
Natürlich sei er traurig und ein Stück weit niederschlagen. Das bleibe ja auch gar nicht aus, sagt Norbert Specker. Zum ersten Mal in der 35-jährigen Geschichte des International Judo-Masters Bremen musste das Turnier abgesagt werden. An diesem Wochenende hätten sich eigentlich in Halle 7 auf der Bürgerweide rund 800 Judoka in den Altersklassen U 18 und U 21 messen sollen, doch das Coronavirus machte dem Organisator einen Strich durch die Rechnung. Das Bremer Ordnungsamt hatte vor knapp einer Woche verfügt, dass Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abzusagen sind. „Bei allem Verständnis für die richtige Entscheidung, aber freiwillig sagst du das Turnier nicht ab“, sagt Norbert Specker. Bevor Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die entsprechende Empfehlung aussprach, waren bei dem Organisator des Bremer Turniers noch immer Anmeldungen eingegangen.
Doch alle Hoffnungen, das Turnier womöglich doch ausrichten zu können, waren umsonst. Inzwischen ist sogar der gesamte Sportbetrieb in Bremen eingestellt. Der einzige Trost: Norbert Specker habe weit über 150 Mails von Sportlern erhalten, die schrieben, wie schwer es ihnen falle, nicht nach Bremen kommen zu können. „Von diesen Reaktionen bin ich überwältigt. Das zeigt uns, wie sehr die Sportler an dieser Veranstaltung hängen.“ Doch auf den 55-Jährigen wartet jetzt ein Haufen Arbeit, schließlich muss er nun die Rückabwicklung des Turniers vornehmen. „Ich sitze den ganzen Tag im Büro und führe viele Gespräche. Die ganze Rückabwicklung liegt bei mir“, sagt Specker.
Für den Vorsitzenden des Bremer Judo-Verbandes stellt sich nun vor allem die Frage, wer für die anfallenden Kosten aufkommt und wie diese gestemmt werden können. Für die Austragung des Turniers ist ein finanzieller Aufwand von knapp 100.000 Euro nötig. Darin enthalten seien vor allem Hotelkosten, die Nutzung der Halle, Werbekosten sowie viele kleine Beträge, die sich schnell auf ein Vielfaches summieren. „Die gesamte Organisation im Vorfeld kostet auch Geld. Wenn ich zum Beispiel die Visa- oder andere Unterlagen mit der Post nach Russland oder Kasachstan schicken muss, kostet das jedes Mal 50 bis 60 Euro. Diese Kosten sind normalerweise über unsere Einnahmen gedeckt. Nur: Wir haben in diesem Jahr keine Einnahmen“, sagt Norbert Specker.
Große Teile der Meldegelder seien durch die Vereine und Verbände der Athleten zwar bereits überwiesen worden, doch der 55-jährige Organisator will sie eigentlich vollständig erstatten. „Aber das ist ein riesiger Aufwand.“ Jede einzelne der etwa 180 Überweisungen müsse ausgedruckt, das Geld anschließend händisch zurücküberwiesen werden. „Ich kann über das Online-Banking leider nicht sagen: Gutschrift? Storno und zurück“, sagt Specker. Bis das Meldegeld, rund 25 000 Euro, zurück an die Teilnehmer überwiesen werde, könne es deshalb noch etwas dauern. „Die Leute werden nervös und fragen mich, wann sie das Geld bekommen. Wenn ich ihnen dann antworte, stoße ich aber auf viel Verständnis.“
Für noch größere Probleme sorgen die anfallenden Stornierungskosten in den bereits reservierten Hotels und Unterkünften. Auf bis zu 50.000 Euro könnte diese Summe steigen, je nachdem, wie weit die Hotels entgegenkommen. „Sie haben auf jeden Fall Gesprächsbereitschaft signalisiert“, sagt Norbert Specker. Die sei auch dringend nötig, schließlich könne der Bremer Judo-Club diese Summe keinesfalls stemmen. Schon gar nicht alleine. Aufgrund der ausbleibenden Turniereinnahmen, zu denen auch die Ticketverkäufe gehören, ist der Ausrichter des Turniers deshalb auf die Stadt Bremen angewiesen. Jedes Jahr fördert die Stadt das Turnier mit einem fünfstelligen Betrag.
