
Es liegt seit einiger Zeit Schnee in Bremen. Wann haben Sie die Langlaufski das erste Mal wieder untergeschnallt in diesem Jahr?
Peter Pleus: Das war am 29. Januar. Ein Freitagabend.
Das wissen Sie noch so genau?
Ja, weil wir uns darauf vorbereitet und gefreut haben. Um 22 Uhr war es dann soweit.
Im Dunkeln?
Früher ging es nicht. Mit Kopflampe und dadurch, dass am Flughafen immer Budenzauber ist, war das kein Problem, sondern sogar besonders schön. Der Schnee hat das Licht vom Flughafen reflektiert, das war eine ganz besondere Atmosphäre.
Wo genau ging’s lang?
Wir wohnen in Grolland, am Park Links der Weser. Wir brauchen nur zweimal um die Ecke, dann sind wir bei uns auf dem Deich. Da haben wir eine schöne Sieben-Kilometer-Runde zum Auftakt gemacht.
Begegnet man um diese Zeit noch anderen Menschen?
Wir waren nicht allein. Zwar waren überwiegend Fußgänger unterwegs. Und das war gar nicht mal so schlecht: Fußgänger verdichten die Schneedecke schon mal ganz gut vor. (lacht) Es ist uns aber am ersten Abend tatsächlich auch gleich ein Langläufer entgegen gekommen, der wie wir der Meinung war: Wenn wir schon mal Schnee haben, wollen wir das auch ausnutzen.
Gerade in diesen Zeiten, oder?
Absolut. Wir sind dankbar für jeden Kilometer, den wir in diesen Wochen machen können. Man merkt das den Leuten an: Sie wollen raus, alle sind froh, dass die Welt mal schön in Weiß getüncht ist. Corona tritt dann für einen Moment in den Hintergrund.
Welche Strecken laufen Sie in Bremen?
Auf dem Deich ging es nach einiger Zeit leider nur noch ein paar hundert Meter weit, dafür lag der Schnee zu hoch und war der Wind zu stark. Durch die Verwehungen war das schwierig. Gut laufen kann man beim ATS Buntentor hinten am Kuhhirten.
Wie kommt man als Bremer überhaupt zum Skilanglauf?
Dafür müssen wir in das Jahr 1978 zurückgehen. Das Jahr der Schneekatastrophe. Mein Vater hatte damals Langlaufski und hat mir auch welche geschenkt. Damit ging es los. 1980 war ich dann mit dem Bremer Ski-Club im Harz. Und danach waren gepflegte 30 Jahre Pause.
Was war los?
Ich habe eine Zeit lang wenig Sport gemacht, und dann langsam wieder angefangen. Ich gehöre noch zur Generation Schlittschuh. Früher konnte man ja noch häufiger draußen laufen. Ich habe irgendwann mit Inlinern angefangen, durch den Schlittschuhschritt hat man ja sofort eine Verbindung dazu. 2009 habe ich schließlich zum ersten Mal wieder Urlaub im Harz gemacht. Es waren schlechte Bedingungen, alles total vereist. Eigentlich nichts, um Gefallen am Langlauf zu finden.
Haben Sie aber offensichtlich trotzdem.
Das lag daran, dass meine Lebensgefährtin und ich auch am Langlaufzentrum am Sonnenberg waren. Dort haben Langläufer trainiert. Ich fand es sehr interessant, wie die die Skatingtechnik gelaufen sind. Ich habe zu meiner Lebensgefährtin gesagt: für mich fühlt sich Skating an wie Schlittschuhlaufen ohne Schliff. Dann habe ich einfach einen der Trainer dort angesprochen und mir die Technik erklären lassen. Und als der Trainer an einer Stelle sagte: Das ist ein bisschen wie Schlittschuhlaufen ohne Schliff, musste ich grinsen und habe zu meiner Lebensgefährtin gesagt: Okay, wenn das so ist, liege ich mit meinem Empfinden ja gar nicht so schlecht. Das war die Initialzündung.
Sind Sie nie in Versuchung gekommen, Ski Alpin zu machen?
Wir haben das im Snow Dome in Bispingen mal ausprobiert, das war auch ganz witzig. Aber gepackt hat mich der Langlauf, was vielleicht auch an meinem Beruf liegt. Langlauf hat viel mit Technik zu tun, mit Hebelkräften, mit Physik, das fasziniert mich.
Was macht der Sport mit Ihnen?
