
Herr Brünjes, wie war die Reaktion der Vereine auf ein mögliches Kunstrasenplatz-Verbot?
Jochen Brünjes: Es gab letzte Woche viele Anrufe und Mails von Vereinsvertretern. Es breitet sich eine gewisse Unruhe aus unter den Vereinen, die gummiverfüllte Kunstrasenplätze haben.
Was ist die größte Sorge?
Viele Vereine fragen sich: Wo spiele ich Fußball, wenn sich die EU mit dem Verbot durchsetzt und die entsprechenden Plätze gesperrt sind?
Und ist die Sorge berechtigt?
Ja, durchaus. Wir haben die Kunstrasenplätze ja immer als Ersatz für die Rotgrandplätze gesehen, die sogenannten Schlackeplätze. Gerade in der dunklen Jahreszeit, sie sind in der Regel ja auch mit Flutlicht ausgestattet. Die Vereine sind auf diese Kunstrasenplätze angewiesen, weil auf dem normalen Rasen im Herbst und Winter nicht trainiert werden kann. Wir hatten diese Problematik ja schon mal, Ende der 1980er-Jahre. Damals waren einige Rotgrandplätze mit Dioxin verseucht und mussten von heute auf morgen gesperrt werden. Da haben wir auch Vereine auf andere Sportanlagen verschieben müssen. War ein ziemliches Gerenne, aber haben wir hingekriegt.
Die EU fordert, dass die Kunstrasenplätze ab 2021 umgerüstet werden. Was ist daran so schwierig?
In erster Linie die Finanzierung. Wir haben in unserer mittelfristigen Planung ja schon veranschlagt, dass abgespielte Plätze erneuert werden müssen. Ich habe aber die Sorge, dass die Preise bei den Firmen extrem steigen werden. Denn es müssen ja in ganz Deutschland und Europa Plätze nachgerüstet werden, da werden die wenigen Firmen, die das machen, die Kosten sicherlich nach oben treiben. Wie das so ist, wenn Mangel herrscht. Und es wird nicht leicht, das alles zeitnah hinzubekommen.
Wann fing das eigentlich an in Bremen mit den Kunstrasenplätzen?
Ich kann mich erinnern, dass es den ersten Kunstrasen in der Umgebung in Brake gab. Dann gab es Plätze bei Werder, das waren damals noch Vollkunststoffplätze. Die zweite Generation der Plätze war dann mit den Gummigranulaten verfüllt, über die jetzt diskutiert wird. Das ging 2003 los.
Was kostet eine Umrüstung?
Inklusive Baunebenkosten so zwischen 180 000 und 200 000 Euro. Ein Neubau wird mit Kosten zwischen 600 000 und 700 000 Euro veranschlagt. Bei guter Wartung hält der Platz dann um die zwölf Jahre.
Da kommen ja wirklich hohe Kosten auf die Politik und die Vereine zu.
Wir haben noch elf städtische Plätze in Bremen, die von einem EU-Verbot betroffen wären. Dann noch drei Plätze von Werder, einen vom FC Oberneuland, bei der Universität gibt es noch einen Kunstrasen und beim Berufsbildungswerk in Horn ebenfalls, alle nicht im städtischen Besitz. Über die Sanierung müssen wir uns jetzt Gedanken machen, ich bin schon im intensiven Austausch mit dem Umweltbetrieb. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, mit einer Art Staubsauger die umweltgefährdenden Gummigranulate aufzusaugen und dann durch Sand zu ersetzen. Da müssen wir mit der Industrie sprechen, das wäre deutlich günstiger. Und wir könnten die gut erhaltenen Plätze noch einige Jahre nutzen.
Was wird jetzt passieren?
Die EU ist ja noch am Anfang mit den Plänen, aber die Forderungen sind schon scharf. Ich hoffe, dass es der Politik gelingt, die EU davon zu überzeugen, dass der Sport weiter verlässliche Sportstätten braucht und dass zumindest Übergangsfristen geschaffen werden. Das hat Sportsenatorin Anja Stahmann als Vorsitzende der Sportministerkonferenz ja schon deutlich gemacht. Und dass wir es dann schaffen, in diesen Jahren entweder nur den Oberbelag auszutauschen oder eben komplette neue Plätze zu bauen.
Hatten Sie die EU-Pläne eigentlich auf dem Schirm?
Nein, wir sind alle ziemlich überrascht worden. Wir müssen jetzt schauen, ob sich die Sanierungspläne für den Sport noch halten lassen oder ob sie durch dieses Verbot ein wenig über den Haufen geworfen werden. Bremer Vereine fürchten, dass das Geld für die Sanierung an anderen Stellen fehlen könnte.
Wenn es keine Übergangsfrist gibt, muss die Politik halt schauen, ob sich die Prioritäten noch halten lassen. Es könnte sein, dass wir die Finanzmittel im Sporthaushalt für Sanierungen, von denen auch die neuen Kunstrasenplätze bezahlt werden, eben etwas anders verteilen müssen. Für einen neuen Kunstrasenplatz könnte man drei oder vier bestehende Plätze sanieren. Das würde Vereine, die auf einen Neubau hoffen, nicht erfreuen. Eine Alternative wäre natürlich, zusätzliche Mittel in den Sporthaushalt einzustellen. Aber das ist eine Frage der politischen Schwerpunktsetzungen im Doppelhaushalt für die Jahre 2020 und 2021, das muss die neue Koalition entscheiden, dazu kann ich nichts sagen.
Gibt es denn keine günstigeren Anbieter für neue Kunstrasenplätze?
In Köln gibt es alle zwei Jahre eine Sportartikelmesse, da gibt es in einer Halle nur Kunstrasen-Anbieter, fast alle aus China und Korea. Die sind billiger, aber die deutschen Anlagenbauer arbeiten lieber mit europäischen Anbietern zusammen, weil beispielsweise Gewährleistungsfragen einfacher zu klären sind. Wir haben hier in Bremen keine chinesischen Rasen liegen, sondern Beläge aus Holland, Tschechien und Deutschland.
In Hamburg gibt es gar keine granulatverfüllten Plätze, dort wird nur mit Sand gearbeitet. Warum hat Bremen nicht auch von Anfang an auf Sand gesetzt?
Weil wir die Kenntnisse nicht hatten. Ich habe mit einem Hamburger Kollegen vor Jahren mal zufällig über Kunstrasen gesprochen. Da meinte der: „Granulat? Haben wir nicht, bei uns gibt‘s nur Sand“. Dann sind wir hin, haben uns das angeschaut und gesagt: Jawoll, machen wir jetzt auch. Bei uns ist schon 2011 der letzte Granulatplatz gebaut worden. In
Niedersachsen wurden beispielsweise bis zuletzt Plätze gebaut, die Mikroplastikanteile enthalten.
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