
Schöner hätte man sich den runden Geburtstag gestern kaum vorstellen können. Weit mehr als 50 000 Zuschauer säumten am goldenen Oktobersonntag die Strecke des Bremen-Marathons, der zum zehnten Mal ausgetragen wurde. So sehr die Zuschauer das fantastische Wetter genossen, so setzte es vielen Läufern aber zu. Selbst einige der Besten mussten den Temperaturen Tribut zollen.
Ihre ersten Siegerinterviews gab sie im Sitzen wenige Meter hinter der Ziellinie. Das Lächeln war gequält, und im Nachhinein hätte sie diesen Lauf vielleicht sogar am liebsten ganz ausgelassen. Zumindest in der ersten Viertelstunde, nachdem sie das Ziel erreicht hatte. Sabine Andres (Borener SV) hatte gerade in 3:14:12 Stunden den swb-Marathon gewonnen – und nun hielt sie fast noch den Betrieb auf. Denn auch nach den ersten Interviews blieb sie noch minutenlang zwischen den Straßenbahngleisen vor dem Rathaus sitzen, während um sie herum fast im Sekundentakt die Finisher der Männerkonkurrenz einliefen.
„Genießt jeden Meter, genießt jeden einzelnen Pflasterstein!“, schmetterten die beiden Marathon-Kommentatoren über die Lautsprecherboxen den Läufern entgegen, die durch die schattige Obernstraße dem Marktplatz und dem Zielbogen im gleißenden Sonnenlicht entgegenliefen. Für Sabine Andres war von Genuss schon lange keine Rede mehr. Vom Genuss jedes einzelnen Pflastersteins sowieso nicht. Hinzu kam die Enttäuschung über ihre Zeit, die trotz aller Quälerei sechs Minuten schlechter ausgefallen war als erhofft.
„Ich habe etwas Probleme mit dem Kreislauf. Am liebsten würde ich mich jetzt einfach hinlegen“, antwortete die Siegerin auf die Frage der beiden Sanitäter, die sie versorgen wollten. Und so dauerte es noch ein paar weitere Momente, bis sie sich langsam aufrappelte. Zu diesem Zeitpunkt kaum bemerkt, hatte Elisabeth Frewer (SV Germania Helmstedt) schon fast den Zielbereich verlassen. Die 30-Jährige war als Zweite nur 1:33 Minuten nach Andres ins Ziel gekommen. Ganz locker und entspannt, als hätte sie gerade nur mal eine kleine Runde durch den Bürgerpark gedreht.
42,195 Kilometer waren Elisabeth Frewer nicht annähernd anzumerken. Stattdessen, dass sie noch etliche Körner zurückgehalten hatte. „Ich hätte schneller laufen können. Und dann wäre es natürlich auch um den Sieg gegangen. Aber ich hab‘ die letzten Kilometer austrudeln lassen, weil ich nicht nur auf meine Gesundheit Rücksicht nehmen musste“, erzählte die junge Frau etwas kryptisch, um dann im Nachsatz konkret zu werden. „Wir sind zu zweit gelaufen. Ich bin in der siebten Woche schwanger.“ Deshalb habe sie auch lange hin- und herüberlegt, ob sie überhaupt starten oder vielleicht auf die Zehn-Kilometer-Strecke ummelden solle. Aber dann habe sie eben doch der Marathon gejuckt. Schließlich sei es der erste gewesen, auf den sie sich gezielt vorbereitet hatte.
Da ist die persönliche Marathon-Historie von Oliver Sebrantke schon deutlich umfangreicher. In Bremen lief der Lokalmatador vom LC Hansa Stuhr bereits seinen 44. Marathon und feierte dabei seinen vierten Sieg in der Stadt der Stadtmusikanten. Mit seiner Zeit von 2:33:01 Stunden war der Vorjahressieger zwar nicht zufrieden („Das haben wir in der ersten Hälfte des Rennens verbummelt“), mit dem obersten Platz auf dem Treppchen freilich schon.
