
"Akademie der Sehnsucht" heißt das neue Programm des Sebastian Krämer. "Und da Sehnsucht nicht wirklich auf ihre Befriedigung hinarbeitet", so der musikalisch begabte Komödiant, fragte er das Publikum, wer denn Goethes "Faust" kenne und schon gesehen habe? Und wartet, wartet nicht nur ein Weilchen. Lange äußert sich niemand aus dem Publikum, ehe eine Dame ruft: "Lüg' doch mal einer." Und dann endlich bekennt sich jemand, den "Urfaust" im Radio gehört zu haben. So entsteht an diesem Sonnabendabend ein Dialog, eine Verbindung - Sympathie.
"Die ,Frankfurter Allgemeine' hat über mich geschrieben: ,Sebastian Krämer braucht nur zehn Minuten, um das Warten auf eine Pointe ins Unendliche zu steigern", mokierte sich der Kabarettist. Kabarettist? Oder Chansonnier? Chanson sei nur ein anderes Wort für Popmusik unter schlechten Produktionsbedingungen und Kabarett werde mehr und mehr zur Selbsthilfegruppe für anonyme SPD-Mitglieder, charakterisiert Krämer selbstironisch und schießt weitere spitze Pfeile gegen vermeintliche Intellektuelle, Satanisten, Deutschlehrer.
Geradezu heftig attackiert er das Piano, als er sein schon populäres Lied "Deutschlehrer" ins Publikum schmettert und gnadenlos mit ihnen abrechnet, da sie unterlassen hätten, die Rechtschreibreform zu verhindern. "Die Gespräche der Krähen" , ein anderes Stück, versetzte die Besucher in einen Zustand konzentrierten Zuhörens zur phantasiereichen Melodie - eine gesanglich schön bebilderte Hommage an die 80er-Jahre ist das Stück über die Dekospringspirale "Treppenläufer", dem Erwachsenenspielzeug dieser Zeit.
Beim "christlichen" Lied über Satanisten explodierte er dann wieder voller Leidenschaft, um so das Publikum aus einer (möglichen) Lethargie zu reißen und anschließend direkt in die Pause zu verabschieden.
Der Abend ging weiter mit Liedern, deren Melodie und Worte schneller, höher und weiter werden. Virtuose Akkord- und Stimmungswechsel, getragen von Krämers modulationsreicher, zum Teil im Falsett singender Stimme, faszinierten das Publikum auch im zweiten Teil, den er mit dem "Bremen-Lied" eröffnet, das dann von Jens und Darmstadt handelt. Auch erfährt der Zuhörer Biographisches: Krämers Vater ist Gymnasiallehrer und Krämer selbst beweist komödiantisches Talent, als er Szenen aus dem Hause Krämer karikierte. Und das Publikum soll das Thema des nächsten Liedes vorgeben. Aus Vorschlägen wie Männer, Gummistopfen und Fußballerinnen wählte Krämer "Hamster" und verblüffte einmal mehr alle Anwesenden.
Als der Abend mit viel Applaus und einer Zugabe endete, konnten sich viele nur so schwer trennen, dass sie unbedingt eine CD mitnehmen müssen, um weiter darüber zu rätseln, was er denn nun ist, der Sebastian Krämer: Kabarettist, Chansonier, Liedermacher, Wortakrobat, Sprachartist, Pianist?