Kai Scharffetter fordert von seinem Sohn Moritz die volle Leidenschaft für den Reitsport Hamburger Derby als Familien-Highlight

Bokel. „Ich muss ihm schon immer die besten Pferde mitgeben, damit er konkurrenzfähig ist“, sagt Kai Scharffetter über seinen Sohn Moritz. Die beiden Springreiter aus Bokel treten seit einigen Jahren auch als Konkurrenten bei Pferde-Leistungsschauen für den RC Heidehof Oberneuland gegeneinander an.
08.01.2016, 00:00 Uhr
Lesedauer: 5 Min
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Von Karsten Hollmann

„Ich muss ihm schon immer die besten Pferde mitgeben, damit er konkurrenzfähig ist“, sagt Kai Scharffetter über seinen Sohn Moritz. Die beiden Springreiter aus Bokel treten seit einigen Jahren auch als Konkurrenten bei Pferde-Leistungsschauen für den RC Heidehof Oberneuland gegeneinander an. Wie so oft hat es der Sohnemann aber schwer, es dem Vater recht zu machen. „Ich wünschte, Moritz würde beim Reiten dieselbe Leidenschaft an den Tag legen wie bei seinem Handel mit Landmaschinen“, zeigt sich Kai Scharffetter kritisch.

Wenngleich Moritz Scharffetter noch zur Schule geht, hat er sich bereits ein eigenes berufliches Standbein geschaffen. Der 18-Jährige besucht die Waldschule in Hagen. Der Oberstufenschüler spielt mit dem Gedanken, die Schule vorzeitig mit dem Fachabitur zu verlassen. „Ich möchte etwas Handwerkliches machen. In der Schule werde ich bei dem ganzen theoretischen Kram unruhig. Wenn ich nach Hause komme, mache ich auch erst mal keine Hausaufgaben, sondern werkel irgendwo herum“, berichtet der Youngster. Deshalb peilt er auch eine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechatroniker an. Ob der junge Reiter auch in sechster Generation die Pferdezucht der Familie fortsetzen wird, steht noch in den Sternen. Die Scharffetters flohen im Jahre 1945 aus Ostpreußen in den Westen der Republik.

Der Vater von Kai Scharffetter, Ernst-August Scharffetter, war damals gerade mal ein Jahr alt. Kai Scharffetter ließ sich vor sechs Jahren in Bokel nieder. Zuvor hatte er vergeblich versucht, ähnlich wie Lilienthals Hans-Christoph Kühl es mit dem ehemaligen Bundestrainer der Springreiter, Herbert Meyer, mit einer Erbpacht in Frankenburg handhabt, einen Hof in Wulsbüttel zu übernehmen. „Ich weiß aber immer genau, was ich will und bringe dies auch zum Ausdruck. Deshalb wollte mich der Eigentümer des Hofes nach vier Jahren auch nicht adoptieren“, erklärt der 43-Jährige.

Davon profitierte Claes Lendrop vom RC Bremerhaven, der nun den Wulsbütteler Hof bewirtschaftet. Die Scharffetters fanden ihr Glück aber in Bokel. Um den teuren Reitsport zu finanzieren, ließ sich Kai Scharffetter nach der Lehre zum Pferdewirtschaftsmeister auch noch zum Hufschmied ausbilden. „Ein solcher Hof kostet eben ein bisschen mehr als ein Einfamilienhaus. Die riesige Nachfrage hat mich aber ein wenig überrannt. Ich kann gar nicht alles beschlagen, was mir angetragen wird“, versichert der ehemalige Bremer Landesmeister.

Weil so nicht genügend Zeit bleibt, um alle zwölf Pferde auf der Anlage zu bewegen, stellte Kai Scharffetter mit Anne-Lene Niebank vom RC Tempo Ritterhude noch eine Bereiterin ein. Die Ansprüche an seinen Sohn Moritz sind nicht eben gering: „Moritz hat sich zwar bereits häufiger für ein Stechen qualifiziert. Dennoch macht es dann im entscheidenden Moment nicht klick.“ Die Nerven spielen dem Filius den einen oder anderen Streich.

