
Als Mittelblocker Maximilian Kersting einen schnellen Angriff erfolgreich abgeschlossen und damit den Matchball verwandelt hatte, gab's im deutschen Team kein Halten mehr. Auch der Bremer Nachwuchsvolleyballer Julian Hoyer rannte von der Bank aufs Feld und sprang seinem Mannschaftskameraden Filip John freudestrahlend in die Arme. Mit einem glatten 3:0 (25:22, 25:17, 25:20)-Erfolg gegen Gastgeber Tschechien hatte sich die U 18-Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) soeben erstmals den Europameistertitel in dieser Altersklasse gesichert.
"Das ist unfassbar", sagte Hoyer nach dem historischen Triumph im tschechischen Zlin. Ein Erfolg, der mit jugendlicher Ausgelassenheit gebührend gefeiert wurde. Es wurde gejubelt, es wurde umarmt und gelacht – und es flossen auch einige Freudentränen. Und auch wenn der 16-jährige Julian Hoyer in diesem Finale nicht mehr zum Einsatz kam, so war er bei der Siegesfeier doch mittendrin und ganz nah dran am Siegerpokal. "Dieser Titelgewinn ist etwas ganz Besonderes", sagte Hoyer, der seine sportlichen Wurzeln bei Bremen 1860 hat und seit vergangenem Sommer beim VCO am Bundesstützpunkt in Berlin lebt und trainiert. "So etwas", betonte der Außenangreifer, "so etwas erlebt man nur einmal – das ist ein unglaubliches Gefühl!"
Die deutsche Auswahl, die sich tags zuvor im Halbfinale gegen Russland bereits mit 3:0 (25:23, 25:13, 25:18) durchgesetzt hatte, war in diesem Endspiel vor 2500 Zuschauern die klar dominierende Mannschaft. Tschechien, das dem DVV-Team zum Abschluss der Gruppenphase beim 1:3 die einzige Niederlage im Turnierverlauf beigebracht hatte, fand von Beginn an kein Rezept gegen die starken Aufschläge und blieb zudem mit den Angriffen immer wieder im deutschen Block hängen. Lediglich in der Endphase des ersten Satzes wurde es kurzzeitig eng, als der Gastgeber nach einem 14:23-Rückstand durch acht Punkte in Folge auf 22:23 verkürzte.
John als bester Spieler ausgezeichnet
"Wir haben sehr gut aufgeschlagen und viel Druck auf unseren Gegner ausgeübt", resümierte U 18-Bundestrainer Matus Kalny, für den es nach der Siegerehrung in der Kabine noch die obligatorische Sektdusche gab. "Aufgrund ihrer Probleme in der Annahme konnten wir im Block immer wieder zupacken oder die Bälle in der Abwehr holen. Das hat heute den größten Unterschied gemacht“, so Erfolgscoach Kalny weiter. DVV-Sportdirektor Christian Dünnes zollte der deutschen Auswahl "ein Riesenkompliment für die herausragende Turnierleistung". Dünnes weiter: "Wir haben sehr gute Spieler in diesem Jahrgang, aber vor allem haben wir ein sehr gutes Team."
Eben dieser Teamgeist, sagte auch Julian Hoyer, "war der Schlüssel zum Titelgewinn". Man habe nicht unbedingt die besten Einzelspieler auf dem Parkett gehabt, so der Bremer, "aber wir waren eine super starke Mannschaft". Eine Mannschaft, aus der mit Diagonalspieler Filip John und Mittelblocker Maximilian Kersting zwei Akteure indes derart herausragten, dass sie im Anschluss ins "Dream Team" der EM gewählt wurden. Zudem erhielt Deutschlands Top-Scorer John, auch beim VCO Berlin Hoyers Mannschaftskamerad, die Auszeichnung als MVP, also als wertvollster Spieler dieses Turniers.
Ein Turnier, das aus deutscher Sicht in den zurückliegenden eineinhalb Wochen eine ganz besondere Dynamik entwickelt hat. "Wir sind eigentlich eher als Außenseiter gestartet, das Halbfinale war ein sehr hochgestecktes Ziel", sagte Julian Hoyer, der bei der EM dreimal zum Einsatz kam und dabei in der Vorrundenpartie gegen Weißrussland zum besten Annahmespieler avancierte. "Wir haben uns dann hier sehr stark präsentiert, doch das wir jetzt Europameister sind, damit hatte keiner gerechnet. Das ist einfach krass." Und Zuspieler Jason Lieb ergänzte: “Ich bin überglücklich. Es ist schwer, das zu beschreiben. Vor drei Wochen hätten wir diesen Erfolg nicht für möglich gehalten, weil wir noch nicht auf diesem Level gespielt haben."
Zurück in den Schulalltag
Glücklich und bestens gelaunt trat der DVV-Tross am Montag nun also die Heimreise nach Berlin an, wo bis zum Sommer, bis zum Acht-Nationen-Turnier in Belgien, der Alltag auf die EM-Helden wartet. An diesem Dienstag hat Julian Hoyer noch schulfrei, dann muss auch er nach mehreren Wochen mal wieder den Unterricht besuchen. Bereits vor den Osterferien waren Hoyer und seine Teamgefährten von der Schule befreit worden, um sich mehrere Wochen lang in der Sportschule Kienbaum auf die Titelkämpfe vorbereiten zu können. "Schulaufgaben hatten wir in dieser Zeit nicht zu machen", sagte Hoyer. "Wir sollten uns nebenbei keinen Stress machen und uns voll auf die EM fokussieren." Es hat geklappt.
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