In Bremen lassen sich viele neue Sportarten testen - eine davon ist Jumping. Das Fitnesstraining verlagert Aerobic-Schritte aufs Trampolin. Unsere Reporterin hat den Trend ausprobiert.
Die Hälfte des Trainings verbringt man in der Luft. Springen, fliegen, landen und wieder springen. Eine Stunde lang. Jumping verlagert Aerobic-Schritte aufs Trampolin. Gehüpft wird im Rhythmus der Musik. Es klingt eigentlich nach einem Kindervergnügen, und das ist es auch. Doch schon nach wenigen Minuten ist klar: Jumping macht gute Laune, ist allerdings auch richtig anstrengend.
Im Januar füllen sich Bremens Fitness-Studios und in Sportgeschäften bilden sich lange Schlangen frisch motivierter Fitness-Fans. Gute Vorsätze für mehr Bewegung wollen umgesetzt sein. Mancher Bremer will auch dem Adventsspeck an den Kragen. Zum Jahresstart haben wir eine neuere Sporttechnik ausprobiert, die inzwischen von immer mehr Fitness-Studios in Bremen angeboten wird: Ein Selbstversuch im Jumping. Thekla Bertram, Trainerin und Inhaberin von „Jumping Fitness“ in Habenhausen, war die erste in Bremen, die diesen Sport angeboten hat.
13 Mini-Trampolins stehen im Raum. Vorne vor der Spiegelwand springt Thekla Bertram rhythmisch in die Höhe. Elf Frauen neben und hinter mir tun es ihr gleich. Ich steige mit ein. Allerdings schnellen meine Beine längst nicht so synchron und so weit nach oben wie bei der Trainerin und ihrer Crew. Wenn ich geglaubt hatte, durch regelmäßiges Joggen konditionell ganz gut vorbereitet zu sein, dann irrte ich. Mit Respekt blicke ich im Spiegel auf meine Mithüpfenden und bewundere ihre synchronisierten Sprünge. Das permanente Hopsen geht noch einmal ganz anders in die Beine als eine Jogging-Runde am Weserufer. Allerdings: Man kann auch kleinere Sprünge machen, und dadurch selbst die Intensität des Trainings steuern, ohne aussetzen zu müssen. „Jeder powert sich auf seinem Level aus“, sagt die Trainerin.

Jumping soll schonend für die Gelenke sein, der federnde Untergrund sorgt für sanftes Landen.
Jumpen fühlt sich ein bisschen an wie Rhythmische Sportgymnastik im Hochmoor. Der Boden gibt nach, nicht einmal, nicht zweimal, sondern bei jedem Schritt. Das ist angenehm für alle, die sonst auch schon mal auf Asphalt joggen – die Fußsohlen freuen sich. „Durch das weiche Aufkommen auf dem Trampolin ist Jumping auch für Leute geeignet, die Probleme mit dem Rücken oder den Gelenken haben“, erklärt Thekla Bertram. Eine 23-jährige Kursteilnehmerin erzählt, dass sie nach einer Hüft-Operation nicht mehr Joggen gehen konnte – aber Jumpen darf sie, und sie tut es inzwischen sogar noch lieber als Joggen.
Auch einige Männer, die übergewichtig sind, kommen zum Jumpen, erzählt die Trainerin. „Viele beschreiben, dass dieser Sport für sie angenehm ist, denn in der Flugphase spürt man das eigene Körpergewicht nicht.“ Beim Jumpen würden viele Muskeln gleichzeitig beansprucht und die Tiefenmuskulatur trainiert. „Wir haben auch mal gemessen bei einer Trainingseinheit: In einer Stunde haben wir hier beim Jumpen 1200 Kalorien verbrannt.“
Die Teilnehmerinnen das Kurses sind jedenfalls gut gelaunt, die Frauen genießen die Flugphase. „Das ist wie früher als Kind“, sagt eine und lacht. Ich schütte durch das ungewohnte Dauerhüpfen Adrenalin aus, bin aber auch gefordert. Zum nächsten Song müssen jetzt auch die Arme bewegt werden, eine Art Hampelmann im Hüpfen. Die Gruppe macht das synchron, ich hinke heillos hinterher und bin froh, als wieder Hochmoor-Joggen dran ist.
Es gibt eine Trinkpause, der Nacken wird mit dem Handtuch abgetupft. „Das Aufwärmen ist vorbei“, sagt eine der Frauen vergnügt. Ich kann nur hoffen, dass das Ironie ist. In der Tat: 30 Minuten sind um, Halbzeit. Meine Jumping-Nachbarin hat sich extra einen pinken Frottee-Überzug für die Haltestange besorgt, an der man sich bei bestimmten Sprüngen abstützt. Das spricht schon für eine ziemliche Begeisterung für diesen Sport.

