
„Das ist eine große Überraschung“, sagte Matthias Krallmann nach den Spielen der dritten und vierten Runde in der Schach-Bundesliga. Der Trainer von Werder Bremen meint die aktuelle Tabellensituation der obersten Spielklasse. Denn nach den Erfolgen über SV Mülheim-Nord und SK Solingen stehen die Grün-Weißen gemeinsam mit dem Serienmeister aus Baden-Baden an der Spitze.
Mülheim ist der Vize-Meister der vergangenen zwei Jahre und stellt auch in dieser Saison ähnliche Ansprüche. Das ist allein am Kader zu erkennen, der wie bei Solingen ausschließlich aus Profis besteht. Ganz anders Werder Bremen: Die Grün-Weißen haben sich von dem lang gehegten Ziel, mal den Meistertitel zu holen, entfernt und setzen nun vornehmlich auf die Jugend.
Matthias Blübaum ist ein Beispiel dafür. Erst kürzlich stieg der 17-Jährige in den Rang des Großmeisters auf. Mit fünf aufeinanderfolgenden Siegen und Remis gegen starke Großmeister, erfüllte er die dritte und letzte Norm mit Leichtigkeit. Das Talent in den Reihen der Werderaner ist damit der jüngste Großmeister Deutschlands. Auch gegen Mülheim zeigte er seine Klasse und gewann seine Partie gegen den Großmeister Alexander Berelowitsch. Nach vier Spielen weist Matthias Blübaum eine bemerkenswerte Statistik von 3,5 Zählern auf.
Das ansehnlichste Spiel des Tages bot aber Zahar Efimenko. Der Bremer hielt die weißen Steine gegen den deutschen Nationalspieler Daniel Fridman. Nach der französischen Verteidigung gestaltete sich viel Angriffsfläche auf dem Königsflügel, den Efimenko geschickt für sich zu nutzen wusste. Unter Bedrängnis tauschte Fridman seine Dame gegen die Türme Efimenkos. Mit dem Materialvorteil konnte der Bremer viel Druck ausüben und seinen Gegner schließlich zur Aufgabe bringen.
Der 4,5:3,5-Erfolg über den SV Mülheim-Nord hätte am Ende sogar noch deutlicher ausfallen können, da Kapitän Gennadij Fish und Spitzenspieler Luke McShane ihre Partien unnötig verloren. McShane geriet in ein Endspiel, in dem er auf dem Damenflügel einen Freibauern nicht verhindern konnte – und das trotz eigenem Mehrbauern. Gegen den Weltranglisten-Zehnten Maxime Vachier-Lagrave wäre ein Remis mehr als möglich gewesen.
Tags darauf traf Werder auf SK Solingen, den Europapokal-Fünften der letzten Spielzeit. Beim 5:3-Erfolg gewann neben McShane und Edouard, die an Brett eins und zwei gesetzt sind, auch David Smerdon. Der Australier war für Gennadij Fish ins Team gerückt, „um ein Überraschungsmoment zu haben“, sagte Trainer Matthias Krallmann. Nach einer materiell gesehen ausgeglichenen Partie und einem starken Königsangriff konnte Smerdon seine g- und d-Bauern im Zusammenspiel mit seinem verbliebenen Turm so platzieren, dass seinem Gegner Alexander Naumann nur noch die Aufgabe blieb. So gewann Werders Neuzugang diese italienische Partie mit Weiß schon nach 29 Zügen.
Vor der Saison war das ausgegebene Ziel der Bremer der sechste Platz. Die Profi-Teams aus Baden-Baden, Schwäbisch Hall, Solingen und Mülheim schienen zu übermächtig, als dass Teams mit Amateurspielern ihnen nahe kommen könnten. Werder Bremen bewies mit den beiden Siegen eindrucksvoll das Gegenteil. Trotz der Überraschungserfolge gibt sich Krallmann bescheiden: „Wir schrauben unsere Ziele nach oben. Der fünfte Platz ist möglich.“
Werder Bremen - SV Mülheim-Nord 4,5:3,5
McShane - Vachier-Lagrave 0:1; Edouard - Landa 0,5:0,5; Efimenko - Fridmann 1:0; Nyback - Potkin 0,5:0,5; Blübaum - Berelowitsch 1:0; Markgraf - Hausrath 1:0; Meins - Feygin 0,5:0,5; Fish - Saltaev 0:1
Werder Bremen - SK Solingen 5:3
McShane - Ragger 1:0; Edouard - L’Ami 1:0; Efimenko - Sandipan 0:1; Nyback - Jussupow 0,5:0,5; Blübaum - Nikolic 0,5:0,5; Smerdon - Naumann 1:0, Markgraf - Handke 0,5:0,5; Meins - Appel 0,5:0,5
Noch nicht registriert? Jetzt kostenlos registrieren »