„Die Förderung der Stadt wird nur dann fällig, wenn die Veranstaltung auch stattfindet“, sagt Specker. Das ist in diesem Jahr nicht der Fall, die Förderung folglich also hinfällig. Alle Kosten würden somit am Bremer Judo-Club hängen bleiben, der den finanziellen Aufwand aber nicht stemmen könnte. „Eine Ausfallbürgschaft ist eine Ausfallbürgschaft. Aber nur, wenn die Veranstaltung stattfindet. Jetzt hat der Garantiegeber dafür gesorgt, dass die Veranstaltung nicht stattfindet. Kann der Garantiegeber dann sagen: Wir zahlen nicht mehr?“, erklärt Specker.
Die ersten Gespräche mit der Stadt Bremen und den weiteren Beteiligten seien zum Glück positiv verlaufen. „Ich bin sehr dankbar für das Verständnis, das mir bislang entgegengebracht wurde“, sagt Norbert Specker. Gemeinsam mit der Schirmherrin Anja Stahmann (Grüne), Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, wolle er nun einen Schritt nach dem anderen machen. „Damit wir die Kuh vom Eis kriegen“, sagt der 55-Jährige. Eines sei nämlich völlig klar: „Ohne die Unterstützung der Stadt geht es nicht“, weiß Norbert Specker, der in diesem Jahr wohl auf ein weiteres großes Highlight verzichten muss.
Der Vorsitzende des Bremer Judo-Verbandes glaubt nämlich nicht, dass die Olympischen Sommerspiele in Tokio stattfinden werden. „Meine Logik sagt: Das kann eigentlich nicht stattfinden.“ Das hätte auch für Norbert Specker Folgen. Als Teil des japanischen Organisationsteams wäre der 55-Jährige, der fließend Englisch und Japanisch spricht, bei den Spielen eigentlich für die Betreuung der ausländischen Gäste im Judo zuständig. „Sollte Olympia dem Coronavirus zum Opfer fallen, wäre das sehr traurig“, findet Norbert Specker. Für ihn wäre es nach der Absage des Judo International Masters Bremen die zweite große Enttäuschung in diesem Jahr.
Von internationaler Bedeutung
Das Judo International Masters Bremen gehört in den Altersklassen U 18 und U 21 zu den größten und bedeutendsten Nachwuchsturnieren der Welt. Seit 35 Jahren messen sich die besten Talente in Bremen. So nahm auch der Franzose Teddy Riner am Bremer Turnier teil, ehe er bei den Olympischen Spielen in London (2012) und Rio de Janeiro (2016) die Goldmedaille gewann.
Auch die Stadt profitiert von dem Judo-Masters, schließlich sprach Senatorin Anja Stahmann (Grüne) im Vorjahr von einer „riesigen Werbung für Bremen“. Im kommenden Jahr soll das Turnier deshalb wieder stattfinden, sofern die Corona-Pandemie abklingt. „Wir haben einen guten Ruf und sind sehr akzeptiert“, sagt Norbert Specker.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
Sport in Bremen: Meldungen aus Bremen und den Stadtteilen
Die Norddeutsche: Sport aus Bremen-Nord, Schwanewede, Elsfleth, Berne und Lemwerder
Osterholzer Kreisblatt/Wümme-Zeitung: Sport aus Hagen, Hambergen, OHZ, Ritterhude, Gnarrenburg, Worpswede, Tarmstedt, Lilienthal, Grasberg
Achimer Kurier/Verdener Nachrichten: Sport aus Achim, Verden, Ottersberg, Oyten, Sottrum, Rotenburg, Langwedel, Thedinghausen, Kirchlinteln, Dörverden
Regionale Rundschau/Syker Kurier: Sport aus Stuhr, Weyhe, Syke, Bassum, Bruchhausen-Vilsen
Delmenhorster Kurier: Sport aus Delmenhorst, Hude, Ganderkesee, Dötlingen, Harpstedt, Wildeshausen
mit -gerademal- 45 jahren auf der lebensuhr.
schon bitter so manches karma.