Delmenhorst. Maurice Bergmann und Monique Schubert sind verliebt: und zwar auf den ersten Blick. Sie halten ihre Beziehung auch nach dem zweiten und dritten Blick für zukunftsfähig. Das ist jedoch nicht im Sinne des Vaters von Maurice. Er kämpft mit verschiedenen Mitteln gegen diese Partnerschaft, stiftet unter anderem den Bruder von Monique zu einer kriminellen Tat an. Der Grund: Monique ist türkischstämmig – für den erzkatholischen Vater und Unterstützer einer rechten Partei gehört sie damit nicht gerade zur favorisierten Partnerin seines Sohnes. Ob es ihm wirklich gelingt, die Beziehung zwischen Maurice und Monique zu zerstören, beantwortet eine Vorstellung im Kleinen Haus in Delmenhorst. Denn in Wahrheit ist das eine fiktive Geschichte, die auf der Bühne stattfindet. Im Theater nehmen die beiden Hauptdarsteller die Rollen von Florian und Zeliha ein.
Es ist die erfolgreiche Umsetzung eines Theaterprojektes der Berufsbildenden Schulen II (BBS II) in Delmenhorst. Neben Maurice Bergmann und Monique Schubert sind weitere neun Schüler der Berufseinstiegsschule in das Stück involviert. Alle elf haben die Entscheidung mitgetragen, das Sozialdrama „Wer den Mächtigen stört“ von Norbert Hagen auf der Bühne zu präsentieren. Das berichtet Markus Weise, der das Theaterprojekt gemeinsam mit der Lehrkraft Anja Pala leitet. „Gemeinsam haben wir das Genre festgelegt und Ideen zu Thema, Ort und Personen gesammelt“, erklärt der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit an der BBS II. Das Theaterstück von Hagen setzte sich bei den Schülern gegen vier Mitbewerber durch, unter anderem stand „Goethes Faust“ zur Auswahl. Dabei sind einige Passagen in die türkische Sprache übersetzt worden, passend zu den Themen Religionsfreiheit und Rassismus.
Seit September vergangenen Jahres arbeitet die Gruppe nun an der szenischen Aufführung. Viele Stunden für Proben investierte man beispielsweise bei der viertägigen Theaterfahrt nach Emden. In der Vorbereitungszeit absolvierte die multikulturelle Gemeinschaft außerdem eine Theaterführung sowie einen Theaterworkshop am Oldenburgischen Staatstheater. Darüber hinaus besuchte die Gruppe das Kleine Haus in Delmenhorst, um sich das Stück „Der Steppenwolf“ anzuschauen. Für die Schüler ohne Schulabschluss sind es zusätzliche Stunden, die sie für die Vorbereitungen investieren – wobei sie auch für manche Unterrichtsstunden freigestellt werden. Die Vorbereitung auf die Aufführungen am Freitag, 24. Mai, um 20 Uhr und Sonntag, 26. Mai, mussten allerdings im Februar für vier Wochen ruhen. „Da haben die Schüler ein Praktikum absolviert, wo sich mancher auch einen Ausbildungsplatz erarbeitet hat“, berichtete Weise bei einem Pressetermin. Neben den elf Hauptakteuren leisten drumherum, sozusagen hinter den Kulissen, weitere 40 Schüler ihren Beitrag zum Theaterstück: Sie sind für Kulissenbau, Maske, Kostüm und Technik zuständig.
Effekt auf die Persönlichkeit
Hauptsächlich stellen sich die Schüler wegen der Freude auf die Bühne. „Ich habe schon vorher in der Schule Theater gespielt. Das hat mir Spaß gemacht, das mache ich sehr gerne“, sagte die 18-jährige Monique Schubert. Efzanur Ciftci gefällt dagegen das Konzept, da sie ihre eigene Herkunft mit in das Stück einbringen kann. Die Kopftuchträgerin meinte: „Ich mache mit, weil ich selber Türkin bin und es um eine türkische Familie geht.“ Laut Weise ist der Effekt bei den Schülern unverkennbar: „Das Theater wirkt sich auf die Persönlichkeit und ihre Leistungen aus. Viele sind selbstbewusster geworden, tragen nun etwas in der Klasse vor.“ Seine Begeisterung teilt die Schulsozialarbeiterin Ulrike Richter, die Weise und Pala bei diesem optionalen Lernangebot unterstützt. „Auf der Theaterfahrt sagte sie: Die Schüler sind über sich hinausgewachsen“, erzählte Weise.
Neben Richter haben auch viele andere Personen und Sponsoren ihren Anteil an diesem Theaterprojekt. Zu nennen ist da zum Beispiel Oberbürgermeister Axel Jahnz. „Er hat die Schirmherrschaft übernommen, nachdem ihn Mikaela Kucheva, eine der Teilnehmerinnen des Theaterprojekts, direkt gefragt hat“, sagte Weise. Finanziert wurde das Projekt mit 6000 Euro Spendengeldern. Die Unterstützung lieferten: die Landesparkasse zu Oldenburg, die Soroptimisten International – Club Delmenhorst, der Rotary-Club, der Lions-Club Delmenhorst, die Stadtwerke Delmenhorst, der Förderverein der BBS II, das Kulturbüro der Stadt Delmenhorst sowie das Kleine Haus. Für die erste Aufführung haben sich Jahnz und Autor Norbert Hagen aus Hamm in Nordrhein-Westfalen angekündigt. Den Kartenvorverkauf übernehmen die Schüler stundenweise selbst.
Zwei Aufführungen
Die Schüler der Berufsbildenden Schule II in Delmenhorst führen das Stück „Wer den Mächtigen stört“ von Norbert Hagen an zwei Tagen im Kleinen Haus auf. Die Termine sind Freitag, 24. Mai, und Sonntag, 26. Mai, jeweils um 20 Uhr. Karten sind von Montag bis Freitag zu den Öffnungszeiten im Sekretariat der BBS II zu erwerben. Ein Ticket für Erwachsene kostet acht Euro. Schüler und Kinder zahlen vier Euro. Eine Spendenbescheinigung kann ausgestellt werden. Nähere Informationen sind per Anruf im Sekretariat unter 0 42 21 / 85 50 sowie per E-Mail an info@bbs2.de zu erhalten.
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