körpersprache zu signalisierten, dass „man keinen Ärger will“ und dann den angreifenden Gegner einfach stehen lässt. Ziel des Wing Tsun ist es, Kindern – und auch Erwachsenen – ein Körpergefühl zu vermitteln, durch das man sich seiner selbst und der eigenen natürlichen Stärken bewusst wird.
Gerade für die Kinder sei es wichtig, so Zeidan, Motorik und Körpergefühl spielerisch zu verbessern, da sie es heute im Alltag sehr häufig mit Gewalt zu tun haben. Darum wurden dann auch die Kraft von Stimme und Faust geprobt. Jeder durfte einige Male kräftig auf eine Pratze hauen und dabei „Stopp“ rufen. „Eure Stimme muss man überall hören“, feuerte der Trainer die Kinder an.
Und wäre es ein Ernstfall gewesen, hätte man diese Stimmen wirklich in einem weiten Radius vernommen. In einer Notsituation auf sich aufmerksam zu machen, ist erst einmal für Kinder die wichtigste Sofortmaßnahme. Notfalls, so Zeidan, dürften sie sich durch Stöße mit der Handfläche retten, „Ansonsten sollten Kinder sich nicht auf einen direkten Kampf einlassen.“
Wing Tsun stammt aus dem Kantonesischen und heißt soviel wie „schöner Frühling“. Die Verteidigungskunst wurde von einer Frau für Frauen entwickelt, erläuterte Zeidan. Einer von mehreren Legenden nach entwickelte vor etwa 300 Jahren die buddhistische Nonne Ng Mui aus traditionellen Kriegskünsten ein individuelles Selbstverteidigungssystem. Wichtig bei diesem System ist die Körpersprache. „Schon eine selbstbewusste Haltung soll dem Gegner signalisieren, dass man kein Opfer ist“, erklärt Zeidan. Mit möglichst wenig Körperkraft soll der Stärkere besiegt werden. Die Chinesen achteten stets auch auf den gesundheitlichen Nutzen der ausgefeilten Bewegungen. Sie gaben ihre Philosophie der Selbstverteidigung über Generationen weiter.
In Europa hat man die Methode in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Psychologen, Ergotherapeuten und der Polizei den hiesigen Bedürfnissen angepasst. „Neben der direkten Selbstverteidigung werden in meinen Kursen auch Werte wie Zielstrebigkeit, Höflichkeit und soziale Kompetenzen vermittelt. Die Kinder bekommen dazu auch entsprechende Hausaufgaben“, beschreibt Sifu Amin Zeidan das Prinzip seiner Arbeit.
Bei der Ferienspaßaktion sollten die Kinder erst einmal einen Eindruck von der Methode bekommen. Dabei lernten sie außer der Abwehrhaltung auch, wie man sich befreien kann, wenn man von dem Angreifer festgehalten wird. Umfasst dieser die Handgelenke, kann man sich ohne Kraftaufwand durch eine Rotationsbewegung des Körpers befreien.
Der Selbsttest ist damit deutlich günstiger als der Schnelltest in den Testzentren, Apotheken und Arztpraxen, hat aber eine ...