Floorball Final-4 TV Lilienthal erlebt einen 30-minütigen Albtraum

Das hatten sich die Bundesliga-Floorballer des TV Lilienthal anders vorgestellt: Eigentlich wollten die "Wölfe" im Halbfinale des Final-4 in Berlin Rekordmeister UHC Weißenfels in die Knie zwingen.
18.03.2018, 20:30 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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TV Lilienthal erlebt einen 30-minütigen Albtraum
Von Tobias Dohr

Berlin. Der Stachel der Enttäuschung saß tief. Verdammt tief. Auch am Tag nach jenem Spiel, das zum großen Wendepunkt hätte werden sollen. So viele Anläufe hatten die Floorballer des TV Lilienthal schon unternommen, um den Rekordmeister endlich mal zu bezwingen. Schon mehrfach schnupperten die „Wölfe“ dabei an der Sensation und hatten den UHC Weißenfels am Rande einer Niederlage. Deshalb hofften Mark-Oliver Bothe und Janos Bröker, im Halbfinale des Final-4-Turniers um den deutschen Floorball-Pokal in Berlin den Bock endlich umzustoßen.

Doch aus dem Traum wurde ein schlimmer, ein geradezu vernichtender Albtraum. Denn das, was die Lilienthaler vor 630 Zuschauern in der Sporthalle Charlottenburg bei der 7:10 (0:4, 2:3, 5:3)-Niederlage 30 Minuten lang zeigten, war schlichtweg nicht ausreichend, um dem Serienmeister und späteren Pokalsieger Paroli bieten zu können. Das Frustrierende daran: Bereits im vergangenen Jahr, als die „Wölfe“ zum ersten Mal am Final-4 teilgenommen hatten und ebenfalls im Halbfinale auf Weißenfels getroffen waren, lief die Partie nach exakt dem gleichen Muster ab.

Es dauerte gerade einmal vier Minuten, ehe Matthias Siede den in dieser Saison bislang noch ungeschlagenen Favoriten mit 2:0 in Front gebracht hatte. Alle guten Vorsätze, endlich mal das erste Drittel gegen Weißenfels nicht zu verschlafen, waren über den Haufen geworfen. Zwar kämpften sich die Lilienthaler danach zusehends ins Match und überstanden sogar zwei Unterzahlspiele nach Zeitstrafen gegen Leon Bauer und Antti Mähönen unbeschadet, doch kurz vor der ersten Drittelpause schlug der UHC noch zweimal gnadenlos zu.

Lilienthaler Schockstarre

Zunächst ließen sich die Lilienthaler zum 0:3 auskontern, nur 30 Sekunden später leitete Fabian Diaz das 0:4 mit einem katastrophalen Ballverlust ein. „Statt mit 0:2 sitzt du dann plötzlich mit einem 0:4-Rückstand in der Kabine“, ärgerte sich TVL-Spielertrainer Mark Oliver Bothe. Und es kam alles noch viel schlimmer.

Nach einer weiteren Zweiminutenstrafe – dieses Mal musste Ole Appenrodt auf die Strafbank – kassierten die „Wölfe“ in Unterzahl das 0:5 durch Axel Kuch. Nun schien der komplette TVL-Kader in Schockstarre. Und das nutzte Weißenfels weiterhin gnadenlos aus. Johannes Tauchlitz und Christopher Gruhne erhöhten innerhalb von nur 40 Sekunden auf 7:0. Was war hier nur los? In gerade einmal 30 Minuten hatten sich die Lilienthaler alles zunichte gemacht.

Kurz darauf musste mit Anssi Soini auch einmal ein Weißenfelser Akteur auf die Strafbank – doch man hatte fast das Gefühl, dass der UHC in Unterzahl eher ein weiteres Tor schießen würde, als die Lilienthaler in Überzahl. Zum Glück kam es anders. Torben Kleinhans nutzte das Powerplay und erzielte den erlösenden ersten Treffer (36.). Zwei Minuten vor der zweiten Drittelpause ließ Kleinhans dann auch noch das sehenswerte 2:7 folgen. Echte Hoffnung wollte unter den knapp 100 mitgereisten Lilienthaler Anhängern aber trotzdem nicht mehr aufkommen.

Trainerduo wechselt den Torwart

Immerhin: Die „Wölfe“ ließen sich nicht entmutigen und kämpften weiterhin verbissen um jeden Zentimeter. Bothe und Janos Bröker reizten nun alle Möglichkeiten aus, doch noch eine Trendwende herbeizuführen. So verließ Nils Hallerstede für Sebastian Spöhle das Tor, außerdem änderte das Spielertrainerduo die Zusammensetzung der Reihen. Ob es daran lag, oder an der Tatsache, dass der UHC Weißenfels nach der hohen Führung ein bis zwei Gänge zurückschaltete? Jedenfalls entwickelte sich nun ein offener Schlagabtausch, an dessen Ende die Lilienthaler zumindest das Schlussdrittel mit 5:3 für sich entschieden hatten.

„Wir wollten einfach noch mal einen neuen Impuls setzen“, erklärte Bothe die Wechsel hinterher. Und das Spiel gab ihnen ja auch recht. Erneut Kleinhans eröffnete das Schlussdrittel mit dem 3:7, doch Weißenfels schlug durch Jonas Hoffmann praktisch im direkten Gegenzug zurück. Nun fielen die Tore hüben wie drüben, beide Teams boten den Zuschauern ein regelrechtes Spektakel. In Unterzahl (Strafe gegen Erik Ebbinghaus) kassierte der TVL das 3:9, Janos Bröker ließ umgehend das 4:9 folgen. Weißenfels erhöhte auf 10:4, Niklas Bröker konterte mit dem 5:10.

Die beiden letzten Treffer – beide übrigens erneut in Überzahl erzielt – gingen dann auf das Konto von Mark-Oliver Bothe. Spätestens nach dem 7:10 schwappten noch einmal die Emotionen, ausgehend vom TVL-Fanblock, durch die Halle. Doch eigentlich wussten alle, dass dieser Treffer knappe 90 Sekunden vor dem Ende zu spät kam. Und so war es dann auch. Weißenfels spulte die restliche Zeit souverän ab und setzte sich am Tag danach schließlich auch im Endspiel gegen die Red Devils Wernigerode durch. Hier benötigte der Rekordmeister zwar die Verlängerung, um mit 7:6 zu triumphieren, doch am Ende konnten auch die Niedersachsen aus dem Harz den fünften UHC-Pokalsieg in Folge nicht verhindern. Jenes Finale fand übrigens vor 1820 Zuschauern statt – eine neue Rekordkulisse für den deutschen Floorball. Der TV Lilienthal muss hingegen weiter träumen von seinem ersten Endspiel – und den Berliner Albtraum schnell vergessen. Das dürfte allerdings sicherlich noch ein paar Wochen dauern.

TV Lilienthal: Spöhle, Hallerstede; Bothe, Janos Bröker, Minnermann, Kleinhans, Brinkmann, Veijalainen, Niklas Bröker, Mähönen, Moes, Bauer, Appenrodt, Ebbinghaus, Diaz de Armas, Röttger, Siljamo, Heike, Seitz, Stierle.

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