
Erik Weispfennig winkt lachend ab bei der Frage. „Vergessen Sie’s“, sagt er und meint das Thema Nachtruhe und Sixdays. Im neunten Jahr ist Weispfennig jetzt schon der Sportliche Leiter der Bremer Sixdays, er weiß also, was da auf ihn zurollt in den nächsten Tagen. Ganz, ganz lange Tage, ganz, ganz kurze Nächte, viele Gespräche, viele Telefonate. Am Wochenende, wenn die Rennen besonders heiß laufen, schätzt er seinen Schlaf auf gute sechs bis acht Stunden. „In zwei Nächten natürlich“, sagt er. Aber Weispfennig ist ja auch nicht in Bremen, um auszuschlafen, sondern um die Sixdays so aufzugleisen, dass es sie noch ein paar Jahre gibt.
Am Donnerstag fahren sie also wieder in der ÖVB-Arena. Und alle Beteiligten glauben, dass die Veranstaltung auch im 56. Jahr gelingen wird. „Da habe ich keine Zweifel“, meint etwa Weispfennig, der dafür sorgen muss, dass die Sixdays auch sportliche Schlagzeilen schreiben. Zwölf Teams sind am Start, aber wie immer schaut der 50-Jährige in den Tagen vor den Bremer Sixdays nach Rotterdam, wo ebenfalls ein Sechstagerennen gefahren wird. Zehn Bremer Starter sind auch in Holland dabei – und bei Weispfennig fährt jeden Tag die Angst mit, einer seiner Fahrer könnte sich noch verletzen und ausfallen.
Noch am Dienstag hatte er sich mit seinem Bruder ins Auto gesetzt und war nach Rotterdam gefahren, um zu schauen, ob auch alles gut geht. Das mache er schon seit Jahren so, auch wenn er erst spät nachts wieder zurück sei. Aber schlafen, ja, wird eben überschätzt in diesen Tagen. Weispfennig ist der Mann, der Jahr für Jahr ein starkes Fahrerfeld zusammenstellen muss. 14 Tage vor dem Start muss es stehen, fällt dann einer aus, schaut Weispfennig kurz in seine Telefon-Kontakte und verhandelt mit einem Ersatzfahrer. „Da haben wir ein großes Portfolio an Fahrern. Und einige Fahrer wissen schon im Vorfeld, dass sie womöglich als Ersatz bei uns zum Zug kommen.“
Bei der Zusammenstellung der Teams gilt: Deutsche Fahrer gehen vor. „Wir versuchen, die Teams immer mit einem deutschen und einem internationalen Fahrer zu besetzen. Und im Zweifel würden wir uns immer für einen Deutschen entscheiden.“ Mit Bremen und Berlin gebe es ja nur noch zwei Orte, in denen Sechstagerennen gefahren werden. „Da müssen wir schon versuchen, deutsche Fahrer für das deutsche Publikum zu verpflichten“, sagt Weispfennig. Er kenne seine Jungs mittlerweile aber so gut, dass es bei den Verhandlungen nur selten echte Probleme gebe. Über Geld spricht er nicht, aber es sei ja ähnlich wie im Fußball, wo die Spieler auch unterschiedliche Marktwerte hätten. „Das weiß man schon im Vorfeld, der Kreis der Fahrer ist ja auch übersichtlich. Am Geld ist eine Fahrer-Verpflichtung jedenfalls noch nie gescheitert.“
Am Dienstag musste Weispfennig zwei Ausfälle vermelden. Der Ire Mark Downey wurde kurzfristig vom Radsportverband für den Weltcup im kanadischen Milton nachnominiert. Für ihn startet jetzt – ein Deutscher! Luca Felix Happke aus Erftstadt tritt in Bremen in die Pedalen, bis Dienstagnacht war er auch in Rotterdam mit Moritz Augenstein am Start. „Beide haben jetzt auch in Bremen die Chance, sich im Profifeld zu beweisen“, meint Weispfennig. Domenic Weinstein, der in diesem Jahr sein Bremen-Debüt geben sollte, fällt ebenfalls aus, das Knie bereitet zu große Probleme. Für ihn wurde kurzfristig der Schweizer Nico Selenati nachnominiert.
Die Beschaffenheit der Bahn wird bei den Fahrern in diesem Jahr auffallen, der Belag ist komplett neu. Nach neun Jahren, da waren sich die Zimmerei von Lütcken und Veranstalter einig, musste jetzt mal was Neues her. Zweieinhalb Tage schraubten und bohrten sich die Zimmerer unter Aufbauleiter Sebastian von Lütcken durch die Halle, dann stand das 166,66 Meter lange Oval. Das Holz ist sibirische Fichte. Die Kosten? Da sagen weder von Lütcken noch Sixdays-Organisator Felix Wiegandt etwas, ist eben Betriebsgeheimnis. Eigentlich sollte die Bahn zehn Jahre lang halten, „aber der Belag war ziemlich durch“, wie der Aufbauleiter findet. Viele Schraubenlöcher habe man gefunden, auf der Bahn sei man zuletzt doch schon arg gebremst worden. Am Dienstag lagen auch noch die Maler auf der Bahn, jedes Logo der Werbepartner musste schließlich neu aufgemalt werden. Viel Arbeit für sechs Tage und sechs Nächte.
Aber der Aufwand soll sich lohnen, denn Sixdays in Bremen sind Kult. Nicht nur in Bremen, sondern auch im breiten Umland. Sechstagerennen sind eben selten geworden, da strömen die Zuschauer sogar aus Nordrhein-Westfalen an die Weser. Und neben dem Sport gibt es ja auch die Möglichkeit, sich in anderen Areas der ÖVB-Arena zu vergnügen. Der Freitag gilt als umsatzstärkster Tag der Sixdays. Insgesamt erhoffen sich die Veranstalter wieder ein Plus an Zuschauern. 60 000 Besucher wurden 2018 gezählt, im vergangenen Jahr waren es 1000 Zuschauer weniger. Für den Sonntag etwa wurde ein Sixdays-Brunch eingeführt, um neue Besucher in die Halle zu locken.
Erik Weispfennig ist einen Tag vor dem Start schon fast im Sixdays-Tunnel. Stress empfinde er nicht, dafür sei die Vorfreude auf die Tage in Bremen viel zu groß. „Und das kennt doch jeder: Wenn man etwas mit Spaß macht, empfindet man das gar nicht als Arbeit.“
Tickets gibt es ab 9,80 Euro
Die 56. Bremer Sixdays beginnen an diesem Donnerstag gegen 21.10 Uhr mit dem Startschuss von Kapitän Morten Hansen und Musiker Christopher von Deylen. Die erste Große Jagd ist für 21.40 Uhr terminiert, die Tagessiegerehrung für 0.25 Uhr. Tickets sind an den Abendkassen und auch online unter www.nordwest-ticket.de ab 9,80 Euro erhältlich. Am Sonnabend ist der Eintritt zum Kindernachmittag frei, Sonntag gibt es das „4-Freunde-Sonntags-Ticket“ für 29,80 Euro. Das Grünkohlland ist von Donnerstag bis Sonnabend sowie am Montag geöffnet, Tickets inklusive Eintritt zur Veranstaltung sind ab 34,90 Euro erhältlich. Weitere Informationen rund um die Veranstaltung gibt es im Internet unter www.sixdaysbremen.de.
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