Was der Berlinale-Bär mit Delmenhorst zu tun hat, erklärt die Berliner Schriftstellerin Silke Kettelhake in einer Lesung am Donnerstag, 23. März, in der Städtischen Galerie Haus Coburg. Ab 18 Uhr wird die Autorin im Rahmen der aktuellen Ausstellung "Die Abstraktion der Dinge. Marianne Mangels im Dialog mit Louise Stomps" aus ihrem Roman "Renée Sintenis. Berlin, Bohème und Ringelnatz" vorlesen, in dem die Berliner Ausnahmekünstlerin des 20. Jahrhunderts lebendig, humorvoll und visuell vorgestellt werden soll, kündigt Stadtsprecher Timo Frers an.
Die 1888 als Renate Alice Sintenis geborene Bildhauerin habe Berlin ein freundliches Gesicht gegeben, so Frers: Ihre berühmteste Skulptur sei der Berlinale-Bär, der seit über 70 Jahren als symbolträchtige Ikone auf den internationalen Filmfestspielen verliehen wird. Als Berlin zwischen 1919 und 1932 zur Weltstadt wurde, feierte Renée Sintenis ihre größten Erfolge. An den Schnittstellen von Freiheit und Moderne wusste sich die über 1,80 Meter große Bildhauerin in einer Männerdomäne zu inszenieren und durchzusetzen. Sie trug maßgeschneiderte Herrenanzüge, posierte im amerikanischen Studebaker oder auf ihrem Wallach „Horaz“, lebte rastlos und rasant. Sie pflegte Kontakt zu Ernst Barlach, Gottfried Benn, André Gide, Rainer Maria Rilke, Asta Nielsen und vielen mehr. Jahrelang unterstützte sie den ständig klammen "Versvagabunden" Joachim Ringelnatz und verhalf ihm als Maler zum Durchbruch, beschreibt Frers die Bildhauerin Sintenis, die damals eine der bestverdienenden Künstlerinnen ihrer Zeit gewesen sei.
Die Kunst war ihr alles: „Mir ist mein Schaffen nichts anderes als ein selbstverständliches Müssen.“ Mit Hitlers Machtantritt zog sich allerdings ein Bruch durch ihr Leben, denn Renée Sintenis hatte eine jüdische Großmutter und musste 1942 nach dem Tod ihres Mannes mit der Deportation rechnen. Kettelhake zeichnet nun das Leben dieser außergewöhnlichen Künstlerin in ihrem biografischen Roman nach. Sintenis wäre am 20. März 135 Jahre alt geworden und ebnete damals in Berlin den Weg für Bildhauerinnen wie eben Marianne Mangels und Louise Stomps.
Silke Kettelhake, ist 1967 in Hameln geboren worden und schrieb als Autorin für Tageszeitungen und Magazine. Daneben erschienen vier Buchveröffentlichungen. Ihre bereits im Jahr 2010 publizierte Biografie über Renée Sintenis erschien am 20. März in neuer, gekürzter Auflage. Im Haus Coburg wird die Autorin erstmals seit der Neuauflage aus dem Buch vorlesen.