In den vergangenen Monaten hat die Politik in Bezug auf Corona nicht gerade den besten Eindruck hinterlassen. Stichworte sind hier Impfdesaster, Maskendurcheinander, Probleme bei der Auszahlung von finanziellen Hilfen, allgemein unklare Regelungen. Niedersachsen hat jetzt einen Stufenplan erarbeitet, der klar besagt, was bei Inzidenz X erlaubt ist und was nicht. Das ist erst mal ein guter erster Schritt. Ob man inhaltlich zustimmt, ist die nächste Frage. Noch ist das nur ein Plan, doch was folgt aus einer möglichen Umsetzung?
An dieser Stelle soll es nicht darum gehen, einzelne Branchen gegeneinander abzuwägen, also ob es sinnvoller ist, erst Friseure und dann Restaurants oder andersherum wieder aufzumachen und unter welchen Bedingungen. Es soll um den Sport gehen: Eine Inzidenz unter zehn und damit die volle Öffnung aller Sportanlagen – wie im Stufenplan in Stufe 1 – dürfte in weiter Ferne liegen und auch im Frühjahr nicht erreicht werden. Natürlich ist das eine Mutmaßung, niemand kann in die Zukunft schauen.
Einige Punkte liegen jedoch auf der Hand: Sport im Freien bei steigenden Temperaturen ist machbarer als Sport und Veranstaltungen in Hallen. Kinder und Jugendliche brauchen andere Kinder und Jugendliche für Sport und Bewegung dringender als Erwachsene andere Erwachsene. Ein 30-Jähriger sollte sich selbst motivieren oder überwinden können, joggen zu gehen oder sich mit anderen Übungen auch in der eigenen Wohnung fit zu halten. Zehnjährige brauchen Spielkameraden.
Daher muss oberste Priorität im Bereich Sport haben, dass Kinder und Jugendliche im Frühling und Sommer auf die Sportanlagen dürfen, um Fußball, Feldhandball oder Sonstiges zu spielen. Hauptsache Bewegung unter Gleichaltrigen – auch wenn die Inzidenz über 50 liegt (in den eskalierenden Stufen 5 und 6 ginge es nicht anders, als alles dicht zu machen). In Delmenhorst mehr als im Landkreis Oldenburg leben viele Kinder in Wohnungen und haben keinen Garten. Für sie ist der Sport im Verein neben dem Schulsport die Bewegungsquelle Nummer eins. Dass Bewegung für Kinder in der Entwicklung sehr wichtig ist, dürfte kaum jemand bezweifeln.
Kinder- und Jugendsport sollte auch Vorrang vor Pflichtspielen und Training der Erwachsenen haben. In der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Lage ist es schlicht und ergreifend nachrangig und unwichtig, wer Meister in der Fußball-Bezirksliga wird. Die aktuelle Saison lief bislang sowieso unter widrigen Bedingungen, ein Abbruch und eine Annullierung wären sinnvoll – auch wenn dies das eine oder andere Team benachteiligen würde, das in den wenigen Spielen bislang gut gestartet ist. Anders als im vergangenen Jahr sind die Spielzeiten jedoch noch nicht weit fortgeschritten. Auch ein Hinauszögern im Zwei- bis Drei-Wochen-Rhythmus ergibt wenig Sinn. Niemand kann vernünftig planen, niemand weiß, wann und wie es weitergeht.
Voraussichtlich dauert der Lockdown noch einige Wochen an, trainiert werden könnte in einem optimistischen Szenario Mitte oder Ende März. Vor Ostern Anfang April – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach von mindestens noch zehn harten Wochen – dürften Punktspiele daher unrealistisch sein. Dann hätten die meisten Vereine innerhalb der vergangenen zwölf Monate nur drei davon auf dem Feld gestanden und daher kaum vernünftige Grundlagen. Nach einer kurzen Vorbereitung müsste dann quasi eine ganze Saison in zehn bis zwölf Wochen durchgezogen werden. Da ergibt ein Abbruch plus Annullierung der Saison inklusive Planungssicherheit mehr Sinn. Sollte es im April oder Mai doch erlaubt sein, Mannschaftssport zu treiben, könnten Pokalbegegnungen oder Turniere gespielt werden.
Saisonabbruch ist sinnvoll
Noch klarer sieht es bei der Hallensportsaison aus. Diese hat kaum oder gar nicht begonnen, sie nach Ostern zu starten, ergibt keinen Sinn. Zumal Sport in Hallen in Bezug auf die Virusverbreitung auch schlicht gefährlicher ist als Freiluftsport.
Natürlich muss es auch für Kinder und Jugendliche Regeln geben in Corona-Zeiten. So könnten Duschen und Umkleiden geschlossen bleiben. Den Trainern kommt zudem die wichtige Aufgabe zu, darauf zu achten, dass beispielsweise möglichst wenig Eltern mitkommen, beziehungsweise dass diese Abstand halten zu Trainern, anderen Eltern und anderen Kindern. Punktspiele braucht es auch bei Kindern und Jugendlichen nicht unbedingt, um den Kreis der Kontaktpersonen nicht zu groß werden zu lassen.
Natürlich wünschen sich auch erwachsene Sportler und Sportfans, ab dem Frühjahr wieder auf dem Platz zu stehen – sowohl als Spieler als auch als Zuschauer. Und dennoch sollte im Sinne der Gesundheit aller gelten: Pflichtspielsaison abbrechen, Kinder- und Jugendsport an der frischen Luft (in welcher Form auch immer) möglich machen und dafür notfalls Damen- und Herrenteams von der Anlage aussperren.
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