
Frau Schmidtsberger, Sie arbeiten bei der Weltmeisterschaft der Frauen in Frankreich ehrenamtlich als Volunteer. In welchem Stadion sind Sie eigentlich im Einsatz?
Karlotta Schmidtsberger: Ich bin in Reims, in der Champagne. Ich arbeite im Stadion “Auguste Delaune“. Das erste Spiel am 8. Juni war Norwegen gegen Nigeria. Aber ich bin seit dem 27. Mai hier und habe bei den Vorbereitungen geholfen.
Und wo wohnen Sie?Ich bin im einem typischen französischen Studentenwohnheim etwas außerhalb der Stadt auf neun Quadratmetern untergebracht.
Um was müssen Sie sich denn den ganzen Tag lang kümmern?Bei so einer WM gibt es unglaublich viele Einzelaufgaben. Ich bin als sogenannter Joker eingesetzt, das bedeutet, dass ich überall mitarbeite, wo gerade Not an der Frau ist. Bislang war ich zum Beispiel für die Einteilung der anderen Volunteers zuständig, wir tragen ja alle blau-gelbe Kleidung. Ich war bei der Organisation im Stadion dabei, wir bereiten die Umkleidekabinen der Spielerinnen und das Spielfeld vor und begleiten tatsächlich auch Fußballerinnen nach dem Spiel zur Dopingkontrolle. Beim Veranstaltungsmanagement war ich am VIP-Empfang und habe bei Pressekonferenzen geholfen. Insgesamt habe ich bis jetzt einen ziemlich guten Einblick bekommen, wie so ein Turnier läuft.
Wie sind Ihre Arbeitszeiten?Meine Arbeitszeiten schwanken stark, auch abhängig davon, ob Spieltag ist. Oft bin ich zehn Stunden im Centre Volontaire, dort gibt es auch eine gute Kantine für uns. Bei Abendspielen um 21 Uhr verlässt man das Stadium erst weit nach Mitternacht.
Und welche Aufgabe ist am schwierigsten?Das internationale Umfeld und die tägliche Improvisation sind spannend. Je nachdem, mit wem ich zusammenarbeite, spreche ich abwechselnd Deutsch, Englisch oder Französisch, das ist schon eine Herausforderung. Häufig rede ich auch mit denselben Leuten in mehreren Sprachen. Morgens weiß ich oft noch nicht, wo ich eingesetzt werde. Das kann dann Ticketing sein und ist eher langweilig. Oder die Pressekonferenz nach Mitternacht, das ist spannend.
Interessieren Sie sich mehr für das Land, die Sprache oder Fußball?Ich interessiere mich allgemein für Sport, bin aber vor allem Frankreich-Fan. Ich möchte mein Französisch verbessern und das Alltagsleben besser kennenlernen.
Spielen Sie selber Fußball?Als Kind habe ich es ein Jahr bei 1860 versucht. Danach habe ich mich eher für Joggen und Volleyball interessiert. In der letzten Saison habe ich beim Catering im Weserstadion gearbeitet.
Haben Sie selbst schon ein Spiel im Stadion in Reims gesehen?Als Teil des Orga-Teams bin ich täglich im Stadion, sogar auf dem Spielfeld. Bei der ersten Begegnung in Reims, das war Norwegen gegen Nigeria, saß ich als Zuschauerin auf der Tribüne. Beim Spiel der USA gegen Thailand war ich im Pressezentrum.
Haben Sie denn die beiden Siege der deutschen Mannschaft gesehen? Und haben Sie vielleicht sogar die Möglichkeit, bei einem Spiel mal live im Stadion dabei zu sein?Leider habe ich vom ersten Spiel der deutschen Mannschaft gegen China nur Ausschnitte mitbekommen, da ich arbeiten musste. Auch den knappen Sieg gegen Spanien habe ich nur im Fernsehen gesehen. Aber wenn die deutschen Fußballerinen so weitermachen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich sie zum Achtelfinale in Reims sehe.
