Den ganz großen Fußball-Moment, in der Laufbahn von Ole Großklaus hatte es ihn bislang nicht gegeben. „Ich bin nicht diszipliniert genug“, gesteht der Kicker des TV Oyten III. Und deshalb ist seine sportliche Heimat eben nicht die Bezirks-, Landes- oder gar Oberliga, sondern die 2. Kreisklasse Verden. Heldentaten finden hier bekanntlich zumeist eher im ganz kleinen Rahmen statt. Und doch stand der 26-Jährige nun plötzlich im großen Rampenlicht, bundesweit durften sich die Fußball-Fans an einem Treffer des Oyteners erfreuen. In der WDR-Fernsehsendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ kürt Moderator und Werder-Stadionsprecher Arnd Zeigler regelmäßig das „Kacktor des Monats“. Und Ole Großklaus hatte es nicht nur in die Auswahlrunde dieses schmeichelhaften Wettbewerbs geschafft, am vergangenen Sonntag kurz vor Mitternacht stand sogar sein Sieg fest.
Darf man sich über solch eine Auszeichnung denn nun wirklich freuen? „Es ist so von allem ein bisschen“, sagt Ole Großklaus lachend. „Aber im Grunde ist das natürlich eine geile Sache, ich bin schon von vielen Leuten darauf angesprochen worden.“ Traumtore sind in der Rubrik der Sendung absolut Fehl am Platz und werden den Kollegen der Sportschau überlassen. „Sollen doch die anderen die Fallrückzieher und direkt verwandelten Ecken goutieren – Arnd Zeigler hat ein Herz für Zufallsprodukte, Abstauber und Stochertore“, heißt es auf der Internetseite der wöchentlichen Reise durch die bunte Fußballwelt.
Ganz so katastrophal ist der prämierte Geniestreich von Ole Großklaus nun allerdings auch wieder nicht. „Ich persönlich finde das Tor sogar ganz gut“, sagt der 26-Jährige nicht ohne Stolz beim Blick auf das, was sich da am 23. August beim Saisonauftakt gegen den SV Baden II abgespielt hat. Die Video-Aufnahme zeigt, dass eher die Entstehung kurios daherkommt. Ein Freistoß von der rechten Seitenbahn segelte hoch und weit durch den Strafraum, mit letzter Mühe köpfte ein Oytener den Ball in Richtung Tor. Dort klatschte die Kugel oben auf die Latte und von dort zu Ole Großklaus, der nicht lange zögerte und volley abzog. Allerdings fand der Ball nicht den direkten Weg ins Tor, sondern zischte zunächst an den langen Pfosten, von dort an den Rücken eines Gegenspielers, ehe er ins Netz trudelte. „Unser Torhüter Tobias Hollander hatte mir schon direkt nach dem Spiel gesagt, dass das Ding wohl eher nicht so toll war“, erinnert sich Großklaus schmunzelnd.
Ole Großklaus und sein "Kacktor des Monats" können Sie hier ansehen:
Zum Glück gab es da ja aber noch Trainer Marco Blöthe, der vor rund zwei Jahren erstmals eine alte Digitalkamera mit zum Spiel geschleppt und auf das draufgehalten hat, was seine Schützlinge da so in den Niederungen des Amateurfußballs regelmäßig fabrizieren. „Durch Zufall hatte ich dann einmal einen sehr schönen Treffer aufgenommen – inzwischen habe ich ein Stativ und filme jedes Spiel von uns“, sagt Blöthe. „Man sieht dadurch auch einige Sachen, die man sonst in der Hektik gar nicht richtig mitbekommt. Erst kürzlich hatten wir nach einem Spiel gegen Dauelsen beim Stand von 1:1 wegen eines möglichen Siegtreffers, den der Schiedsrichter nicht gegeben hat, die Gelegenheit, noch einmal genau nachzuschauen und konnten am Ende die Brisanz rausnehmen, weil der Unparteiische doch richtig lag.“
Und so fand sich eben auch der Großklaus-Treffer vom 4:0 gegen den SV Baden II auf der Speicherkarte der Kamera wieder, Torhüter Hollander leitete schließlich die Bewerbung beim Fernsehen in die Wege. Das Video gefiel, eine Woche lang durfte abgestimmt werden, ob nun Ole Großklaus oder vielleicht doch eher Christian Beck (1. FC Magdeburg), Joan Oumari (FSV Frankfurt), Alessanddro Riedle (SC Brühl St. Gallen) oder Kevin Thielmann (SV Altenseelbach) noch (un-)sehenswerter eingenetzt hatten. Letztlich war die Entscheidung eindeutig, die Oytener hatten derart viel Werbung für ihren Angreifer gemacht, dass die Klickzahlen enorm in die Höhe schnellten. „Vielleicht ist es aber auch von Vorteil, dass die Fans von namhafteren Spielern und bekannteren Vereinen eher nicht so scharf auf diesen Titel sind“, sagt der 26-Jährige, der zudem überaus kreativ von der Redaktion der Sendung angepriesen wurde: „Ole Großklaus. Oder wie wir sagen würden: Ole Ganz-ganz-Großklaus. Im Spiel gegen den SV Baden II beweist der Ur-Oytener echte Kreisklasse und schweißt den Ball kunstvoll ein. Der Anlagenmechaniker für Sanitär und Heizung beherrscht einfach jedes Handwerk“, heißt es in dem Auswahlvideo des Monats August.
Marco Blöthe jedenfalls gönnt seinem Schützling voll und ganz die gewonnene Aufmerksamkeit. „Viele, viele Spieler sind jede Woche höherklassig unterwegs, schaffen es aber vielleicht gerade einmal mit ihrem Namen in die Statistik der Zeitung“, meint der Coach lachend. „Ole hat es jetzt sogar ins Fernsehen geschafft. Das ist natürlich richtig klasse, dass er persönlich und wir als Verein so viel PR bekommen.“ Die kurze Zeit des Ruhms hat vielleicht sogar noch einen netten Nebeneffekt. Auf eine telefonische Live-Schalte am Sonntag wurde zwar verzichtet, weil der plötzliche Rücktritt von Lucien Favre, Ex-Coach des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, zu viel Zeit in Anspruch nahm, gänzlich leer sollen die Oytener aber wohl nicht ausgehen. „Vielleicht bekomme ich noch einen Turnbeutel, auf dem dann noch einmal ’Kacktor des Monats’ steht“, sagt Ole Großklaus, der kürzlich sein 25-jähriges Vereinsjubiläum beim TVO beging. „Den wollen wir dann unbedingt für unsere Wertsachen während der Spiele verwenden. Das haben wir schon abgemacht.“