Stauraumkanal in Delmenhorst Anwohner bringen Baustelle zum Erliegen

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat ein Baustopp verhängt, wie lange die Arbeiten auf der Baustelle Friedensstraße in Delmenhorst ruhen, lässt sich aktuell nicht abschätzen.
08.07.2019, 20:15 Uhr
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Anwohner bringen Baustelle zum Erliegen
Von Andreas D. Becker

Die Baustelle ist verwaist. Wie lange die Arbeiten auf und in der Friedensstraße ruhen, ist aktuell völlig ungewiss. Erst muss sich das Verwaltungsgericht Oldenburg mit einem Eilantrag beschäftigen. Der zumindest die Wirkung entfaltet hat, dass der Bau des Stauraumkanals im Norden der Stadt nicht fortgesetzt werden kann: Das Gericht hat einen Baustopp verhängt. Dabei geht es zum einen um die für den Bau des Kanals nötige Grundwasserabsenkung, zum anderen um die Frage, ob es für das Projekt einer Baugenehmigung bedurft hätte.

Anfang März haben die Bauarbeiten begonnen, im August sollten sie beendet sein. Doch allein die Verzögerung, die jetzt eingetreten ist, macht es unwahrscheinlich, dieses Datum noch zu halten. Die Streitigkeiten haben sich dabei vor allem am zweiten Bauabschnitt aufgehangen. Einer der betroffenen Anlieger, der das gesamte Bauprojekt ablehnt, wollte dazu von der zuständigen Stadtwerkegruppe (SWD) wissen, ob sie für die Grundwasserabsenkung eine Genehmigung erhalten habe. „Das war Anfang Mai“, schildert Andreas Reich, der von dem Anlieger konsultierte Anwalt, die Chronologie. Demnach habe sich die SWD erst nach dieser Nachfrage daran gemacht, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Der lag dann Ende Mai vor, Anfang Juni wurde er dem Kläger gezeigt. „Erst da konnte mein Mandant auch tätig werden und Widerspruch einlegen“, erklärt der auf Umweltrecht spezialisierte Reich.

Von daher sei es allein der SWD anzulasten, dass der Baustopp jetzt erfolge. Und vor allem sei es trotz der sich ankündigenden Entwicklung gegen das Bauvorhaben nicht verständlich, warum die SWD die Friedensstraße komplett aufgerissen hätte, ohne abzuwarten, wie sich die Geschichte juristisch entwickelt. Anders gesagt: Die SWD hätte damit rechnen können, dass der Projekt-Gegner rechtliche Schritte einleitet. Darüber hinaus verweist Reich darauf, wie lange das Bauvorhaben schon geplant werde. „Im Dezember vergangenen Jahres wurden die Arbeiten ausgeschrieben. Da hätten die Stadtwerke die Genehmigung für die Grundwasserabsenkung bereits beantragen können.“

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Zum einen gründet sich der Antrag vor Gericht darauf, dass eine Grundwasserabsenkung im Sommer deutlich vegetationsschädigender als im Winter sei. Zum anderen geht es darum, dass der Kläger bezweifelt, dass ein Stauraumkanal – um Regenwasser bei Starkregenereignissen unterirdisch zu sammeln – eine sinnvolle und ökologische Alternative sei. Reich: „Wir gehen davon aus, dass man auch den Sassengraben als Vorfluter nutzen könnte, wenn dieser Graben wieder hergestellt und gepflegt würde.“

Ein weiterer Streitpunkt ist, ob für den Stauraumkanal eine Baugenehmigung hätte erteilt werden müssen. Die Stadtverwaltung sagt nein, weil sie den Kanal laut Reich wie eine einfache Abwasserleitung beurteilt. Doch für eine einfache Leitung müsste ja auch nicht das Grundwasser abgesenkt werden. „Wir machen geltend, dass ein Stauraumkanal keine einfache Abwasserleitung ist. Dann hätte aber auch eine Baugenehmigung erteilt werden müssen.“

Zumindest diesem zweiten Klagepunkt sieht die Stadtwerkegruppe gelassen entgegen. Auf Nachfrage betont das städtische Tochterunternehmen: „Es bedarf laut Baurecht keiner Baugenehmigung.“ Zudem weist die SWD als Bauherrin darauf hin, dass es nicht ihre Aufgabe war, den Antrag für die Grundwasserabsenkung zu stellen, sondern dies zu den Aufgaben der ausführenden Baufirma gehöre, wie SWD-Sprecherin Britta Fengler auf Nachfrage erläutert. Aber natürlich kann auch sie nicht sagen, wie es in dem Verfahren weitergeht. „Nach unseren aktuellen Informationen wird es in der 29. Kalenderwoche eine Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Oldenburg geben. Mit welchen Verzögerungen gerechnet werden muss, können wir nicht beantworten. Dies hängt von den weiteren Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und der bauausführenden Firma ab.“

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Übrigens: Der Baustopp ist nicht die erste Verzögerung bei dem Projekt Stauraumkanal, auch das Wetter hat den Bauarbeitern schon den einen oder anderen Pausentag beschert. Was auch die am Thema sehr interessierte Ratsfrau Eva Sassen (Bürgerforum) bestätigt: „Die Feuerwehr musste beim Regen nach Pfingsten anrücken, da die Bürgersteige auf der Baustelle von den Wassermassen unterspült worden waren.“ Zudem fragt sie sich, welche Wassermassen der Stauraum eigentlich schlucken soll und woher das Wasser überall kommt. Auch von der Stedinger Straße fließe das Wasser in diesen Teil der Friedensstraße, hat sie beobachtet: „Der Regen zu Baubeginn zeigte von dort deutliche Zuflüsse und legte die Baustelle lahm. Die Kapazität der Pumpen war zu gering.“

Eva Sassen beschäftigt sich zudem mit der Eiche, die an der Kreuzung von Friedens- und Schönemoorer Straße steht. „Da verwies der NABU vor langer Zeit schriftlich darauf, wie weit ein Stauraumkanal von der alten Eiche laut Naturschutzgesetz entfernt sein muss. Die Abstände werden ignoriert. Der Bauauftrag war bereits erteilt. Es wird behauptet, man komme nicht in den Wurzelbereich. Liegt hier ein Fehler vor?“, fragt sich die Ratsfrau, die stark davon ausgeht, dass die Bauarbeiten dem Baum zu schaffen machen werden.

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