Was war, das war.
Heißt: Sie lassen alles hinter sich?
Genau. Das ist ein kompletter Szenenwechsel. Man ist in der Natur. Man hat die Bewegung, die frische Luft, die Technik, spürt den Ski, wie er läuft, im Idealfall scheint die Sonne, und der Himmel ist blau – dieses Paket ist einmalig. Die Bilder, die man aufnimmt, genießt man und speichert sie ab.
Skilanglauf ist auch ein Fernsehsport. An den Wochenenden im Winter läuft Wintersport stundenlang. Wie oft schalten Sie ein?
Ich muss nicht immer live dabei sein, aber ich schaue es mir gerne in der Mediathek an. Ich habe mir da ganz viel Technik abgeschaut. Meine Skilehrer waren Martin Fourcade, Erik Lesser und Darja Domratschawa…
…einige der weltbesten Wintersportler…
…es klingt vielleicht seltsam, aber bei Fourcade habe ich mir was abgeguckt: wie er den Impuls in den Ski reinbringt. Ich habe es hier bei uns in Socken auf dem Parkett im Wohnzimmer geübt. Später habe ich mich in Oberhof in der Skihalle auf die Ski gestellt, es genauso gemacht, und es hat funktioniert.
Welche Rolle spielen Wettkämpfe für Sie?
Das ist das berühmte Salz in der Suppe.
Welche Distanzen laufen Sie?
Beim König Ludwig Lauf in Oberammergau waren es 25 Kilometer, das war mein erster Halbmarathon. Beim Koasalauf in St. Johann in Tirol bin ich erstmalig 50 Kilometer klassisch gelaufen.
Was ist der Reiz?
Die Kunst ist es, mit den Kräften so hauszuhalten, dass man die Distanz schafft. Dazu kommen die äußeren Bedingungen. Man läuft bei Schneefall los. Der Ski läuft gut. Dann kommt die Sonne raus. Die Loipe wird stumpf. Und dann fängt das Ackern an.
Wie kaputt sind Sie danach?
Die Regenerationsphase ist gar nicht so lang. Man bewahrt sich, wie man Neudeutsch sagt, immer ein paar Körner auf. Wichtig ist regelmäßiges Training. Muskelkater zum Beispiel ist dann kaum noch ein Thema. Im Skilanglauf tastet man sich über Jahre langsam heran.
Wie wichtig ist es, in andere Länder zu kommen?
Zu meinem 50. Geburtstag habe ich mir den Engadin Skimarathon in der Schweiz geschenkt. Es sind mehrere Faktoren, die dabei zusammenkommen: das Reisen, neue Landschaften, die Natur, neue Herausforderungen. Das Engadin ist auf 1800 Metern Höhe. Da braucht man ein paar Tage, um sich anzupassen. Wenn du gleich am ersten Tag in die Loipe gehst, ist der Puls relativ niedrig, aber die Luft fehlt. Für mich heißt das dann: viel trinken, viel schlafen, nicht überreißen, dem Körper Zeit geben. Ich habe mit der Zeit ein Körpergefühl bekommen, das ich früher gar nicht gekannt habe.
Früher…
…früher war, als ich 35 war. Da bin ich mit meinem Schwager einmal Schwimmen gewesen. In der Schule hatte ich noch das DLRG-Abzeichen in Bronze gemacht. Aber in dem Moment mit 35 hätte es nicht einmal fürs Seepferdchen gereicht. Ich hatte überall Schmerzen: Schulter, Rücken, Knie – und etliche Pfunde zu viel.
Und heute?
Durch den Langlauf und seine Bewegungsabläufe bin ich nahezu beschwerdefrei. Man spricht davon, dass 90 Prozent der Muskulatur beim Langlauf beansprucht werden. Schulter, Knie, Rücken, Rumpf, alles wieder bestens. Wenn man regelmäßig Langlauf macht, hält man sich richtig gut fit.
Sie machen Langlauf das ganze Jahr über?
Gute Langläufer, sagt man, werden im Sommer gemacht.
Im Sommer…
….fahre ich Skiroller...
…Ski mit Rollen drunter…
…ich bin nach meinem ersten Winterurlaub darauf gekommen. Der Urlaub hatte mich so fasziniert. Ich bin montags wieder zur Arbeit gegangen, habe aber die ganze Zeit ans Skilaufen gedacht. Da war klar: Ich will nicht ein Jahr warten. Ich habe mir überlegt: Mit Inlinern und Stöcken müsste das doch auch gehen. Mittlerweile fahre ich Klassik- und auch Skatingroller.
