
Wasserball zählt, darüber herrscht in der Welt des Sports weitgehend Einigkeit, zu den Sportarten, über die man mit einiger Berechtigung sagen könnte: Ist nix für Weicheier. Dass in der Erzählung über ein Wasserball-Spiel ein Spielabbruch, ein Rettungswagen und eine Polizeiwache vorkommen, ist aber eher die Ausnahme. Solch ein Ausnahmespiel fand unlängst im Bremer Unibad statt. Seitdem liegen zwei Anzeigen vor. Die Bremer Kriminalpolizei, so teilt sie auf Anfrage mit, ermittelt wegen Körperverletzung. Und wegen gefährlicher Körperverletzung.
Es handelt sich um das Spiel zwischen dem SV Bremen 10 und dem Wolfenbütteler SV (WSV). Ein Pokalspiel. Erste Runde im Landespokal. Anschließend sind die Gäste aus Niedersachsen beim Polizeirevier in der Vahr vorstellig geworden und haben – so lautet es im Polizeideutsch – zwei Sachverhalte zur Anzeige gebracht. Ein Bremer habe einem WSV-Spieler einen Schlag, einem zweiten einen Tritt gegen den Kehlkopf verpasst. Mit Absicht. „Es gibt sehr, sehr eindeutige Aussagen von Spielern, dass das vorsätzlich passiert ist“, sagt Florian Steinmann. Er ist WSV-Vorstandsmitglied und hatte mitgespielt im Unibad-Spiel, als Torwart. „Aus unserer Sicht gehört solch ein Spieler nicht in unseren Sport.“
Einen Sachverhalt nicht sachlich und korrekt darzustellen, gehört sich auch nicht, und an dieser Stelle wird der Wasserball-Fall von Bremen kompliziert. Die WSV-Schilderung, im Wesentlichen nachzulesen auf der Homepage des Vereins und in Teilen fast identisch in der Wolfenbütteler Zeitung, geht ungefähr so: Es sei keine natürliche Schwimmbewegung des Bremers gewesen. Es habe so ausgesehen, als habe er seinem Opfer aufgelauert, um ihm einen Tritt zu versetzen. Der WSV-Spieler sei ohnmächtig geworden. Mitspieler hätten ihn zum Beckenrand gebracht. Ein Rettungswagen musste gerufen werden, das Spiel wurde abgebrochen.
Wenn er Schiedsrichter gewesen wäre, sagt Steinmann, hätte er nach solch einem Vorfall nicht mehr angepfiffen. Dass im Spielprotokoll anschließend nicht vermerkt wurde, dass ein Spieler ohnmächtig am Beckenrand hing und ein Notarzt gerufen werden musste, dazu falle ihm nun wirklich nichts mehr ein. Das Protokoll liegt der Redaktion vor. Es sei im Beisein eines Bremers und zweier Wolfenbütteler Spieler sowie beider Schiedsrichter verfertigt worden, sagt Bremen-10-Kapitän Thomas Postera. Er war der Bremer am Protokolltisch. Alle Beteiligten hätten das Protokoll so akzeptiert, sagt er. In dem Papier heißt es unter „Bemerkungen“: „Blau 6: Verletzung linkes Auge/Weiß 8: Nasenbluten, Blau 11: Verletzung Hals und linke Hand.“ Blau steht für die WSV-, Weiß für die Bremer Spieler.
