
Überfallartig kam die Nachricht nicht. Bereits seit Wochen hatten japanische Medien darüber berichtet, dass für die Olympischen Sommerspiele in Tokio keine ausländischen Zuschauer zugelassen werden. Auch keine Freunde oder Angehörige der Sportler. Am vergangenen Wochenende hat es nun das japanische Organisationskomitee offiziell verkündet. „Unvermeidlich“ sei der Entschluss, hatte Organisationschefin Seiko Hashimoto mit Blick auf die Pandemie gesagt. Ob und wie die um ein Jahr verschobenen Spiele Ende Juli, Anfang August stattfinden werden, ist sowieso noch nicht sicher. Dass es auch rein atmosphärisch schon mal deutlich trüber zugehen wird als sonst bei diesem größten Sportereignis der Welt, ist damit quasi bereits jetzt amtlich bestätigt.
„Da muss der Junior jetzt allein durch“, sagt Bernd Wellbrock. Sein Junior ist Florian Wellbrock, Deutschlands größte Hoffnung auf Olympiagold. Zweimal Gold sogar, Wellbrock würde über 1500 Meter Freistil und im Freiwasser-Schwimmen über zehn Kilometer als amtierender Weltmeister ins Rennen gehen. Florian Wellbrock legt derzeit in Magdeburg wöchentlich circa 100 Trainingskilometer zurück, also 2000 Bahnen in einem 50-Meter-Becken. Dass er da in Tokio allein durch muss: Das wäre dann streng genommen immer noch so, wenn Vater Bernd und Mutter Anja auf der Tribüne mitfiebern und mitbrüllen würden, und die Großeltern auch. Und der Onkel und dessen Familie auch noch. Dass es dem Athleten etwas bedeutet hätte, die Familie dabei zu wissen, und der Familie es etwas bedeutet hätte, in der Stunde X bei ihrem Jungen zu sein, darf man sich aber gerne ausmalen.
Mutter, Vater, Großvater, Großmutter, Onkel, Tante – sie alle hatten gebucht für Tokio. Und sie alle hatten zuletzt zunehmend geahnt, dass das nichts wird mit Tokio. „Ich hätte schon auf dem Flughafen ein mulmiges Gefühl, der Wohlfühlfaktor wäre einfach nicht da“, sagt Bernd Wellbrock. Er ist jetzt 55 und betreibt in Bremen den Rad-Laden „Velo-Sport“, seit 33 Jahren schon. Und auch seit Langem schon begleitet er mit seiner Frau den schwimmenden Sohn zu den Wettkämpfen, die mit der Zeit immer größer wurden, bis Florian Wellbrock schließlich in die Weltspitze vorstieß. Die Familienbande sind, das darf man wohl so behaupten: stark. Vor knapp 15 Jahren waren die Wellbrocks damit konfrontiert, den Tod der Tochter beziehungsweise Schwester zu verarbeiten. Franziska Wellbrock war 13. War auch Schwimmerin und nach einem Wettkampf plötzlich am Beckenrand zusammengebrochen. Kurz vor Weihnachten. Im Tenever-Bad, wo sich die Eltern einst kennengelernt hatten.
Die Reise der Wellbrocks zum großen Wettkampf in Tokio: Sie lässt sich selbstverständlich als reines Privatvergnügen lesen. Nach der Entscheidung vom Wochenende ist sie auch stornier-, weil nicht umsetzbar. Zumindest berücksichtigen sollte man bei solch einer eher eingleisigen Sichtweise, dass es ein teures Vergnügen gewesen wäre. Und ein kurzes. Bernd Wellbrock erzählt, dass er nur im Paket buchen konnte. Fünf Tage Tokio, mit drei Tagestickets für die Schwimm-Arena und einem fürs große Olympiastadion. Inklusive Flugkosten wäre man ungefähr bei 5000 Euro. Pro Person. Wenn das Freiwasser-Rennen losgeht, wäre der Familientross aus Deutschland schon nicht mehr in Japan.
Bernd Wellbrock erzählt von der nun nicht mehr möglichen Reise zum Traumziel und womöglich Gipfelsturm des Sohnes ohne Verbitterung. So schade, wie das alle in der Familie finden, dass das ganz besondere Familientreffen im Zeichen der Ringe ausfallen muss. Verbitterung, Weltschmerz, Ach-wie-schlimm-hab-ich's-Denken passt nicht zu Bernd Wellbrock, bekannt wie beliebt in Bremens Rad- und Sport-Familie. Ein Radfahr-Freund, der ebenfalls für Olympia in Tokio gebucht habe, der habe ihm am Wochenende geschrieben: „Paris, wir kommen!“ Das könnte auch Bernd Wellbrock so geschrieben haben, zumindest ist das genau auch sein Gedanke. In drei Jahren sollen in der französischen Hauptstadt die nächsten Spiele steigen. Florian Wellbrock wird da im August 27 Jahre alt. Man sagt, das sei ein Super-Alter für Langstreckenschwimmer.
Jugendlager sucht Alternative
Auch ein olympisches Jugendlager war für die Zeit der Spiele in Tokio geplant. Organisiert von der japanischen in Zusammenarbeit mit der deutschen Sportjugend (DSJ) sollten je 50 Jugendliche aus den beiden Ländern gemeinsam in einem Sportinternat in der Nähe der Olympiastadt wohnen, um die Spiele, das Land, die andere Kultur zu erleben und zu erfahren. Das Camp werde aufgrund der Corona-Einschränkungen aber nicht wie geplant stattfinden können, sagt DSJ-Sprecherin Yara Cathrin Willems. Hat sich damit auch für die drei Bremerinnen unter den 50 deutschen Jugendlichen die Sache erledigt? Die Gymnastinnen Lilie Schupp, Haruka Kodama und Karen Krähe hatten sich erfolgreich für das Projekt beworben. Jein, so könnte die Antwort nun lauten. Am Montag wollen die deutschen und japanischen Organisatoren in einer Videokonferenz über eine Alternative beraten. Eine Entscheidung, welches Format angeboten wird, soll im April verkündet werden. Auf jeden Fall, sagt die DSJ-Sprecherin, werde es für die deutsche Jugendgruppe ein Programm in Deutschland geben.
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