
An einen ausgiebigen Urlaub darf Florian Wellbrock in diesem Sommer keinen Gedanken verschwenden. Genau eine Woche Auszeit hat ihm sein Magdeburger Trainer Bernd Berkhahn genehmigt, seine wenigen freien Tage hat der Bremer mit Freundin Sarah Köhler zum gemeinsamen Ausspannen genutzt. Aber der Doppel-Weltmeister von Südkorea meckert nicht, denn für 2020 gibt es bei den Olympischen Spielen in Tokio große Ziele – für Wellbrock, aber eben auch für Köhler, die bei der Schwimm-WM Gold mit der Staffel und Silber über 1500 Meter Freistil holte. Auf Deutschlands neuem Traum-Paar lasten große Medaillen-Hoffnungen, um den viele Jahre am Boden liegenden Schwimmsport wieder zu reanimieren.
Medial betrachtet hat Wellbrock viel erreicht seit seinen WM-Titeln. Er war mit Sarah Köhler im ZDF beim „Aktuellen Sportstudio“ zu Gast, die überregionalen Tageszeitungen waren voll mit Geschichten über den 22-Jährigen, der vor fünf Jahren von Bremen aus nach Magdeburg zog, um die Schwimmwelt zu erobern.
„Florian hat eine gute Geschichte zu verkaufen“, sagt Holger Drost – und der muss es eigentlich wissen. Drost, früher Schwimmer in der DDR und Typ lockere Berliner Schnauze, ist für die Vermarktung von Schwimmern zuständig. Sarah Köhler berät er seit vier Jahren, jetzt ist er auch für Wellbrock verantwortlich. Doch wer glaubt, dass Drost auf der Suche nach neuen Sponsoren offene Türen findet, der irrt. Drost drückt das so aus: „Das ist ein hartes Gewerbe. Wenn ich nur davon leben müsste, wär‘ ich längst verhungert.“
Klingt witzig, ist aber traurig. Denn es zeigt, wie schwer es in Deutschland Sportler haben, die nicht in Stollenschuhen Wochenende für Wochenende in Bundesliga-Stadien um Punkte kämpfen. „Der Fußball greift alles ab“, sagt Drost. Soll nicht mal ein Vorwurf sein, sondern eine Feststellung. Dabei sind Sportler wie Wellbrock auf Sponsoren angewiesen, um sich professionell auf Olympische Spiele vorzubereiten. Der Trainingsaufwand gerade für Schwimmer sei gigantisch, meint Drost, „die haben neben den Trainingszeiten gar keine Zeit, um sich um andere Dinge zu kümmern“.
Dafür ist ja Drost zuständig. Seit Wochen betreibt er in Bremen und Magdeburg Kaltakquise. Der Berliner hat über eine Datenbank Firmen ausfindig gemacht, deren Vorstände oder Geschäftsführer er für Florian Wellbrock und dessen olympische Ziele begeistern will. „Ich versuche, die Leute hinter dem Ofen hervorzulocken.“
Doch die Ergebnisse seien ernüchternd. In Bremen hat er immerhin die Vorstände der Bremischen Volksbank überzeugen können, das Projekt Wellbrock im Hinblick auf Olympia 2020 zu sponsern. Aber die Hoffnung, gerade an der Weser eine wasseraffine Firma zu finden, die den Schwimmer Wellbrock finanziell unterstützt, erfüllt sich bislang nicht. Dass es schwer wird, sagt Drost, ja, das habe er geahnt. „Aber dass es grausam wird, nun wirklich nicht.“ Mit den Glückwunschkarten zu Wellbrocks WM-Titeln könne er mittlerweile drei Schränke füllen. „Aber wenn ich frage, ob denn auch mehr drin sei als das Schulterklopfen, heißt es: Nee, das können wir nicht.“
Wellbrock und seine Kollegen haben damit zu kämpfen, dass der Schwimmsport in Deutschland seit Jahren in einer Abwärtsspirale steckt. Die Jahre, in denen das Traumpaar Britta Steffen und Paul Biedermann selbst US-Firmen als Sponsoren anlockte, sind längst Geschichte. Erst blieben die Erfolge aus, dann die wichtigen TV-Übertragungen. „Den WM-Titel von Florian über 10 Kilometer Freischwimmen gibt es nicht mal in der Mediathek“, sagt Drost. Auch für Olympia 2020 sei nicht gesichert, ob deutsche TV-Sender die Schwimmwettbewerbe live übertragen oder eben nur zeitversetzt. Das alles macht das Geschäft für Drost so kompliziert.