Bei manchen Sprüngen stützt man sich ab. Trainerin Thekla Bertram (r.) macht es vor.
Dass die Trampolins in den Räumen einer Tanzschule stehen, die fürs Jumpen angemietet sind, passt durchaus. Denn verschiedene Spring-Rhythmen und Schritte gehören dazu. Und nicht nur meine Beinmuskeln sind gefragt, auch mein Hirn ist gefordert. Ich lerne verschiedene Schrittkombinationen, die Aerobic-Erfahrenen vielleicht durchaus ein Begriff sind, aber mir bisher nicht.
Warm genug ist es auf jeden Fall im Raum, meine Gesichtsfarbe dürfte sich gehörig verändert haben. Die Frauen muntern mich auf, für sie ist das Training Routine. Manche kommen mehrmals pro Woche. Bezahlt wird pro gebuchter Stunde über Credits, die man kaufen kann. Anders als in einem Fitness-Studio muss man hier nicht für einen bestimmten Zeitraum Mitglied werden und dafür zahlen.
Bei der nächsten Trinkpause stelle ich fest, dass mein Liter Wasser komplett weg gegangen ist. Doch noch ist die Stunde Training nicht um. „Endspurt, Ladies“, ruft die Trainerin in den Raum. „Letzte Chance zum Schwitzen!“
Einmal noch geht es in die Vollen. Ganz zum Schluss erfüllt sich meine Hoffnung: Noch ist der Schritt mit Armen und Beinen gefordert, der hüpfende Hampelmann. Ich bekomme nun, mit ein klein wenig Übung, eine zweite Chance, es nochmal zu probieren. Und tatsächlich: Diesmal klappt es auch bei mir, nicht immer und mit kleinen Sprüngen, aber ich bin dabei.
Das Training klingt mit einem ruhigeren Stück und Dehnübungen aus. Danach gibt es noch für alle einen Kaffee im Vorraum. Gehüpft wird im Saal einer Tanzschule, bei der Jumping Fitness Räume angemietet hat. Die Frauen setzen sich noch einen Moment am Tisch zusammen, sie kennen sich, die Atmosphäre ist familiär. „Ich habe im Fernsehen einen Beitrag über Jumping gesehen und wollte das unbedingt machen“, erzählt Kirsten Anneke, eine der Teilnehmerinnen. „Das ist Sport mit Schwung und Musik, genau meine Welt. Und man verbrennt doppelt so viele Kalorien wie beim Joggen.“ Bei ihr hätten sich durch das Hüpfen auch Nackenverspannungen gelöst, erzählt die 57-Jährige.
Die Altersspanne beim Jumpen ist groß: Die Jüngsten sind 17, 18 Jahre alt, die ältesten Mitte sechzig. Und alle beteuern, man bekomme vom Jumping keinen Muskelkater.
Zu besonderen Anlässen wird auch mal draußen gehüpft. Im Sommer haben sich die Frauen für eine Jumping-Session auf das Gebäude von Karstadt Sport an der Sögestraße begeben. Die Trampolins standen unter freiem Himmel, auf der Dachterrasse. Höher sind die Jumping-Anhänger wohl selten gesprungen.

Gesprungen wird zur Musik.
Die Welt der neuen Sportarten
Jumping kann man in Bremen bei verschiedenen Anbietern ausprobieren. Beim Fitness-Studio Fit-X nahe dem Rembertikreisel wird unter Anleitung auf den Trampolins trainiert. Die ULC Sportwelt bietet Jumping ebenfalls an, aber auch Bremer Sportvereine haben Kurse für Trampolinspringen und Trampolinturnen im Programm. Die Welt der Sportarten und Trainingstechniken ist in Bewegung, es entstehen immer neue Varianten. So gibt es in Bremen Bike-Polo, Bokwa und Contact Yoga. Man kann Cross-Fight ausprobieren oder auf dem Surfbrett meditieren. Kinder schwimmen beim Mermaiding mit einer großen Flosse, Studenten spielen Quidditch wie bei Harry Potter, Radkuriere organisieren Rennen über die Weserbrücken. Menschen Mitte 30 kaufen sich Longboards, in der Bahnhofsvorstadt wird Bachatango und Fitness Ballett angeboten und Lindy Hop getanzt. Auch der Hochschulsport, der zu etwas höheren Preisen für Nicht-Studenten offen ist, bietet ungewöhnliche Sportarten an: Hier kann man zum Beispiel Rhönrad-Fahren lernen, Drachenboot-Fahren, Kite-Surfen oder Einradhockey. Die Anmeldung für das Frühjahrsprogramm läuft am 30. Januar an.