Wo?
Hier bei uns in Grolland, im Blockland, an der Weser Richtung Lemwerder oder im Hachetal bei Syke. Dort gibt es eine schöne 25-Kilometer-Runde, da hat man sogar 100 Höhenmeter mit drin.
Wie lange mussten Sie das Skirollern lernen?
Ehe meine Klassikroller und ich Freunde wurden, hat es gute 200 Kilometer gedauert.
Ist schon mal etwas passiert?
Ich bin zweimal gestürzt, zuletzt im November als Bauchklatscher, aber es war nichts Schlimmes.
Was sagen die Leute, wenn sie Sie im Sommer auf Skirollern sehen?
Man ist natürlich ein Exot. Hier in Grolland kennt man mich aber inzwischen. Anfangs wurde schon komisch geguckt. Gerade wenn es nicht sofort rund läuft, gibt’s den einen oder anderen mitleidigen Blick. Aber wenn man die freie Technik beherrscht, kann das schon recht elegant aussehen. Ich trage gern auch sportlich auffällige Kleidung...
Warum?
Es gibt immer noch Menschen, für die Skilanglauf ein verstaubtes Image hat. Das ist schade, denn der Sport macht so viel Spaß und hält Körper und Geist so jung. Beim ersten Langlauf-Urlaub haben wir viele ältere Sportler kennengelernt, die waren so was von gut drauf. Dabei war auch eine gebürtige Finnin, die alle großen Ski-Marathons mitgemacht hat, zum Beispiel 90 Kilometer Wasa-Lauf in Schweden, 70 Kilometer Marcialonga – das hat einen starken Eindruck auf mich gemacht.
Wie lange soll es jetzt noch weiß bleiben in Bremen?
Bis Corona vorbei ist. Bis wir wieder reisen dürfen. Das große Glück, dass wir Langläufer haben, ist, dass wir auch jetzt im Prinzip uneingeschränkt unseren Sport betreiben dürfen. Wir brauchen keine Fitnessstudios, Sporthallen oder Sportplätze, sondern nur die Skiroller. Und was habe ich zuletzt für viele herrliche Sonnenuntergänge auf dem Deich erlebt… Das erfüllt einen.
Das Gespräch führte Marc Hagedorn.
Peter Pleus (52) ist begeisterter Skilangläufer. Der Bremer ist Mitglied im Bremer Ski-Club und dort auch Übungs- und Fahrtenleiter. Der Industriemechaniker hat einen Sohn und steht gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin so oft es geht auf Skiern.
Wintersport in Bremen
Wintersport? Den gibt’s auch in Bremen. Zum Landesskiverband Bremen gehören neun Vereine. Sie bieten Wettkämpfe, Lehrgänge und Skireisen an. Der Landesskiverband ist erreichbar unter der Telefonnummer 0162 - 97 36 12 oder via E-Mail an info(at)landesskiverband-bremen.de
Peter Pleus ist Mitglied im Bremer Ski-Club. Der BSC hat 3500 Mitglieder und bietet jedes Jahr 40 Wintersportreisen an. Dazu kommen wöchentliche Sportkurse und ganz besondere Angebote wie Nordic Blading und Inline-Hockey. Um den Wintersport im Alpenvorland Bremen macht sich außerdem der Deutsche Alpenverein Sektion Bremen verdient.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
Sport in Bremen: Meldungen aus Bremen und den Stadtteilen
Die Norddeutsche: Sport aus Bremen-Nord, Schwanewede, Elsfleth, Berne und Lemwerder
Osterholzer Kreisblatt/Wümme-Zeitung: Sport aus Hagen, Hambergen, OHZ, Ritterhude, Gnarrenburg, Worpswede, Tarmstedt, Lilienthal, Grasberg
Achimer Kurier/Verdener Nachrichten: Sport aus Achim, Verden, Ottersberg, Oyten, Sottrum, Rotenburg, Langwedel, Thedinghausen, Kirchlinteln, Dörverden
Regionale Rundschau/Syker Kurier: Sport aus Stuhr, Weyhe, Syke, Bassum, Bruchhausen-Vilsen
Delmenhorster Kurier: Sport aus Delmenhorst, Hude, Ganderkesee, Dötlingen, Harpstedt, Wildeshausen