Hinzu kommt, dass Schwimmer ohnehin wenig Flächen für Sponsoren bieten. Auf der Badekappe ist ein Logo möglich, Werbung auf dem Körper aber hat der Deutsche Schwimm-Verband generell verboten, auch Badehose und Badeanzug müssen werbefrei sein. Ein weiteres Problem: Weil der Trainingsumfang für Schwimmer immens ist, können Marketing-Aktivitäten nur sehr dosiert durchgeführt werden. Auch deshalb sucht Drost für Wellbrock lieber drei große Sponsoren als 15 kleine, „damit Florian nicht jede Woche zu einer Autogrammstunde durch Deutschland tingeln muss“. Das nämlich wäre für seine Leistungen kontraproduktiv.
Der Politik wirft Drost für die geschürte Erwartungshaltung eine Doppelmoral vor. „Der Innenminister spricht vor Olympia von 20 Goldmedaillen, aber Geld will dafür niemand geben.“ Für einen Olympiasieg zahle der Deutsche Olympische Sportbund 15.000 Euro an den Sportler, und zwar nur einmal, auch wenn ein Athlet mehrmals Gold hole. „Und die Summe wird verteilt auf zwölf Monate ausgezahlt“, sagt Drost.
Der US-Verband sei da wesentlich großzügiger, dort gebe es 84.000 US Dollar pro Goldmedaille und zusätzlich einen BMW X5. Dass Wellbrock für seine WM-Titel 35.000 Dollar kassierte, sei gut, findet Drost. „Aber das ist dann ja auch schon fast sein gesamter Jahresverdienst. Für diese Summe würde ein Fußballer nicht mal seinen Zeh aus dem Bett strecken.“
Florian Wellbrock aber geht mit diesen Gehaltsunterschieden entspannt um. „Er sagt immer, dass er sich seinen Sport ja ausgesucht habe und er seinen Sport liebt“, sagt Drost. Aber er findet auch: „Es wäre ja nicht schlecht, wenn ein Weltklassesportler wie Florian Wellbrock nach seiner Karriere ein kleines finanzielles Polster hätte.“ Die Hoffnung darauf gibt Holger Drost jedenfalls nicht so schnell auf.
Olympische Spiele beginnen am 24. Juli 2020
Die japanische Hauptstadt Tokio trägt nach 1964 zum zweiten Mal die Olympischen Sommerspiele aus, die vom 24. Juli bis zum 9. August dauern. Durch den Zeitunterschied von sieben Stunden werden die Wettbewerbe im deutschen Fernsehen am Vormittag und Mittag zu sehen sein. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF begleiten die olympischen Sommerspiele über die vollen zwei Wochen und wechseln sich dabei täglich bei der Übertragung ab. Darüber hinaus werden in den Mediatheken der Sender viele Livestreams zu den parallel stattfindenden Wettbewerben abrufbar sein. Neben 15 neuen Disziplinen (unter anderem 800-Meter-Wettbewerb im Schwimmen) werden fünf neue Sportarten in das Programm aufgenommen: Sportklettern, Skateboard, Karate und Surfen feiern ihre Olympia-Premiere. Auch das in Japan sehr beliebte Baseball sowie die Damen-Variante Softball werden olympisch.
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