„Nach außen wirke ich wohl ziemlich cool. Innerlich bin ich aber doch ganz schön aufgeregt“, räumt Moritz Scharffetter ein. Vor lauter Aufregung habe er auch schon mal ein Hindernis in einem Stechen ausgelassen. Seine Nervosität hindert ihn aber nicht daran, auch mal das eine oder andere Mal besser in einer Prüfung abzuschneiden als der Papa. So hatte Kai Scharffetter in einem M-Springen des RV Lilienthal mal bis kurz vor Schluss auf Rang eins gelegen. Schließlich konnte nur noch der Sohn ihn vom Thron stoßen. Kai Scharffetter habe seinen Sprössling auch zur Vorsicht gemahnt, weil der Sieg ja schließlich bereits in Familienbesitz gewesen sei. „Ich bin dennoch volles Risiko gegangen und habe ihn noch überholt. Das wollte ich mir nicht nehmen lassen“, versichert Moritz Scharffetter, der beispielsweise auch dreimal in Folge das Eröffnungs-M-Springen in Hagen am Teutoburger Wald gewann. Manchmal sei der Druck, den auch der Vater aufbaue, aber zu groß. „Als ich in einem Springen nicht den Pferde-Anhänger gewonnen hatte, musste ich mir schon was anhören“, so der Schüler.

Um seinem Sohn diese Erfolge zu ermöglichen, muss Kai Scharffetter selbst aber meistens auf die nicht so leicht zu handhabenden Vierbeiner zurückgreifen. So trat der Pferdewirtschaftsmeister auch vermehrt mit dem einstigen Problempferd Landorino an. „Der hatte einst viele andere Lösungen gefunden, als sich zum Sprung zu bewegen“, erinnert sich der 43-Jährige zurück. Dann war er aber 14-mal in Folge mit dem neunjährigen Hengst platziert. „Landorino hat sich stark verbessert“, freut sich Kai Scharffetter. Dabei besitzt der Hengst gerade mal ein Stockmaß von 1,63 Metern. „Früher hatte ich nie Pferde unterm Sattel mit einem Stockmaß von unter 1,75 Metern. Von weitem sieht Landorino auch eher wie ein Pony aus“, erklärt der Bokeler. Dieser hat bereits 18 Siege in S-Springen auf dem Buckel.

Sein Bruder Mark ist ebenfalls Pferdewirtschaftsmeister. „Mark lebt in einer Art Musterhaus für Reitanlagen“, informiert Kai Scharffetter. Der Bruder besitzt eine von insgesamt acht Anlagen in einem Themenpark, der sich ganz in der Nähe des Reitsportmekkas in Warendorf befindet. „Mark kann zu Fuß zum Bundeschampionat gehen“, lässt Kai Scharffetter wissen.

Die einzelnen Anlagen teilen sich teilweise die Infrastruktur. „Das ist nach amerikanischem Vorbild entstanden. In den USA gibt es solche Anlagen häufiger“, sagt Kai Scharffetter. Ein wenig beneidet er seinen Bruder auch darum: „Eine solche Anlage liegt aber leider nicht in meiner Preisklasse.“ Der Vater der Lebensgefährtin von Mark Scharffetter hatte allerdings das nötige Kleingeld dafür. Auch der Cousin von Mark und Kai Scharffetter, Frank Scharffetter, hat sich eine Pferdezucht aufgebaut. Dieser wohnt in Brundorf. „Ich könnte mir nicht vorstellen, in der Stadt zu leben. Auch wenn ich gerne fremde Länder bereise, würde ich mich jederzeit wieder für ein Leben mit Pferden entscheiden“, versichert Kai Scharffetter.

Moritz Scharffetter legt auch schulbedingt gerade eine kleine Pause vom Reitsport ein. „So kann er sich vielleicht auch darüber klar werden, wie wichtig ihm der Sport wirklich ist. Ich will ihn zu nichts zwingen, hoffe aber, dass er mit mehr Motivation zurückkommt“, so der Vater. Für ihn stehe nicht eine typische Vater-Sohn-Erfolgsgeschichte im Vordergrund. Ans Aufhören denkt Moritz Scharffetter aber noch lange nicht: „Ich freue mich auch schon wieder darauf, mit meinem Vater für eine Woche zum Hamburger Derby zu fahren. Es macht einfach besonders viel Spaß, als Familie loszuziehen“, betont der Gymnasiast.

Die Hagener Waldschule legt ihm dabei keine Steine in den Weg. „Ich müsste eigentlich auch jeden zweiten Sonnabend in den Unterricht, bekomme aber bei Turnieren stets frei. Die Schule freut sich darüber, sich mit Sportlern wie mir repräsentieren zu können“, teilt der Teilnehmer an den Deutschen Children-Meisterschaften des Jahres 2011 mit. Er hat auch noch eine fünf Jahre jüngere Schwester, Marie. Für die behinderte 13-Jährige bedeutet Reiten Therapie. „Marie reagiert sehr positiv auf Pferde“, so Kai Scharffetter.

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