
Die Atomkraftgegner im Wendland rüsten sich für einen neuerlichen Protesttag. Am 22. Mai bleiben die mehr als 200 Ausstellungsorte der von Himmelfahrt bis Pfingsten laufenden „Kulturellen Landpartie“ geschlossen, stattdessen wollen sich Künstler und Besucher an den Gorlebener Atomanlagen zu einer „kulturellen Widerstands-Party“ treffen. Die Umweltschützer sind in Sorge, dass die vor zwei Jahren neu eröffnete Suche nach einem Endlager für den hoch radioaktiven Atommüll am Ende doch wieder auf Gorleben hinaus läuft.
Zwar wurde die Erkundung des Salzstocks im vergangenen Jahr eingestellt und dem Bergwerk ein sogenannter „Offenhaltungsbetrieb“ verordnet – lediglich die beiden ins Salz getriebenen Schächte und ein Verbindungsstollen bleiben erhalten. Der untertägige Besucherverkehr wird eingestellt, der Sicherheitszaun um das Gelände zurückgebaut. Ende März jedoch beschloss das Bundeskabinett auf Vorschlag von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die Veränderungssperre für Gorleben um zehn Jahre verlängern.
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Diese Verordnung war 2005 erstmals erlassen worden und läuft im August aus. Sie untersagt unterhalb einer Tiefe von 50 Metern „die Standorterkundung erschwerende Veränderungen im Untergrund“, also Nutzungen des Salzstocks, die mit dem Bau eines Endlagers unvereinbar sind. Die Veränderungssperre gilt nur für den Salzstock im Wendland, nicht aber für andere potenzielle Standorte. Die Bürgerinitiativen und Umweltverbände sehen Gorleben ungeachtet des proklamierten Neustarts der Endlagersuche auf einer „weißen Landkarte“ deshalb nun doch wieder in der Favoritenrolle für die geplante Atommülllagerstätte.
Schützenhilfe erhalten sie von Niedersachsen. „Wir lehnen eine isolierte Regelung zum Nachteil Gorlebens ab“, sagt Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). Das Bundesland setze sich für eine Gleichbehandlung aller in Frage kommenden Endlagerstandorte ein, eine Veränderungssperre allein für Gorleben sei überflüssig und „Gift für den weiteren Verhandlungsprozess und die Vertrauensbildung vor Ort.“
Am Montag befasste sich eine Arbeitsgruppe der vom Bundestag eingesetzten Endlager-Kommission mit der Veränderungssperre. Einen Beschluss gab es nicht, auch weil die Kommission und ihre Untergruppen mehr oder weniger paritätisch mit Befürwortern und Gegnern eines Endlagers in Gorleben zusammengesetzt sind. Man vertagte sich stattdessen auf den 20. April. Dann will das Gremium prüfen, ob statt der Veränderungssperre eine Novellierung des Bundesberggesetzes in Betracht kommt. Die würde Gorleben einerseits als möglichen Endlager-Standort sichern, zum anderen aber eine Gleichbehandlung mit anderen Standorten ermöglichen.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg betrachte diese Gedankenspiele mit anhaltendem Argwohn. „Alle Vorschläge laufen darauf hinaus, Gorleben als möglichen Endlagerstandort zu erhalten“, sagt Sprecher Wolfgang Ehmke. Die Initiative richte ihr Augenmerk nun auf den Bundesrat, der voraussichtlich am 8. Mai über die Verlängerung der Sperre entscheiden muss. Die Sitzung der Länderkammer werde „der Lackmus-Test für die Länder, die von den Grünen mitregiert werden.“