Düsseldorf. Das vergangene Wochenende war für Friedhelm Funkel eines der besonders erfreulichen. Bereits am Freitag hatten seine Düsseldorfer ihre Spitzenstellung in der zweiten Liga mit dem Sieg über Absteiger Darmstadt untermauert. Da gehen einem Trainer die nächsten Tage schon mal federleicht von der Hand – zumal Fortunas Coach gerade ein begehrter Gesprächspartner ist. An diesem Dienstag steht im Rheinland das prestigeträchtige Derby zwischen Düsseldorf und den frisch von Leverkusen verprügelten Gladbachern auf dem Programm. Eine feine Gelegenheit für den 63-jährigen Funkel, seine Altersweisheit als Fußballlehrer mal wieder mit dem neu entdeckten Offensivgeist zu vermischen.
„Ich habe das 1:5 gegen Bayer gesehen, Borussia war lange die klar bessere Mannschaft“, erwähnte er in seinen zahlreichen Interviews also immer wieder in gewohnter Nüchternheit. Ehe er schließlich doch die Lust auf einen kleinen Coup im Cup bekundete: „Wir sind kein Favorit – aber auch nicht chancenlos.“ Ein Hinweis, der sich nahtlos in das grundsätzliche Bekenntnis einfügt, das der gebürtige Neusser mit Blick auf den Finalort abgab: „Wenn man im Pokal antritt, muss das Ziel immer Berlin sein.“
Beim Auftaktsieg in diesem Wettbewerb in Bielefeld am 12. August war Düsseldorf allerdings noch ein Team, das die Zugehörigkeit zur zweiten Liga in der Vorsaison erst am letzten Spieltag endgültig sichergestellt hatte. Doch Funkel wäre nicht Funkel, hätte er sich – während Teile der Klubführung seine Arbeit zu dem Zeitpunkt sehr kritisch beäugten – damals nicht zu einem vorlauten Statement bemüßigt gefühlt. „Wenn es gelingt, die jungen Spieler zu halten und vier, fünf gute Leute dazuzuholen, kann es auch unser Anspruch sein, nächste Saison aufzusteigen.“ Er schaltete vom ersten direkt in den fünften Gang. Und sieht sich fünf Monate später in seiner Prognose bestätigt.
Die gewünschte Qualitätssteigerung des Kaders war mit der Verpflichtung von Spielern wie Florian Neuhaus, Jean Zimmer, Niko Gießelmann, Benito Raman oder Davor Lovren erfolgt. Ausgestattet mit diesem Baukasten nutzte Funkel vom Start weg seine neuen Möglichkeiten konsequent und schwang sich in der zweiten Etage des deutschen Fußballs zum großen Rotator auf. Das jüngste 1:0 gegen Darmstadt war Fortunas zwölftes Pflichtspiel der Saison – und in jeder Partie schickte der Cheftrainer eine andere Startformation aufs Feld. „Ich habe eine richtig gute Mannschaft – bestimmt 17 Spieler, die auf einem gleich hohen Niveau spielen“, genießt Funkel den Status quo. Dann fügt er lächelnd hinzu: „Ich habe ja schon vor der Saison gesagt, dass es bei uns keine Stammplätze mehr gibt.“
Wegen seiner zutiefst bodenständigen, wenig aufgeregten Art wurde Friedhelm Funkel früher ebenso belächelt wie wegen der oft bräsigen, defensiven Spielweise seiner Teams. Aber in seinem Portfolio stehen nun mal nicht Klubs wie Bayern München oder Borussia Dortmund. Sondern Bayer 05 Uerdingen, MSV Duisburg, Eintracht Frankfurt oder VfL Bochum. Gleichzeitig glückten der fleischgewordenen Authentizität gleich fünf Bundesliga-Aufstiege. Das ist deutscher Trainer-Rekord – den Funkel mit der Fortuna aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt nun zu einem halben Dutzend ausbauen will.
Vergleich mit Nagelsmann
Den Stolz auf diese Leistung hält der frühere Mittelfeldspieler, der in seiner aktiven Zeit mit Kaiserslautern einen 5:0-Triumph über Real Madrid (1982) oder mit Uerdingen das legendäre 7:3 gegen Dresden (1986) erlebte, im fortgeschrittenen Alter immer weniger zurück. Vor dem Pokal-Duell gegen Gladbach etwa plauderte er aus, dass er vor 18 Jahren beinahe Trainer bei der Borussia geworden wäre, sein damaliger Arbeitgeber Duisburg ihm aber die Freigabe verweigerte. Und vor einem Monat interpretierte er sein aktuelles Wirken in einem Interview mit dem „Reviersport“ so: „Ich unterscheide mich kaum von einem Julian Nagelsmann in Hoffenheim.“
Doppelt so alt wie der Bank-Chef der Kraichgauer ist er zwar. Trotzdem gibt sich Funkel in diesen Tagen, als sei er soeben frisch einem Düsseldorfer Jungbrunnen entstiegen. Vor drei Wochen lieferten seine Fortunen gegen Duisburg (3:1) ein Unterhaltungsfeuerwerk par excellence ab, führten nach sechs Minuten 2:0 – und der Trainer erklärte später: „Ich wollte nicht, dass wir die Führung nur verwalten. Ich wollte, dass wir weiter Tore schießen.“
Als Spieler holte Friedhelm Funkel mit Uerdingen 1985 den DFB-Pokal, als Trainer verlor er mit Duisburg (1998) und Frankfurt (2006) seine beiden Endspiele in Berlin. Dorthin will er am 19. Mai 2018 zurück – und eine Woche vorher seinen sechsten Aufstieg feiern. „Im Moment spielt die Fortuna auf Bundesliga-Niveau und würde auch da ihre Punkte machen“, sagt sein Gladbacher Kollege Dieter Hecking. Und Funkel selbst meinte am Montag: „Borussia ist und bleibt der klare Favorit. Aber für dieses eine Spiel wollen wir ein Gegner auf Augenhöhe sein.“