Und dann steht da noch: „Spielabbruch (Restzeit 2:30 min). Blau tritt nicht mehr an.“ Postera bestätigt das. „Die haben sich die Badekappen vom Kopf gezogen und sind aus dem Wasser.“ Auf dem Polizeirevier hatten die WSV-Vertreter das wohl etwas anders geschildert. Die Polizei notierte die Angaben so: „Das Spiel sei nach den Ereignissen durch die Schiedsrichter abgebrochen worden.“
Der verletzte WSV-Spieler, sagt Bremen-Kapitän Thomas Postera, sei ansprechbar gewesen, bereits im Wasser seien seine Augen geöffnet gewesen. Den Krankenwagen habe ein Protokollant gerufen. Postera sagt, er habe auch mit dem beschuldigten Spieler gesprochen. Mitnichten, so dessen Beteuerung, habe der seinen Gegner absichtlich malträtieren wollen. Es sei eine natürliche Schwimmbewegung gewesen. Wegen eines knappen Spielstandes kurz vor Abpfiff besonders forsch zu Werke zu gehen, dazu bestand kein Anlass. Bremen hatte klar geführt, mit 12:3. Er weise seine Mitspielern immer wieder an, nicht brutal zu spielen, sagt Postera. Ohnehin würden seit dieser Saison Fouls strenger bestraft. Der WSV habe, nun ja, nicht eben den besten Ruf, da könne man überall nachfragen in Niedersachsen. Ständig würde sich der Trainer Gelbe oder Rote Karten einhandeln. Im Unibad habe er Bremer Spielern Schläge angedroht.
Der Wasserball-Fall vom Unibad landete schließlich beim niedersächsischen Landes-Schwimmverband, und zwar bei der Disziplinarbeauftragten und Runden-Leiterin Dorothea Pielke. Sie habe Stellungnahmen beider Verein eingeholt und beide Schiedsrichter befragt, sagt sie. Zwei sehr erfahrene Schiedsrichter seien das gewesen, sagt sie. Der eine habe zugegeben, dass er die Szene nicht gesehen habe. Der andere habe ausgesagt, dass „der Bremer Verteidiger halt Rücken nach hinten, der WSV-Angreifer halt Kraul nach vorne“ geschwommen sei. Dabei sei es wohl passiert, dass der Beinschlag des einen den Hals des anderen getroffen habe. Als schwerer Fehler, grobes Foul oder gar Tätlichkeit sei das nicht bewertet worden. Pielke habe sich dann ans Regelwerk gehalten, sagt sie. Dort stehe: „Wenn eine Mannschaft ohne Aufforderung durch den Schiedsrichter das Becken verlässt, ist das Spiel mit 10:0 für den Gegner zu werten.“ Bis zu diesem Sonnabend hätten die Beteiligten noch Zeit, Einspruch gegen diese Entscheidung einzulegen. Einen Einspruch habe sie aber bislang nicht erhalten, sagt sie.
Und dann sagt Dorothea Pielke noch etwas, was das Statement über das WSV-Image von Thomas Postera, dem früheren Tanz-Weltmeister mit Grün-Gold und erfahrenen Wasserball-Zweitligaspieler, nicht eben widerlegt. Sie mache das alles ehrenamtlich und sei auch als Wasserball-Schiedsrichterin aktiv. Aber nach Wolfenbüttel, da fahre sie nicht mehr. Sie hätte keine Lust mehr, ständig in der Wolfenbütteler Zeitung (sinngemäß) zu lesen, wie doof sie doch sei. Postera sagt: „Ich musste doch sehr lachen, als ich den Artikel über unser Spiel las.“
Liga-Bilanz: ein Sieg, eine Niederlage
Die Wasserball-Oberliga Niedersachsen, in der der SV Bremen 10 (in Spielgemeinschaft mit dem TuS Syke) und der Wolfenbütteler SV (WSV) im Ligabetrieb stehen, ist die dritthöchste deutsche Spielklasse. Sieben Teams ermitteln in der Liga mit Hin- und Rückspielen den Oberliga-Meister und Aufsteiger in die zweite Bundesliga. Die Bremer haben bislang zwei Spiele absolviert. Sie verloren zunächst gegen den WSV, gegen den es im Pokal zu Abbruch und Anzeige kam, mit 5:8. Gegen Hameln folgte ein 5:3-Sieg. Das nächste Spiel gibt es am 15. März in Laatzen, das nächste Heimspiel dann erst am 2. Mai im Bremer Unibad gegen Cuxhaven.
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