Aus dem Spitzentrio, zu dem auch der spätere Drittplatzierte Timo Merten gehörte, hatte sich Markus Linder zwischenzeitlich auf 100 Meter abgesetzt. „Ich wusste, wenn ich eine Chance auf den Sieg haben will, dann muss ich was riskieren. Aber Oliver ist ein saustarkes Rennen gelaufen. Da war nichts zu machen“, sagte der Polizist aus Schleswig-Holstein („Weggelaufen ist mir bislang noch kein Straftäter“), der Sebrantke bei Kilometer 34,5 erst passieren und dann ziehen lassen musste. Mit Platz zwei und seiner um mehr als vier Minuten gesteigerten Bestzeit war der 27- Jährige eigentliche Zehn-Kilometer-Spezialist aber absolut zufrieden bei seinem erst vierten Marathon.
Es war mal wieder ein absolutes Lauf-Spektakel was da in Bremen gestern über die Bühne ging. Während bei der Premiere im Jahr 2005 noch in der Nacht vor dem Rennen einige Bauzäune in der Überseestadt verschoben werden mussten, damit die Marathonis quer über die nicht plangemäß fertiggestellte Baustelle laufen konnten, klappte gestern organisatorisch alles wie am Schnürchen. Und die Anzahl der Teilnehmer war so groß wie nie zuvor. Mehr als 7600 hatten sich angemeldet. 480 ehrenamtliche Helfer sorgten entlang der Strecke und im Zielbereich dafür, dass vom ersten bis zum letzten Läufer alle Athleten gut versorgt wurden. Hinzu kamen im Dienste der Sicherheit noch 200 Polizisten – übrigens nur halb so viele wie 2005. Auch ein Beleg dafür, dass in den vergangenen neun Jahren die Abläufe in allen Bereichen optimiert wurden, wie Cheforganisator Utz Berschy stolz bemerkte.
Im Mittelpunkt aber natürlich wie immer in Bremen das Heer der Hobbyläufer auf den drei angebotenen Distanzen Marathon, Halbmarathon und Zehn-Kilometer. Auch in diesem Jahr gab es auf der Marathonstrecke wieder zahlreiche Debütanten. Eine davon Birgit Perßon, die der Weser-Kurier in den vergangenen Wochen ihrer Vorbereitung begleitete. Optimal vorbereitet wähnte sie sich vor dem Rennen, war schon mehrfach 35 Kilometer-Distanzen gelaufen. Eigentlich schien ein souveränes Ankommen vorprogrammiert, aber dann kam doch alles anders geplant.
„Ich war nicht so unter Vollspannung, irgendwie unkonzentriert, bin nie richtig in den Tunnel gekommen, in dem ich in meinen Trainingseinheiten meist bin“, ärgerte sich die 44-Jährige. Eine Zeit unter vier Stunden hatte ihr Trainer Frank Mäusner eigentlich als Ziel mit auf die Strecke gegeben. Die entsprechenden Durchgangszeiten mit dazu an einem kleinen Bändchen für das Handgelenk. Doch plangemäß lief es nur bis Kilometer 28.
„Es war mir zu warm“, erklärte Birgit Perßon später, warum sie auf den kommenden fünf Kilometer nicht mehr in der Lage war, ihr Tempo zu halten und dann ab Kilometer 33 immer wieder Gehpausen einlegen musste. Da half auch die professionelle Vorbereitung mit Vollkornnudeln und Gemüsepesto am Vorabend und Haferschleim am Morgen nicht mehr. „Vielleicht hätte ich sogar aufgegeben. Aber da waren so viele Leute aus meiner Familie und Freunde am Streckenrand, die mich motiviert haben durchzuhalten“, so Perßon. Allen voran ihre beiden Hauptunterstützer, ihr Sohn Yannik und Mann Thomas. Die beiden waren mit dem Fahrrad parallel die Strecke abgefahren und hatten die begeisterte Hobbyläuferin ab Kilometer 15 alle fünf Kilometer mit Getränken und Aufmunterungen versorgt. Somit war Perßons Marathondebüt in 4:08:20 Stunden letztendlich der Erfolg eines echten Familienunternehmens.
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