Wodurch sind Sie auf das Volunteer-Programm aufmerksam geworden?Ich hatte im Abi Französisch-Leistungskurs und habe an einem einjährigen Schüleraustausch der deutsch-französischen Gesellschaft in der 10. Klasse teilgenommen. Diese Organisation hat mich dazu eingeladen, mich für die Fußball-WM zu bewerben.
Gab es eine Vorbereitung auf Ihren Einsatz?Es gab zwei Vorbereitungstage.
Was hat Sie zu diesem freiwilligen Einsatz bewogen?Ich mag Sprachen und möchte etwas mit Marketing, Kommunikation oder Events studieren. Aktuell bewerbe ich mich an verschiedenen Unis und dachte, dass ich schon mal die Praxis erleben kann. Außerdem habe ich hier die Möglichkeit, meine Französisch- und Englischkenntnisse zu verbessern und mit Menschen aus verschiedenen Ländern Kontakt zu knüpfen.
Was war für Sie bisher das schönste Erlebnis?Ich kann das nicht auf ein Ereignis reduzieren. Ich mache hier jeden Tag neue Erfahrungen und treffe alle möglichen Leute aus aller Welt. Es ist diese internationale Mischung aus Arbeit und Freizeit und das Gefühl, bei einem großen Sportevent mittendrin zu sein.
Wie würden Sie die Atmosphäre an Ihrem Einsatzort beschreiben?Die Atmosphäre ist entspannt und international. Ich arbeite mit Freiwilligen aus Kolumbien, den USA, Chile, Russland, Georgien und England zusammen. Wenn es der Spielplan erlaubt, machen wir gemeinsame Ausflüge.
Und was war bisher der stimmungsmäßige Höhepunkt?Eigentlich merkt man in der Stadt kaum, dass hier ein großes internationales Turnier stattfindet. Doch am Spieltag selbst gibt es hier eine Fanmeile. Beim USA-Spiel war die ganze Stadt voller Amerikaner in Nationaltrikots, die hier richtig Stimmung gemacht haben. Das französische Fernsehen hat dann ein Grüppchen von sechs Thailändern mit Flaggen vor der Kathedrale von Reims gefilmt. Später waren wir mitten im Fantrubel in der Lounge von Taittinger und konnten dort den berühmten Champagner probieren.
Wie lange bleiben Sie noch in Frankreich?Mein Vertrag endet nach dem letzten Spiel in Reims, dem Achtelfinale. Das ist am 24. Juni. Danach muss ich mich um einen Studienplatz im Herbst kümmern.
Was erwarten Sie noch von der WM?Ich möchte weiterhin eine gute Zeit haben und bin gespannt, welche Aufgaben noch auf mich zukommen. Bislang war jeder Tag ein neues Abenteuer.
Die Fragen stellte Ulrike Troue.Karlotta Schmidtsberger
ist 19 Jahre alt und wohnt in Schwachhausen. Sie hat nach ihrem Abitur im vergangenen Jahr ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem philippinischen Kinderdorf absolviert und möchte ab September Kommunikationswissenschaften studieren.
2500 Helfer im Einsatz
Das deutsch-französische Volunteers-Programm basiert auf einer Kooperationsvereinbarung, die das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) mit dem Deutschen Fußball-Bund und dem Local Organising Commitee (LOC 2019) der Fédération Française de Football geschlossen hat. Ausgewählte Deutsche und Franzosen zwischen 18 und 30 Jahren helfen gemeinsam mit insgesamt rund 2500 Helfern bei VIP-Betreuung, Kommunikation und Logistik, beim Transport, Marketing oder im Zuschauerservice. Sie arbeiten größtenteils in Stadien, in denen die deutschsprachigen Teams antreten. Die Volunteers wurden vom DFJW auf ihren Einsatz vorbereitet und organisatorisch unterstützt. Außerdem erhalten sie während des Turniers freie Verpflegung und Kleidung.
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