Wilde schottische Stämme belagerten am Sonnabend den Märchencampingplatz am Steller See in Groß Mackenstedt. Sie trugen zumeist karierte Röcke, warfen mit Baumstämmen und Speeren um sich und schossen mit Pfeilen.
Doch so gefährlich es zunächst klingt: Die Urlauber auf dem Campingplatz – zumeist mit gelbem Nummernschild am Auto – mussten sich zu keiner Zeit vor den Damen und Herren in den karierten Trachten fürchten. Denn es waren keine echten Schotten, die dort auf den Campingplatz einfielen, sondern Teilnehmer der zweiten Bremer Highland Games. Und wild waren sie nur, wenn es an den einzelnen Stationen um den sportlichen Wettkampf ging – beim Baumstammschubsen, Speerwerfen oder Bogenschießen.
Highland Games verbinden viele mit Kraft: Sie haben muskulöse Männer im Kilt vor Augen, die große Baumstämme werfen. Doch wer sich am Sonnabend als Zuschauer auf den Märchencampingplatz begab und den Wettkampf der 28 Teams verfolgte, merkte schnell, dass auch Präzision bei einigen Disziplinen wichtig ist. „Und ein wenig Glück“, meinte Marco Jaß von den veranstaltenden Bre-Men Regulars. Er deutete auf das Speerwerfen, wo die Teilnehmer ein 17 Meter entferntes Ziel auf dem Boden treffen mussten. „Ja, da gehört ganz viel Glück dazu, man muss das Ziel wirklich punktgenau treffen“, bestätigte Teilnehmerin Bianca Biroth die Aussage von Jaß. Aber mit ihrem Ergebnis zeigte sich die Bremerin nicht wirklich zufrieden: Als am Ende alle Teams bereits die Sonne genossen, versuchte sie sich noch einmal am Speer.
Zwei Frauenteams am Start
Biroth bildete zusammen mit Melanie Stichweh eines von zwei reinen Frauenteams. Unter dem Clan-Namen „Biest“ versuchten sie sich bei den von Männern dominierten Highland Games zu behaupten. Vorteile gab es für die Damen dabei fast keine. An den einzelnen Stationen des Wettkampfs musste jeder Teilnehmer die gleichen Aufgaben meistern. Einzig beim Baumstammschubsen lag für die Damen ein kleinerer Holzstamm bereit – klischeehaft in Pink gefärbt. „Den haben wir aber selbst so angemalt, das wollten wir so“, schmunzelte Biroth. Der Baumstamm musste hochgeworfen werden, sich in der Luft einmal drehen und möglichst parallel zu einer gesteckten Linie auf dem Boden aufkommen.
„Komm, komm, komm. Weiter, weiter“, jubelten die Zuschauer Biroth und Stichweh zu, als sie sich erneut am Treckerreifenziehen versuchten. Über eine Strecke von 15 Metern mussten die Teams den schweren Reifen mit einem Seil zerren. Es wirkte ein wenig wie Tauziehen, nur dass auf einer Seite des Seils ein sperriger Reifen hing. „Puh, jetzt brauche ich erst mal etwas zu trinken“, sagte Stichweh nach der Disziplin erschöpft und wischte sich über die Stirn. Dreimal traten die beiden an der Station an, ihr letzter Versuch war mit knapp 23 Sekunden am besten. Die Freude über die verbesserte Zeit überwog, da vergaß Biroth auch schnell die blauen Flecken an ihrem Arm.
Für die richtige Atmosphäre bei den Highland Games sorgten unter anderem zwei Musiker. Matthias Gröger aus Hardegsen bei Göttingen wanderte Dudelsack spielend über das Gelände und lieferte mit seiner Great Highland Bagpipe die passenden schottischen Töne zu den Wettkämpfen. Unterstützt wurde er dabei zeitweise von Jonas Hoffmann aus Achim an der Davul-Trommel. Kleinere Marktstände mit Whiskey und mittelalterlichen Waren rundeten das Ambiente am Steller See ab. Wenn bei den Wettkämpfern einmal der Kilt rutschte, konnte Riemenschneider Ingo Barz aushelfen. Er fertigte direkt auf dem Gelände individuelle Ledergürtel an. „Für Schottenröcke braucht man meist sehr dünne Gürtel“, erklärte Barz.
Gegen 17 Uhr standen die Ergebnisse fest. Für das Team um Bianca Biroth und Melanie Stichweh reichte es nur für Platz 26. Doch bei den Highland Games geht es weniger um den Sieg. Der Spaß am Sport zählt mehr als die Urkunde am Ende des Tages. Und die guten Erinnerungen an die Highland Games werden sicher länger halten als die blauen Flecken vom Reifenziehen.
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